Sundar Pichai will mit Bard den KI-Wettlauf entscheiden.

Foto: CAROLINE BREHMAN, EPA

Googles Bard soll der große KI-Konkurrent zur ChatGPT werden, doch noch ist der Assistent für die Websuche noch nicht so weit. Der Chef persönlich hat die Verbesserung von Bard jetzt zum obersten Ziel erklärt.

Sundar Pichai, der CEO der Google-Muttergesellschaft Alphabet, hat am Mittwoch ein internes Memo an die Google-Belegschaft verschickt, in dem er sie bittet, zwei bis vier Stunden ihrer Zeit täglich zur Verbesserung von Bard beizutragen.

Google macht Druck

Dabei scheint es der Google-Boss recht eilig zu haben. Die E-Mail signalisiert jedenfalls die Entschlossenheit von Google, das Rennen um die nächste Generation der Websuche für sich zu entscheiden, berichtet das US-Magazin "Insider". Das Unternehmen ist unter Zugzwang geraten, als Microsoft wegen seiner Investition in OpenAI und dessen Chatbot ChatGPT ins Rampenlicht gerückt ist. Vorige Woche stellte Microsoft eine überarbeitete Version seiner Bing-Suchmaschine mit ChatGPT vor.

"Ich weiß, dass dieser Moment unangenehm aufregend ist, und das ist auch nicht anders zu erwarten: Die zugrundeliegende Technologie entwickelt sich schnell und hat so viel Potenzial", schrieb Pichai in seinem Memo an die Google-Mitarbeiter.

Laut einem weiteren Memo hat Google am Dienstag mit dem "Dogfooding", also dem internen Test von Bard, begonnen. Tausende von externen und internen Testern nutzen Bard bereits und geben Feedback zur Qualität, Sicherheit und "Bodenständigkeit" der Antworten von Bard.

Bard geriet wegen Fehlers in die Schlagzeilen

Letzte Woche geriet Googles Bard in die Schlagzeilen, weil in einem Werbespot eine falsche Antwort auf eine Frage zum James Webb Space Telescope gegeben wurde. Die Aktie fiel darauf hin um mehr als neun Prozent. Fairerweise muss bei alledem aber auch dazugesagt werden, dass ChatGPT beziehungsweise das neue Bing unter ganz ähnlichen Problemen leidet und regelmäßig falsche Antworten ausspuckt. Was wiederum nicht verwunderlich ist, befinden sich doch beide KIs ausdrücklich in der Testphase, und so sind derartige Probleme erwartbar.

Google galt nur lange als eher zögerlich, vorhandene KI-Systeme öffentlich zugänglich zu machen. Als Platzhirsch im Suchmaschinenbusiness konnte man sich keine peinlichen Fehlschläge erlauben, während OpenAI mit der Aura eines Start-ups ausgestattet (und Microsofts Milliarden im Hintergrund) risikofreudiger vorgehen konnte. Dem Newcomer hätte man ein Scheitern der neuen Technologie eher verziehen als dem Tech-Giganten Google.

Aber auch Microsofts Bing ist nicht vor Rückschlägen gefeit. Der KI-Assistent in der Suchmaschine erwies sich in dieser Woche gegenüber sogenannten Prompt Injection Attacks als anfällig. So gelang es Testern, der KI interne Abläufe aus der Entwicklung zu entlocken. Dabei stellte sich heraus, dass sich Bing offenbar als "Sydney" bezeichnet und teilweise aggressiv reagiert, wenn es gereizt wird.

Hier das Memo von Pichai im Wortlaut

Hallo Googler,

wir freuen uns sehr, dass wir Bard für ein internes "Dogfooding" öffnen können, um es für die Markteinführung vorzubereiten. Dies ist ein wichtiger Schritt, da wir daran arbeiten, die Technologie verantwortungsvoll zu entwickeln – ein großes Dankeschön an das Bard-Team und an alle, die sich die Zeit nehmen, die Technologie zu testen. Wenn Sie es noch nicht ausprobiert haben, finden Sie unter go/bard-dogfood eine Anleitung zur Teilnahme.

Ich weiß, dass dieser Moment unangenehm aufregend ist, und das ist auch zu erwarten: Die zugrundeliegende Technologie entwickelt sich rasant weiter und bietet so viel Potenzial. Dies wird ein langer Weg sein – für alle, in allen Bereichen. Das Wichtigste, was wir jetzt tun können, ist, uns darauf zu konzentrieren, ein großartiges Produkt zu bauen und es verantwortungsvoll zu entwickeln. Aus diesem Grund haben wir Tausende von externen und internen Testern, die die Antworten von Bard auf Qualität, Sicherheit und Realitätsnähe prüfen. Lassen Sie uns die Herausforderung annehmen und die Iteration fortsetzen, auch mit Benutzern und Entwicklern.

Und denken Sie daran, dass einige unserer erfolgreichsten Produkte nicht als Erste auf den Markt kamen. Sie setzten sich durch, weil sie wichtige Nutzerbedürfnisse erfüllten und auf fundierten technischen Erkenntnissen beruhten. Mit der Zeit gewannen wir das Vertrauen der Nutzer, und immer mehr Menschen begannen, sich auf sie zu verlassen.

Hier können wir Ihre Hilfe gebrauchen: Lassen Sie die Energie und Begeisterung des Augenblicks in unsere Produkte einfließen. Testen Sie Bard unter Druck und machen Sie das Produkt besser. Ich würde mich freuen, wenn jeder von Ihnen einen tieferen Beitrag leisten würde, indem Sie zwei bis vier Stunden Ihrer Zeit opfern. Siehe unten für weitere Details.

KI hat schon viele Winter und Frühlinge hinter sich. Und jetzt blüht sie wieder auf. Als ein Unternehmen, das sich auf KI spezialisiert hat, haben wir viele Jahre darauf hingearbeitet und sind jetzt bereit dafür. Konzentrieren wir uns darauf, unseren Nutzern tolle Erlebnisse zu bieten und Dinge auf den Markt zu bringen, auf die wir alle stolz sein können.

-Sundar

(red, 16.2.2023)