Eine kurze Beschreibung genügt, und das KI-Bildprogramm liefert: ein malender Roboter im Stil Monets.
Foto: Rustler / Dall-E

Um Missverständnissen vorzubeugen, eine Info vorab: Ohne menschliche Anweisung würde das Bild des Roboter-Künstlers (siehe oben), das durch die simple Eingabe des Satzes "An oil painting by Monet of robot painter" in den KI-Bildgenerator Dall-E in Sekundenschnelle erschaffen wurde, nicht existieren. Ohne konkretes Kommando rührt die künstliche Intelligenz nämlich keinen Finger.

"Es gibt keine von KI geschaffene Kunst", betont Gerfried Stocker. "Wir tendieren dazu, zu sagen: Die KI schafft Kunst. Die KI schafft aber gar nichts. Sondern Menschen nutzen KI, um etwas zu schaffen. Das ist ein entscheidender Unterschied." Der Medienkünstler ist seit 28 Jahren künstlerischer Leiter der Ars Electronica und beschäftigt sich seit den frühen Neunzigerjahren mit dem Thema künstliche Intelligenz.

Lässt man Spielereien mit KI-Bildprogrammen wie Midjourney, Dall-E oder Stable Diffusion beiseite, befindet man sich schnell inmitten eines Diskurses, der aktuell auch im Bereich der bildenden Kunst sowie der kreativen Bildproduktion geführt wird – und für Aufregung sorgt. Immerhin genügt eine kurze Textbeschreibung, wie Motiv und Stil auszusehen haben, und das Programm liefert, auf unzählige Vorlagen zurückgreifend, in wenigen Sekunden ein Ergebnis.

Spielerei oder smartes Tool

Ob Maschinen wirklich Kunst machen können, sei Auslegungssache, sagt Stocker, wobei er KI durchaus eine gewisse Form von Kreativität zugesteht. Bei aller Begeisterung müsse man aber "die Kirche im Dorf lassen" und nicht in eine "Science-Fiction-Vorstellung" kippen, findet er. "Diese Banalitäten, die Machine-Learning bis jetzt beherrscht, sind zwar beeindruckend, aber weit von vermeintlicher Autonomie entfernt. Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug, das wir geschaffen haben, um es für unsere Bedürfnisse einzusetzen", so Stocker. Im Kunstbereich werde KI künftig als "intellektueller Sparring-Partner" verstärkt Anwendung finden, um Ideen auszutesten, ist er sich sicher.

Konkrete Beispiele der letzten Jahre: 2021 nutzte das Rijksmuseum in Amsterdam KI, um fehlende Teile von Rembrandts Meisterwerk Die Nachtwache zu rekonstruieren. Vergangenes Jahr war die KI-Roboterkünstlerin Ai-Da, deren menschlich nachgeahmter Körper tatsächlich Kunstwerke produziert, auf der Venedig-Biennale zu Gast. Und aktuell zeigt das MoMA in New York ein Projekt des Medienkünstlers Refik Anadol, der mittels KI, die sich aus allen Werken der Museumssammlung speist, multimediale Formationen erstellt.

In der bildenden Kunst kommt KI also bisher eher experimentell zum Einsatz, große Aufmerksamkeit erhalten gänzlich von Maschinen geschaffene Werke noch wenig. Das von einer künstlichen Intelligenz gestaltete und 2018 bei Christie's für 432.500 Dollar versteigerte Portrait of Edmond de Belamy gilt am Kunstmarkt bisher als Ausnahme.

Kreative Konkurrenz?

Praktische Nutzung erfahren KI-Bildprogramme hingegen im Bereich der Architektur und des Designs. Speziell Midjourney werde für architektonische oder grafische Kreationen als hilfreiches Tool herangezogen, um Variationen von Entwürfen zu erstellen, bestätigt Marlies Wirth. Die Kuratorin für digitale Kultur am Wiener Mak organisiert zu dem Thema aktuell eine Ausstellung, die im Mai eröffnet. "Viele sehen diese Programme als kollaboratives Werkzeug an, nicht als Konkurrenz", so Wirth.

Dennoch besteht die Sorge, dass Berufe in der Kreativbranche gefährdet sind, da einfache Grafiken mittels KI-Bildgeneratoren schneller und kostengünstiger gefertigt werden können. Gerfried Stocker sieht diese Befürchtungen für kommerzielle Grafikarbeiten als "absolut berechtigt" an. In Bezug auf den künstlerischen Bereich räumt er aber ein, dass maschinelle, automatisch hergestellte Dinge zwar eine gewisse Attraktivität hätten. Wir würden vieles aber erst dann als wirklich wertvoll empfinden, wenn es von anderen Menschen gemacht wurde, so Stocker. "Und daran wird sich so schnell nichts ändern."

Kuratorin Marlies Wirth schlägt in dieselbe Kerbe: "KI kann und soll uns schwere oder repetitive Arbeit abnehmen, aber keine kreativen Tätigkeiten. Dafür ist KI aber ein smartes Hilfsmittel."

Diebstahl und Klagen

Weil die KI-Bildgeneratoren auf Millionen Fotos, Grafiken oder Gemälde zurückgreifen, um ihre Kreationen überhaupt erschaffen zu können, stellt sich die Frage, wer eigentlich als Urheber gilt? In den USA reichten Künstlerinnen bereits eine Klage gegen Stability AI, Midjourney und Deviant Art ein, weil sie ihre Karrieren bedroht sehen. Die Beschwerde: Die dort generierten Bilder bestünden aus Millionen Copyright-geschützten Werken, die ohne Zustimmung verwendet würden. Auch die Bildagentur Getty Images klagt gegen Stability AI wegen Urheberrechtsverletzungen.

Zwar müssen noch viele offene Fragen geklärt und Lösungen für offensichtliche Schwachstellen gefunden werden. Wie künstliche Intelligenz allerdings sinnvoll im Kunstbereich eingesetzt werden kann, zeigt das österreichische Forschungsprojekt Livia AI (Linking Viennese Art through AI), an dem das Wien-Museum, das Mak und das Belvedere beteiligt sind. Dabei wird untersucht, wie KI helfen kann, digitalisierte Kunstsammlungen miteinander zu verknüpfen, darin zu navigieren und diese zu analysieren. Mit ersten Ergebnissen dürfte bald zu rechnen sein. (Katharina Rustler, 17.2.2023)