Vergangenes Jahr hat der Schauspieler seine Karriere krankheitsbedingt beendet.

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Es ist jetzt knapp ein Jahr her, seit Schauspieler Bruce Willis seine Karriere beendete oder eigentlich beenden musste – wegen einer Sprachstörung mit dem Fachnamen Aphasie, hieß es damals (DER STANDARD berichtete). Betroffene haben Probleme beim Sprechen und Verstehen, häufig auch beim Lesen und Schreiben. Jetzt erklärt seine Familie, dass die Krankheit weiter fortgeschritten sei und es nun eine spezifischere Diagnose gebe: frontotemporale Demenz.

VIDEO: Hollywood-Star Bruce Willis leidet an Demenz. Bereits im vergangenen Jahr hatte er seine Schauspielkarriere wegen gesundheitlicher Probleme beendet. Seither hat sich sein Zustand verschlechtert.
DER STANDARD

Elisabeth Stögmann hatte sich das aufgrund dessen, was man medial über Bruce Willis' Zustand wusste, schon gedacht. Sie leitet am AKH Wien die Ambulanz für Gedächtnisstörungen und Demenzerkrankungen und weiß, wie schwierig es ist, die Diagnose der frontotemporalen Demenz zu stellen. "Wenn Menschen mit Problemen in Bezug auf die Sprache zu uns kommen, ist oft nicht klar, was dahintersteckt", sagt sie.

Das liegt daran, dass Aphasie unterschiedliche Ursachen haben kann, die Sprachstörung ist ein Symptom für verschiedene zugrunde liegende Erkrankungen. Am häufigsten tritt sie nach einem Schlaganfall auf. "Wenn sie aber nicht akut nach einem solchen Ereignis beginnt, sondern so wie bei Bruce Willis eher schleichend entsteht, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine sogenannte primär progressive Aphasie handelt", erklärt Stögmann.

Absterben von Nervenzellen

Das ist eine Form von Demenz, die durch eine progrediente, also eine schlechter werdende Sprachstörung gekennzeichnet ist. Wie bei allen Demenzformen kommt es auch bei dieser Form zu krankhaften Eiweißablagerungen, die zum Absterben von Nervenzellen führen – in dem Fall passiert das vor allem in den Spracharealen. "Betroffene können teilweise keine Sätze mehr formulieren, nur noch Wörter und später auch dies nicht mehr", berichtet Stögmann.

Weniger als zehn Prozent aller Demenzbetroffenen leiden an dieser Form von Demenz, Alzheimer macht rund 70 Prozent aus. Insgesamt ist die Krankheit also seltener, aber bei den unter 65-Jährigen ist der Anteil im Verhältnis höher, da sie besonders oft schon in jüngeren Jahren auftritt. In dieser Gruppe sind fast gleich viele davon betroffen wie von Alzheimer. Auch die frontotemporale Demenz hat einen starken genetischen Hintergrund, sagt die Expertin, vermutlich noch stärker als Alzheimer, was nicht bedeutet, dass man das Gen im Vorhinein immer schon identifizieren kann.

Die Beeinträchtigung des Gedächtnisses ist bei frontotemporaler Demenz nicht so stark ausgeprägt wie bei Alzheimer-Demenz. Das Gedächtnis und andere kognitive Fähigkeiten sind erst später im Krankheitsverlauf betroffen, aber nicht zu Beginn. Das heißt, Betroffene können sich in erster Linie verbal nicht verständigen. "Das ist für sie selbst und das Umfeld irrsinnig belastend", sagt Stögmann.

Unheilbare Krankheit

Heilen kann man die Krankheit nicht. "Es gibt leider überhaupt keine Möglichkeit, die Krankheit zu behandeln", sagt Stögmann. In der Forschung wisse man zwar schon vieles über die Hintergründe der Erkrankung, etwa welche Eiweiße sich in welchen Regionen ablagern, aber was die Behandlung angeht, hat man noch keinen Ansatz – "noch weniger als bei der Alzheimer-Erkrankung", sagt Stögmann.

Sie empfiehlt den Betroffenen in der Praxis, mit Logopädinnen und Logopäden zu arbeiten. Dadurch können die Patientinnen und Patienten Kommunikationstechniken erlernen, und Hilfstools wie Kommunikationskarten können helfen, mit ihnen so lange wie möglich in Kommunikation zu bleiben. "Aber letztlich kommt es zur zunehmenden Sprachverarmung und irgendwann zum kompletten Sprachverlust", erklärt die Expertin. (poem, 20.2.2023)