Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu muss sich Kritik von Wagner-Chef Prigoschin gefallen lassen.

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Kiew/Moskau – Dass es hinter den Kulissen rumort in Russlands Kriegsapparat, heißt es schon länger. Nun hat einer der wichtigsten Protagonisten der Invasionarmee diesen Konflikt an die Öffentlichkeit getragen: Jewgeni Prigoschin.

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DER STANDARD

Der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner hat Verteidigungsminister Sergej Schoigu vorgeworfen, seinen Kämpfern Munition zu entziehen und die Wagner-Einheiten zerstören zu wollen. Das komme Hochverrat gleich, erklärte Prigoschin in einer am Dienstag auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichten Sprachnachricht. Das Verteidigungsministerium widersprach.

Ein Bild aus besseren Tagen, 2010 nämlich: Wladimir Putin (li.) und sein "Koch" Prigoschin.
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Prigoschin, den der "Guardian" als "ehemaligen Hot-Dog-Verkäufer porträtiert, hat wiederholt Kritik am Verteidigungsministerium geäußert und hochrangigen Kommandanten der Armee Inkompetenz vorgehalten. "Es gibt einfach eine direkte Opposition", sagte Prigoschin. "Das ist Hochverrat gleichzusetzen." Es ist bereits die zweite derartige Nachricht, die Prigoschin innerhalb zweier Tage veröffentlicht hat.

Am Montag beschwerte er sich darüber, dass namentlich nicht genannte Regierungsbeschäftigte aus persönlicher Feindseligkeit ihm gegenüber seinen Wagner-Einheiten Lieferungen verweigert hätten. Er müsse sich "entschuldigen und gehorchen", um an Munition zu gelangen, klagte Prigoschin. 50.000 Mann, so schätzen westliche Geheimdienste, soll Wagner in der Ukraine im Einsatz haben, viele von ihnen rekrutierte Häftlinge.

Verteidigungsministerium streitet ab

Allem Anschein nach wütend und zum Teil mit erhobener Stimme beschuldigte Prigoschin nun Schoigu und Waleri Gerassimow, Chef der russischen Streitkräfte, absichtlich die Waffenknappheit verursacht zu haben, die seiner Meinung nach zu erhöhten Verlusten unter den Wagner-Einheiten führte, die um die ostukrainische Stadt Bachmut kämpften. Die beiden würden befehlen, Wagner nicht nur keine Munition zu geben, sondern der Söldnertruppe auch nicht beim Lufttransport zu helfen.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag, dass die Lieferung von Munition an Freiwillige an der Front nicht begrenzt werde. Versuche einer Spaltung der verschiedenen russischen Kampfgruppen seien kontraproduktiv und nur im Interesse des Feindes. Die Söldnergruppe Wagner wurde in der Erklärung nicht namentlich genannt. (flon, APA, Reuters, 22.2.2023)