Die Änderung des Maklergesetzes mitsamt der Einführung des Bestellerprinzips hat am Donnerstag nun den Bautenausschuss passiert. Nur die SPÖ stimmte dem Vorschlag der Regierung nicht zu.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Vor der Entscheidung der Regierung für eine Mietpreisbremse, die für die nächsten Stunden bis Tage erwartet wird, wurden am Donnerstag von Befürwortern wie Gegnern des gesetzlichen Eingriffs nochmals Argumente ausgetauscht. Von der Arbeiterkammer (AK) und dem Momentum-Institut wurde die inflationssenkende Wirkung einer solchen Bremse betont. Der Beitrag des Bereichs Wohnen zur gesamten Teuerung falle in Ländern mit Preisbremse deutlich geringer aus als in Österreich, sagte AK-Wohnrechtsexperte Walter Rosifka. Die Arbeiterkammer schlägt, wie berichtet, einen Deckel bei zwei Prozent der Inflationsrate vor.

Hierzulande gingen 1,5 Prozentpunkte der Inflationsrate auf den Bereich Wohnen zurück, mit stark steigender Tendenz, so das Momentum-Institut in einer Aussendung. Im Jänner 2022 sei der Wert mit 0,5 noch um einen Prozentpunkt tiefer gelegen.

In Spanien und Portugal dürfen Mietpreise um maximal zwei Prozent steigen. Der Beitrag des Bereichs Wohnen an der Inflationsrate habe sich dadurch im Dezember 2022 auf 0,2 Prozentpunkte belaufen, erhob das Momentum-Institut. In Frankreich liegt die Bremse bei 3,5 Prozent, verzeichne aber ebenfalls einen Beitrag von 0,2 Prozentpunkten bei der Inflation. In Dänemark fällt der Wohn-Beitrag an der Inflation mit 0,4 Prozentpunkten etwas höher aus, liege aber immer noch um 1,1 Prozentpunkte unter dem österreichischen Beitrag zur allgemeinen Teuerung.

Felbermayr für "faire Verteilung der Lasten"

Für "Zurückhaltung" bei der Mietpreisbremse plädierte hingegen Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Eine Deckelung bei nur zwei Prozent sei nicht sinnvoll. "Wir kommen jetzt aus der heißen Phase der Preissteigerungen heraus, die Inflationsraten sollten sinken", sagte Felbermayr bei einem digitalen Pressegespräch. Bei den Löhnen sei der Inflationsanstieg schon verdaut; auch bei Mieten werde man "kaum darum herumkommen und sagen können, diese dürfen nicht mit der Inflation steigen".

Irgendwo müsse sich der Wohlstandsverlust, der in Österreich infolge der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs eingetreten ist und auch noch anhält, leider manifestieren. "Eine faire Verteilung der Lasten ist aber wichtig." Es sei also "nicht gescheit, die Mieten sofort auf eine Steigerung von zwei Prozent zu begrenzen. Es gibt auch eine Wohnraumknappheit." Gerade bei steigenden Zinsen gebe es weniger Neubau.

BIP-Deflator als Vorschlag

"Allgemein wäre es vernünftig gewesen, wenn man nicht den Verbraucherpreisindex zur Inflationsanpassung heranzieht, sondern den BIP-Deflator", erläuterte der Wifo-Direktor. Das ist ein Wert, der die Kostensteigerungen von im Inland hergestellten Gütern und Dienstleistungen misst und sich zuletzt auf 5,2 Prozent belief und nicht wie die Inflation im Vorjahr auf mehr als acht Prozent. "Wie man das aber umsetzt, da bin ich ehrlich gesagt ratlos", räumte Felbermayr ein. Vermieter seien jedenfalls eher wohlhabend als Mieter, sagte der Wifo-Chef mit Blick auf eine Verteilungsgerechtigkeit, während die real verfügbaren Einkommen für Konsum in Österreich derzeit und zumindest noch kommendes Jahr verglichen zu 2019 sinken.

Kogler: "Gespräche laufen"

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) will in die Mieten eingreifen, sagte am Donnerstag aber, dass er noch nicht sagen könne, wann die Bremse tatsächlich kommt. "Es ist nicht mehr ewig Zeit", räumte er ein. Die Gespräche würden auf parlamentarischer Ebene laufen.

Er selbst finde es "wichtig und richtig, dämpfend einzugreifen", und zwar um den Menschen zu helfen, aber auch wegen der gesamtwirtschaftlichen Effekte, was die Preisspirale betreffe. Doch auch den Immobilieneigentümern gab er eine Botschaft mit, nämlich: "Fürchtet euch nicht." Für diese werde es für die Zukunft natürlich Investitionsanreize geben müssen, auch wenn sie derzeit nicht so rasant von Kostensteigerungen betroffen seien wie die Mieter.

ÖHGB fordert Rechtssicherheit ein

Dennoch fielen die Stellungnahmen aus der Immobilienwirtschaft am Donnerstag erwartungsgemäß ablehnend einer Preisbremse gegenüber aus. Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB), wies in einem offenen Brief an die Mitglieder des Bautenausschusses auf den Beschluss des Mietzinsrechtlichen Pandemiefolgenlinderungsgesetzes (MPFLG) im Jahr 2021 hin. In diesem von ÖVP, Grünen, SPÖ und FPÖ beschlossenen Gesetz sei ausdrücklich festgehalten worden, dass die Richtwerte am 1. April 2022 und ein weiteres Mal am 1. April 2023 und danach wieder jedes zweite Jahr erhöht werden, auf Grundlage des VPI. Auf diese Zusagen müssten sich Eigentümer und Vermieter verlassen können, so Prunbauer.

Die Forderungen nach Aussetzung der Richtwertanpassung und einer Mietpreisbremse gehe da für ihn "völlig an der Realität vorbei". Bei der Anpassung der Richtwerte handle es sich nicht "um irgendwelche einseitigen und unerwarteten Erhöhungen der Mietzinse, sondern um gesetzlich geregelte und einpreisbare Anpassungen an den Verbraucherpreisindex". Es gehe um Wertbeständigkeit von Mietzinsen, sagt Prunbauer; mit einer generellen Mietpreisbremse schaffe man "eine Neubau- und Sanierungsvollbremsung".

WKÖ: "Blick aufs Ganze richten"

Die aktuelle politische Diskussion greife zu kurz, indem sie sich "einseitig auf eine vermeintliche Mietpreisbremse konzentriert", sagte auch Michael Pisecky, Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Wirtschaftstreuhänder in der Wiener Wirtschaftskammer. "In Wien werden lediglich ca. 80.000 Hauptmietwohnungen frei vermietet, mehr als 600.000 Wohnungen unterliegen hingegen den Grenzen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und des Kategorie- und Richtwertsystems", forderte Pisecky eine "faktenbasierte" Diskussion ein. "Unter diesen strikt preisbegrenzten Wohnungen entfällt wiederum der Löwenanteil auf Wiener Wohnen bzw. Gemeindewohnungen. Lediglich ein schwaches Drittel entfällt hier auf die private Immobilienwirtschaft."

"Leistbares Wohnen ist nicht möglich, indem nur sektoral Maßnahmen bei diesen 30 Prozent gesetzt werden, statt den Blick aufs Ganze zu richten", ist Pisecky überzeugt. Leistbares Wohnen brauche "intelligente, ganzheitliche Lösungen, wozu auch verstärkte Treffsicherheit im sozialen Wohnbau gehört."

Bestellerprinzip: Offene Briefe an Abgeordnete

Und sozusagen im allerletzten Moment sprachen sich der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) und der WKÖ-Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder ebenfalls in einem offenen Brief an die Bautenausschuss-Mitglieder auch gegen die Einführung des Bestellerprinzips bei den Maklerprovisionen aus. "Mit der Einführung eines Bestellerprinzips können Immobilienmakler ihre umfassenden Informations- und Aufklärungsverpflichtungen gegenüber Mieterinteressenten nicht mehr erfüllen. Der potenzielle Mieter ist dem Markt somit schutzlos ausgeliefert. Dies ist nicht im Sinne des Konsumentenschutzes," schreibt Fachverbandsobmann Gerald Gollenz in seinem offenen Brief, der sich nur an die ÖVP-Mitglieder im Ausschuss wandte.

An alle Ausschussmitglieder ging der Brief des ÖVI. Präsident Georg Flödl, Maklersprecher Robin Kalandra und Geschäftsführer Anton Holzapfel wiesen darauf hin, dass der vorliegende Entwurf "in großen Teilen der vielzitierten deutschen Regelung des Bestellerprinzips entspricht, ohne zu berücksichtigen, dass der österreichische Mietmarkt weit stärkeren Reglementierungen unterworfen ist". Der von der absoluten und relativen Anzahl her überproportional relevante Mietmarkt der Metropolregion Wien sei großteils dem Richtwertmietzins-Regime unterworfen. "Der Vermieter kann die Vermarktungskosten nicht in den Mietzins einpreisen. Gleichzeitig hat der Mieter – anders als in Deutschland – ein vorzeitiges Kündigungsrecht nach einem Jahr."

Beschluss mit Vier-Parteien-Mehrheit

Doch es half nichts: Im Bautenausschuss stimmen letztlich nicht nur ÖVP und Grüne, sondern auch FPÖ und Neos dem Vorschlag der Regierung zu. Ab dem 1. Juli 2023 sollen Wohnungssuchende für die Vermittlung einer Mietwohnung nur mehr dann eine Provision zu zahlen haben, wenn sie den Makler oder die Maklerin mit der Wohnungssuche beauftragt haben. "In den meisten Fällen werden – dank des 'Erstauftraggeberprinzips' – die Vermieter/innen als Auftraggeber/innen für die Provision aufkommen müssen", erläuterte ÖVP-Bautensprecher Hans Singer in einer Aussendung.

Nicht zugestimmt hat einzig die SPÖ. Es sei der Regierung "nicht einmal gelungen, die gute, funktionierende deutsche Regelung richtig abzuschreiben", kritisierte Bautensprecherin Ruth Becher. Sie sieht im Gesetzesvorschlag "Regelungsfehler, die immer zulasten der Mieterinnen und Mieter ausgehen werden". Sie selbst sowie auch Mieterschutzorganisationen würden seit Monaten auf dieses Problem aufmerksam machen, schrieb Becher in einer Aussendung. "Also müssen wir annehmen, dass die ÖVP, Grüne, FPÖ und Neos die Nachteile für Mieter*innen genau so wollen." (mapu, 23.2.2023)