Auf das Frühstück zu verzichten könnte langfristig schlecht für das Immunsystem sein. Die aktuelle Studie wurde allerdings nur an Mäusen, nicht am Menschen durchgeführt.
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Fasten bleibt ein umstrittenes Thema. Es gibt einige Hinweise darauf, dass die körpereigene "Müllabfuhr" – Abteilung Autophagie – besser fährt, wenn man zwölf bis 16 Stunden am Stück nichts isst. Das könnte auch beim gesunden Altern helfen. Andererseits zeigen Studien, dass sich auch Nachteile ergeben können, wenn man längere Zeit nichts isst – also beispielsweise morgens auf das Frühstück verzichtet, um erst mittags wieder zu essen.

Dazu gehört auch eine nun im Fachblatt "Immunity" erschienene Forschungsarbeit. Vorweg gesagt: Nicht Menschen, sondern Mäuse wurden getestet. Tierversuche können aber auch eingeschränkt Rückschlüsse auf den menschlichen Organismus zulassen. So könne die Studie für ein besseres Verständnis des Fastens sorgen, wie es in einer Aussendung des federführend beteiligten Mount Sinai Hospital in New York heißt.

Der Preis des Fastens

Angesichts zahlreicher Beweise für die Vorteile des Fastens mahne die Studie zur Vorsicht, sagt Hauptautor Filip Swirski von der am Mount Sinai Hospital beheimateten Icahn School of Medicine . "Sie deutet darauf hin, dass Fasten einen Preis haben und mit einem gewissen Gesundheitsrisiko einhergehen kann", sagt der Forscher. Den Ergebnissen zufolge könne so die Infektionsabwehr beeinträchtigt werden und zu einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen führen.

Sowohl ein eher kurzer Verzicht auf Essen für wenige Stunden als auch strengeres Fasten über 24 Stunden hinweg waren im Fokus des Forschungsteams. Die Versuchsmäuse frühstücken normalerweise ausgiebig, die erste Mahlzeit ist gleichzeitig die größte des Tages. Eine Gruppe konnte direkt nach dem Aufwachen essen, einer zweiten Gruppe war dies verwehrt. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter verglichen die Blutproben der Mäuse zu verschiedenen Zeitpunkten des Tages.

Fresszellen im Ruhezustand

Ein großer Unterschied zeigte sich in der Zahl der Monozyten. Das sind Zellen, die für das Immunsystem eine wichtige Rolle spielen. Als "Fresszellen" beziehungsweise deren Vorstufe zirkulieren sie im Blut, können ins Gewebe einwandern und dort unliebsame Stoffe aufnehmen und vernichten. Sie fressen nicht nur bei Infektionen Bakterien und Pilze, sondern sind auch bei Krebs und Herzerkrankungen im Einsatz. Gebildet werden sie im Knochenmark.

Bei Mäusen, die ohne Frühstück in den Tag starten mussten, waren schon nach vier Stunden 90 Prozent der Monozyten aus dem Blutkreislauf verschwunden. Wie das Team feststellte, waren die Zellen ins Knochenmark gewandert und in den Ruhezustand gewechselt. Weniger neue Monozyten wurden hergestellt, dafür lebten jene, die sich im Knochenmark "ausruhten", länger und alterten anders.

Strom zurück ins Blut

Nach 24-stündigem Essensentzug gab das Forschungsteam den Mäusen wieder Nahrung. Binnen weniger Stunden wurden ihre pausierenden Monozyten wieder aktiv und verteilten sich im Blutkreislauf. Ihr Anstieg im Blut sorgte jedoch für einen erhöhten Entzündungsgrad: Statt bei Infektionen zu schützen, förderten die veränderten Monozyten Entzündungen. Damit wurde der Körper weniger widerstandsfähig im Kampf gegen Krankheitserreger.

Der Mausversuch zeigte: Beim Fasten (links) wird eine Hirnregion beeinflusst, die die Verteilung bestimmter Blutzellen – Monozyten – kontrolliert. Das kann die Reaktion des Immunsystems auf eine Infektion beeinflussen, wenn wieder Essen zugeführt wird.
Bild: Mount Sinai Health System

Swirski formuliert es so: "Die Studie zeigt, dass Fasten einerseits die Zahl der zirkulierenden Monozyten reduziert – was man für eine gute Sache halten könnte, da diese Zellen wichtige Komponenten bei Entzündungen sind. Andererseits kommt es, sobald wieder Nahrung zugeführt wird, zu einer Flut von Monozyten, die zurück ins Blut strömen – was problematisch sein kann." Fasten sei also offenbar nicht immer von Vorteil, da es die Fähigkeit des Körpers beeinflusst, auf Herausforderungen wie eine Infektion zu reagieren.

Maus wird "hangry"

Bemerkenswert ist, dass die Studie zu den ersten Arbeiten gehört, die zeigen, dass Gehirn und Immunzellen hier im Dialog stehen. Es gibt bestimmte Hirnregionen, die die Reaktion der Monozyten beim Essensentzug kontrollieren, wie die Fachleute herausfanden. Fasten löse eine Stressreaktion im Kopf aus – was auch dazu führt, dass sich Menschen, die über längere Zeit nichts essen, "hangry" fühlen, also gleichzeitig hungrig und gereizt oder wütend.

Die Stressreaktion sorgt dafür, dass die Monozyten in großer Zahl vom Blut ins Knochenmark wandern. Gibt es wieder Essen, wird für das Gegenteil gesorgt, die Zellen kehren in den Blutkreislauf zurück. "Da diese Zellen bei anderen Krankheiten wie Herzkrankheiten oder Krebs so wichtig sind, ist es wichtig, zu verstehen, wie ihre Funktion kontrolliert wird", sagt Swirski. Einen wichtigen Beitrag liefert die Arbeit auch für die künftige Einschätzung, ob und wann sich Fasten oder das Verzichten auf Frühstück positiv auf die Gesundheit auswirkt. (sic, 25.2.2023)