Für Arbeitsminister Kocher sind die Förderungen eine Antwort Österreichs auf den "Inflation Reduction Act" in den USA.

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Wien – Im Herbst hat die Regierung eine große Klima- und Transformationsoffensive angekündigt, ab heute stehen erste Förderungen für heimische Forschungsstätten und Betriebe offen. "Es geht um die grüne und digitale Transformation – das ist eine Aufgabe für die nächsten fünf Jahre", sagte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Es gehe auch darum, von fossiler Energie wegzukommen und die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Bis 2026 fließen 600 Millionen Euro.

Bis Ende des Jahrzehnts stellt das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Klimaministerium insgesamt 5,7 Milliarden Euro zur Verfügung, umriss der Minister am Dienstag in einer Pressekonferenz den Gesamtförderrahmen bis 2030. Mit den Geldern sollen Forschung und Entwicklung unterstützt sowie Investitionen angekurbelt werden. "Das ist die Antwort Österreichs auf den 'Inflation Reduction Act' in den USA", so Kocher. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sei es entscheidend, Forschung und Entwicklung zu unterstützen.

Wirtschaftsstandorte sollen grüner und digitaler werden

Mithilfe der angebotenen Förderungen will die Regierung den Wandel des heimischen Wirtschaftsstandortes in Richtung grüner und digitaler beschleunigen und auf diese Weise auch dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Sämtliche Sektoren sollen auf Basis erneuerbarer Energien möglichst nachhaltig werden und digitalisiert werden. "Aktuelle Herausforderungen im Zusammenhang mit der Energiekrise und dem Klimawandel sind Themen, die wir im Sinne eines zukunftsfähigen Wirtschafts-, Forschungs- und Produktionsstandorts ganzheitlich behandeln müssen", betonte der Wirtschaftsminister.

Die Gelder fließen in "anwendungsorientierte und technologieoffene Forschung", die Förderung der Wirtschaft und "wichtige Projekte beispielsweise betreffend Halbleiterindustrie". "Wir stärken dadurch den Wirtschafts- und Produktionsstandort Österreich", erwartet Kocher. Damit soll auch die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten verringert werden.

Die Programme, die über die Förderagenturen FFG (Österreichische Forschungsförderungs GmbH) und aws (Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH) abgewickelt werden, stehen laut Ministerium "für alle zukunftsträchtigen Technologien und für alle Organisationsgrößen" – von Start-ups, Klein- und Mittelunternehmen bis hin zu Industriebetrieben – offen. Der Schwerpunkt liege dabei auf den Sektoren Automotive, Mikroelektronik und Life-Sciences. Grundsätzlich seien aber ebenso andere Sektoren antragsberechtigt. Auch die Förderung von Neuansiedlungen und Erweiterungsinvestitionen ist möglich. Als wesentlich hervorgestrichen wurde die "Technologieoffenheit". Die Unternehmen und Forschenden "wissen am besten, in welche Richtung sie investieren wollen".

Drei Förderschienen

Konkret wird in drei Schienen gefördert: Im Bereich Forschungs- und Technologieentwicklungsförderung sind Anträge den Angaben zufolge "ab heute" möglich. Anlaufstelle ist die FFG. Bis 2026 stehen auf diesem Weg 300 Millionen Euro zur Verfügung. "Für 2023 gibt es 55 Millionen Euro zusätzlich", kündigte Kocher an. Jedes Projekt könne bis zu drei Millionen Euro gefördert werden. Aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) könnten Weltmarktführer werden. 2020 bis 2022 seien bereits etwa 80 Projekte pro Jahr gefördert worden. Im abgelaufenen Jahr überstieg die Nachfrage die zur Verfügung stehenden Mittel. Für heuer wurde aufgestockt.

Die zweite Förderschiene sind Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den nächsten Jahren stünden dafür 50 Millionen Euro zur Verfügung, zehn Millionen Euro davon heuer. Die Beantragung sogenannter "Skills Schecks" ist laut Kocher "ab nächster Woche möglich". Zusätzlich gebe es Weiterbildungsformate, die für die österreichischen Unternehmen neu entwickelt würden, "damit genügend Schlüsselkräfte zur Verfügung stehen".

Wichtiges Signal laut Industriellenvereinigung

Aus europarechtlichen Gründen noch nicht in die Gänge kommt die dritte Förderschiene: die Standort- und Investitionsförderung. "Da sind wir am Vorbereiten – der europäische Beihilfenrahmen wird derzeit noch überarbeitet. Sobald dieser angepasst ist, werden wir den beihilfenrechtlichen Rahmen so gut es geht ausnützen", kündigte der Wirtschaftsminister an. "Wir wollen, dass daraus Chancen entstehen und die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt und Arbeitsplätze entstehen." Zwischen 2023 und 2026 stehen hier 220 Millionen Euro zur Verfügung.

"Es ist ein wichtiges und positives Signal an den Wirtschafts- und Forschungsstandort Österreich, dass nun erste konkrete Schritte zur Umsetzung erfolgen und dabei transformative Forschungs- und Entwicklungsprojekte klar im Fokus stehen", begrüßte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, die Transformationsoffensive. "Heute schon an morgen zu denken – das ist gerade in Zeiten multipler Krisen ein wesentlicher Faktor, um den Industriestandort Österreich zukunftsfit zu halten", betonte Sigi Menz, Obmann der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Die beiden Bereiche für Forschungs- und Technologieentwicklungsförderung – der Automotive-Bereich und die Halbleiterindustrie – seien in Anbetracht der großen internationalen Herausforderungen richtig gewählt. "Themenoffenheit in der angewandten Forschung ist essenziell, da sie die Basis für eine transformative Entwicklung ist und neue Produkte schafft", fügte er hinzu. (APA, 28.2.2023)