Updates sind keine Option und können ganz besondere Charakteristika aufweisen.

Foto: Getty Images/Soares

Sind auch Sie wieder auf dem neuesten Stand? Nein? Dann wird es höchste Zeit für das nächste Update! Warum? Was für eine Frage: Smartphone, Computer, Streaming-Box, Spielkonsole und andere technische Geräte im Haushalt sorgen dafür, dass nahezu immer eine Software nach Aktualisierung schreit. Mit der Zeit ist daraus eine regelrechte Sisyphos-Challenge entstanden, die wir optionslos angenommen haben.

Denn das befreiende Gefühl, dass keine roten Benachrichtigungssymbole oder drängenden Warnhinweise die Routine stören, währt nur kurz. Mit zunehmender Zahl technischer Geräte im Haushalt komme ich mir vor wie beim Fensterputzen im Regen: Hat man das eine Update weggewischt, tauchen woanders schon wieder die nächsten drei auf.

Schlechtes Timing

Zu allem Überdruss haben Aktualisierungen auch noch die Angewohnheit unliebsamer Verwandtschaft. Sie kommen häufig dann ins Spiel, wenn man am wenigsten damit rechnet und sie nicht brauchen kann. Das Notebook im Büro benötigt natürlich ausgerechnet kurz vor der Präsentation ein dringendes Firmware-Update, das sich nicht mehr aufschieben lässt.

Sollte man den Abend anschließend zu Hause verbringen wollen, nimmt man sich besser gleich ein Buch in die Hand, denn wenn es nicht der Fernseher ist, der eine Aktualisierung benötigt, dann ist es die Streaming-Box oder die Spielkonsole. Updates für Spiele im Speziellen sind überhaupt eine ganz besondere Form von Masochismus, die an dieser Stelle nur beispielhaft angeführt werden soll.

Angebrachte Skepsis

Smarte Anwender mögen jetzt zu Recht einwenden, dass das Wahrnehmen langer Ladebalken, rotierender Kreise oder schleppender Prozentanzeigen gar nicht notwendig ist. In zahlreichen Fällen erlaubt es die Update-Politik der Hersteller, Software im Hintergrund zu aktualisieren oder sogar einen Zeitplan dafür erstellen zu lassen.

Das mag schon sein, aber den totalen Kontrollverlust würde ich persönlich nur ungern in Kauf nehmen. Schließlich kann ein automatisierter Ablauf in unerwünschte Änderungen münden, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Mit hoher Wahrscheinlichkeit verliert man zudem den Überblick, denn seien wir uns ehrlich: Wer will schon unaufgefordert die Update-Historie seiner Geräte rekonstruieren?

Noch viel mehr stellt sich aber die Frage, warum man sich das überhaupt antun muss. Mehr Leistung, neue Funktionen und eine bessere Kompatibilität werden oft in Aussicht gestellt. Dieses Versprechen lässt sich aber nicht immer nachvollziehen, mitunter kann auch das Gegenteil eintreten. Manchen Herstellern wird sogar nachgesagt, dass sie über Updates die Leistung älterer Geräte drosseln, um die Kundschaft zum Kauf neuer Hardware anzuregen.

Überraschung!

Und ist mal wirklich eine sinnvolle Funktion in einem Update enthalten, dann wird man in den meisten Fällen nicht explizit darauf hingewiesen. Erst beiläufig, im Gespräch mit Freunden oder Arbeitskollegen, findet sich jemand, der zufällig darüber gestolpert ist oder – noch seltener – sich die Mühe gemacht und die detaillierte Dokumentation zum Update durchgelesen hat. Natürlich gibt es Updates, die Sinn machen und wichtig sind. Dazu zählt insbesondere das Schließen von Sicherheitslücken und Schwachstellen, die ansonsten von Hackern und Cyberkriminellen ausgenutzt werden kann.

Im Alltag erlebe ich Updates aber trotz gebotener Vorsicht ein wenig wie Überraschungseier: Obwohl sie oft keinen unmittelbar erlebbaren Mehrwert bieten, muss man mit Spannung über sich ergehen lassen, welche "Spielerei" als Nächstes kommt – nur Schokolade gibt es keine. Benachrichtigungsanzeigen, die uns auf die nächste Dopaminausschüttung konditioniert haben, müssen offenbar ausreichen. Aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich sehe gerade, dass es ein neues Sicherheitsupdate für Windows gibt. Und die Fenster sollte ich auch mal wieder putzen. (Benjamin Brandtner, 9.3.2023)