Gemeinsame Auftritte von Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil – wie im Jahr 2020 – sind eine Seltenheit.
Foto: Matthias Cremer

Von Einigkeit kann in der SPÖ derzeit keine Rede sein, doch eines eint die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Österreichs: Sie sind genervt. Alle. Auf der einen Seite das Lager rund um Hans Peter Doskozil. Dort wird beteuert, dass man sich aktuell doch nobel zurückhalte – "seit Wochen". Der burgenländische Landeshauptmann betone bei jeder Gelegenheit, dass er vor der Salzburg-Wahl Ende April auf keinerlei bundespolitisch relevante Fragen antworte. Wir haben doch gerade gar nicht gezündelt, lautet sinngemäß die Erzählung im Burgenland.

Auf der anderen Seite verliert das Lager rund um die Chefsozialdemokratin gerade die Geduld. Pamela Rendi-Wagner werde kaum Raum gegeben, um inhaltlich aufzufallen oder gar zu glänzen. Ständig, in jedem Gespräch mit Journalisten, auch in internen Sitzungen, gehe es um sie und ihre Funktion. Rendi-Wagner ist nun in die Offensive gegangen. Das sei jedoch gar kein Strategiewechsel, findet ein ihr zugeneigter Genosse: "Sie ist die gewählte Vorsitzende, die in jedem Interview betont, dass sie das ist und bleiben will. Was soll sie auch sonst tun?"

Pamela Rendi-Wagner hat ihrem Genossen Hans Peter Doskozil nun einen Brief geschrieben.
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Und dann gibt es noch den völlig entnervten Rest. Das wahrscheinlich größte rote Lager. All jene, die sich weder klar dem Team Rendi-Wagner noch eindeutig dem Team Doskozil zuordnen und die schlichtweg wollen, dass die Führungsfrage endlich geklärt wird – damit es dann wieder "um Inhalte" geht, wie es gerne heißt.

"Lieber Genosse Doskozil"

An eine akute Lösung glaubt niemand, aber die SPÖ steuert auf einen Showdown zu – und fürs Erste wird es kommende Woche spannend.

Am Mittwoch, dem 15. März, um 13 Uhr wird das Bundesparteipräsidium der SPÖ tagen. Das Gremium setzt sich aus den mächtigsten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten des Landes zusammen. Nicht vertreten ist dort auf eigenen Wunsch Hans Peter Doskozil, der 2021 per Brief aus dem roten Präsidium austrat. Doch nun wurde er geladen – von Pamela Rendi-Wagner persönlich. "Lieber Genosse Doskozil", beginnt das Schreiben, das dem Burgenländer Dienstagabend per Mail zugestellt wurde. Seinem Team soll es erst aufgefallen sein, nachdem die Information Mittwochfrüh bereits in den Medien war.

"Angesichts der aktuellen Situation", heißt es kurz und knapp auf digitalem Briefpapier, ersuche Rendi-Wagner den Landeshauptmann, an der Sitzung teilzunehmen. Das mache Doskozil "selbstverständlich", wurde prompt aus dem Burgenland ausgerichtet.

Hans-Peter Doskozil reagierte auf Pamela Rendi-Wagners Einladung prompt: Er komme "selbstverständlich".
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Aber was ist dort zu erwarten? Im Raum stehen ein vorgezogener Bundesparteitag und eine mögliche Kampfabstimmung um den Parteivorsitz. Allerdings hat Doskozil bisher noch gar nicht offen gesagt, dass er für die Bundespartei zur Verfügung stünde.

Noch nie dagewesen

Sollte sich der Burgenländer aus der Deckung wagen und gegen Rendi-Wagner kandidieren, wäre das ein Novum für die SPÖ. Zwar gab es in der Parteigeschichte bereits Duelle um den Vorsitz – etwa in Wien: 2018 unterlag Andreas Schieder dem heutigen Bürgermeister Michael Ludwig in der Auseinandersetzung um den Job von Michael Häupl. Bruno Kreisky setzte sich einst in einer Kampfabstimmung gegen Hans Czettel durch. Doch anders als jetzt ging es bisher um vakante Stellen – also um die Suche nach dem Nachfolger für einen Parteichef, der nicht mehr wollte. Rendi-Wagner hingegen möchte weitermachen.

Rund um Doskozil wird vermutet, dass Rendi-Wagner und die Wiener SPÖ nun versuchen, den Landeshauptmann in Bedrängnis zu bringen, um ihn schlussendlich zu verhindern. Der Burgenländer, da sind sich fast alle einig, will Spitzen kandidat werden, aber derzeit noch nicht die SPÖ übernehmen. Deshalb wäre es für ihn strategisch ungünstig, wenn er sich schon jetzt deklarieren müsste. Die nächste Nationalratswahl soll planmäßig schließlich erst im Herbst 2024 stattfinden.

Kommenden Mittwoch werden Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil einander also treffen.
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In Rendi-Wagners Anhängerschaft wird die Vorladung Doskozils anders erklärt: Eine Annäherung inmitten dieses Clinchs sei überfällig und im Sinne aller. Auch wenn sich nach dem Treffen niemand "um den Hals fallen" werde – vielleicht könne zumindest der weitere Fahrplan vereinbart werden.

Einst hatte übrigens Peter Kaiser versucht, Rendi-Wagner und Doskozil zu versöhnen. Nach dem Parteitag 2021 lud der Kärntner Landeschef beide Streitparteien zur Wörtherseerundfahrt. Frieden ließ sich schon damals nicht verankern. (Katharina Mittelstaedt, Oona Kroisleitner, 8.3.2023)