Der Wiener Schauspieler und Wienerlied-Sänger Robert Kolar wohnt in Simmering. Doch sein eigentliches Zuhause, sagt er, sind Loriot und die Marx Brothers.

"Für das Porträtfoto habe ich meine Filmposition eingenommen. Schön bequem mit ausgestreckten Haxen, sodass ich eine Spielfilmlänge in dieser Position verharren kann. Eigentlich leider zu bequem, weil ich manchmal in dieser Lage einschlafe, und dann bin ich am Morgen so richtig verspannt. Spannend, oder? Ohne jeden Zweifel ist dies mein liebstes Möbel, wiewohl ich gestehen muss, dass ich nicht weiß, ob ich für das Format Wohngespräch über ausreichend Kompetenzen verfüge, denn meine Beziehung zu Möbeln und zu Design ist eine sehr vernachlässigte, um nicht zu sagen, nicht existente.

Spiegel als Lückenschluss zwischen den Bücherregalen: Robert Kolar in seinem Wohnzimmer in Simmering.
Foto: Lisi Specht

Ich wohne in einem Gründerzeitbau in Simmering. Gründerzeit musste sein. Große, hohe Räume, weil sich dabei das Denken gut entfalten und frei zirkulieren kann bis ganz nach oben. Und weil man auch genug Raum hat, um sich auszubreiten in seiner Unordnung beziehungsweise mit all seinen Ordnern, die neben den Büchern, CDs und DVDs natürlich auch noch Platz finden müssen im Bücherregal. Ich habe Gesamtausgaben von Wilhelm Busch, Karl Valentin, Jura Soyfer und Loriot sowie Sammelbände von Johann Nestroy, Kurt Tucholsky, Fritz Grünbaum, Georg Kreisler, Hermann Leopoldi und vielen anderen. Meistens nutze ich die Bücher berufsbedingt, manchmal aber greife ich einfach lustvoll hinein und blättere mich portionsweise durch Glossen und Satiren.

Der Spiegel hinter mir ist eher Zufall, nachdem zwischen den Regalen links und rechts Platz übrig blieb, in den ein letztes Element Bücherregal aus namhaftem Möbelhause nicht mehr hineinpasste, und so habe ich beschlossen, die Lücke im Wohnzimmer mit einem Spiegel zu schließen und zugleich zu öffnen. Eigentlich sehr praktisch, denn auch dieser hat nun eine berufliche Berechtigung. Ich kann zum Beispiel Kostüme ausprobieren und diese mit gewisser Entfernung betrachten und für gut und bühnentauglich erachten.

Das rote Resopal-Tischerl war ein Geschenk von Elfriede Ott, es ist für Robert Kolar das einzige Möbelstück mit emotionaler Bindung.
Fotos: Lisi Specht

Ich wohne, wie bereits gesagt, in Simmering. Ich war auf der Suche nach einer Eigentumswohnung, das muss vor zehn oder zwölf Jahren gewesen sein, und in allen anderen Bezirken war eine Wohnung in der von mir gewünschten Größe auch damals schon absolut unleistbar. In einem Inserat bin ich dann auf diese Wohnung hier gestoßen: 85 Quadratmeter, zwei Zimmer-Küche-Wohnungen zusammengelegt, sehr hell und aussichtsreich, mit S-Bahn-Gleisen vis-à-vis, also eigentlich unverbaubar, es sei denn, die stellen mir irgendwann eine Bahnhofcity Südost vors Fenster, was ich allerdings nicht wirklich glaube. Ich mag die Lage.

Obwohl ich eigentlich, wie viele andere Menschen auch, ziemliche Simmering-Vorurteile hatte. Doch mit der Zeit habe ich den Bezirk richtig liebgewonnen. Multikulti, keine Bobos, alles ist da, in kürzester Zeit bin ich am Hauptbahnhof, am Flughafen, am Donaukanal, im Prater, im Böhmischen Prater und auch drüben beim Tichy, der am Freitag endlich wieder aufgesperrt hat. Richtig weit haben es eigentlich immer nur die Zeitungszusteller. Das merke ich immer dann, wenn es in der Nacht geregnet hat. Dann ist mein STANDARD nämlich nicht nur ein bissl nass, sondern ein halb durchgewaschelter Wettex-Fetzen. Wahrscheinlich bin ich der einzige rosa Abonnent im Elften.

Robert Kolar hatte "ziemliche Simmering-Vorurteile", er hat den Bezirk aber mittlerweile liebgewonnen.
Fotos: Lisi Specht

Was vielleicht auch noch zu erzählen wäre: Ich fotografiere viel. Seit zehn Jahren habe ich Bilderrahmen unterm Bett liegen, um meine schönsten Fotos endlich mal einzurahmen, aber ich komme einfach nie dazu. Das mache ich dann in der Pension, die ich nie bekommen werde. Stört mich aber auch nicht, denn ich habe in der Tat keine emotionale Beziehung zu dieser Wohnung. Georg Kreisler sagte, er fühle sich zu Hause in seiner Kunst. Ich bin zu Hause bei Loriot und den Marx Brothers. Das einzige Möbelstück, bei dem ich so etwas wie Leidenschaft oder Nostalgie empfinde, ist mein rotes Resopal-Tischerl in der Küche, das mir einmal die Elfriede Ott geschenkt hat. Evi, Resopal, danke! Ich kratz eh schon am Fünfziger, auf bald!" (13.3.2023)