Im Gastblog warnt Rechtsanwältin Kristina Silberbauer vor unüberlegtem Einsatz von Praktikantinnen und Praktikanten ohne Entlohnung.

Das "Praktikum" oder "Volontariat" ist vom Ausbildungszweck bestimmt. Es dient in erster Linie dem Interesse der Auszubildenden, sich den Ausbildungsvorschriften entsprechend praktische Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen. Das Interesse des Betriebsinhabers an Arbeitsleistungen für seinen Betrieb darf nicht im Vordergrund stehen. Daher soll ein Praktikant oder eine Praktikantin mit Arbeiten, die dem Ausbildungszweck nicht dienen, nur in untergeordnetem Ausmaß betraut werden. Maßgeblich ist, dass größere Freiheiten bei der zeitlichen Gestaltung der Anwesenheit im Betrieb vorhanden sind und dass eine Lohnverpflichtung fehlt. Nicht maßgeblich ist die Bezeichnung des Vertrags.

Während eines Praktikums soll viel gelernt werden – deswegen ist man aber nicht als vollwertige Arbeitskraft zu behandeln.
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Als (Ferial-)Arbeitnehmerin oder (Ferial-)Arbeitnehmer (mit Anspruch auf Bezahlung!) arbeitet daher etwa, wer eine Urlaubsvertretung übernimmt, an die betriebliche Arbeitszeit gebunden, Weisungen unterworfen, in den Arbeitsprozess eingebunden und damit in den Betrieb eingegliedert ist (RS0029510).

Vollwertig eingesetzter Masseur

Dementsprechend gewann ein vermeintlicher Praktikant den vorliegenden Prozess wegen einer Zahlung von knapp 7.000 Euro brutto (OGH 16.02.2023 9 ObA 1/23x): Er absolvierte im beklagten Ausbildungszentrum eine Ausbildung, wurde aber nach einer 20-minütigen Probemassage ohne weitere Kontrolle wie jeder andere angestellte Masseur eingesetzt – allerdings unbezahlt. Er erhielt jeden Morgen einen Dienstplan und massierte die – über seinen Ausbildungsstatus uninformierten – Patientinnen und Patienten dementsprechend bis zum Abend. Das Ausbildungszentrum kassierte für seine Massagen dasselbe wie für jene seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gerichtlich wurde dem vermeintlichen Praktikanten eine "angemessene" Bezahlung zugesprochen (angemessen nach §1152 ABGB, weil wohl kein Kollektivvertrag zur Anwendung kam).

Unternehmen sind daher gut beraten, vor der Einstellung von Praktikantinnen und Volontären zu überlegen, wie sich ihr Einsatz gestalten wird. Wenn sie "wie die anderen" arbeiten werden, sind die oben dargelegten Kriterien zu prüfen. Andernfalls drohen Nachforderungen, im schlimmsten Fall Verwaltungsstrafen wegen Lohn- und Sozialdumping. (Kristina Silberbauer, 22.3.2023)