Medienmanagerin Ingrid Deltenre soll neue Verhaltensregeln erarbeiten.

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Für Jungunternehmerinnen hat Ingrid Deltenre gleich mehrere Tipps parat: Es empfehle sich, so die Managerin in einem Interview, "an den Erfolg der eigenen Arbeit zu glauben und dabei nie aufzugeben. Unvoreingenommen, aber entschieden für seine Überzeugungen einstehen und offen bleiben für Neues." Daraus lässt sich ableiten: Die Frau weiß um ihre Prinzipien. Für die künftige Aufgabe, eine Ethikkommission im ORF zu leiten, muss das kein Nachteil sein.

Nach Chat-Affären, ÖVP-wohlwollender Berichterstattung im Landesstudio Niederösterreich und Nebenbeschäftigungen von Mitarbeiterinnen und Zulieferern lässt ORF-Generaldirektor Roland Weißmann eine Ethikkommission neue Verhaltensregeln erarbeiten – mit Deltenre an der Spitze.

Offenheit für Neues kennzeichnet Deltenres Karriere von Anfang an. 1960 als niederländische Staatsangehörige in der Schweizer Kleinstadt Wettingen geboren, gelang ihr nach dem Studium der Pädagogik, Publizistik und der biologischen Anthropologie in Zürich der direkte Einstieg ins Schweizer Medienmanagement als Generalsekretärin beim Verband Schweizer Presse. Es folgten Engagements im Verlagshaus Ringier, bei Swisscard sowie bei Publisuisse, kommerzielle Tochter der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft.

Nicht unumstritten

2003 wurde Deltenre Direktorin des Schweizer Fernsehens. Die Wahl war nicht unumstritten. Deltenre war die einzige Kandidatin, zudem wurde ihr mangelnde publizistische Erfahrung vorgeworfen. An ihrem ersten Arbeitstag beschenkte sie die ganze Belegschaft mit Königskuchen. Danach krempelte sie die Organisation von Grund auf um.

Von 2010 bis 2017 war sie Generaldirektorin der Europäischen Rundfunkunion (EBU) mit Sitz in Genf. In der Zeit richtete sie den Eurovision Song Contest aus und verhandelte Übertragungsrechte für große Sportereignisse. Seit ihrem Abgang sitzt sie in einem halben Dutzend Gremien, zum Beispiel als Verwaltungsrätin der Banque Cantonale Vaudoise, in der Agence France-Press und im Aufsichtsrat der Deutschen Post. Ihr Lebensgefährte ist der PR-Berater Sacha Wigdorovits. 2009 bekam sie die Schweizer Staatsbürgerschaft.

Beim Führen lässt sie sich nach eigenen Angaben von ihrem "gesunden Menschenverstand" und "Instinkt" leiten. Für den Job im ORF kann das nicht verkehrt sein, wo es darum geht, mit Fingerspitzengefühl umstrittene Nebenjobs von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu beschränken. (Doris Priesching, 23.3.2023)