Sandro Botticelli, "Die Beweinung Christi", ca. 1450. Die Haut und die Textilien sind mit Farben aus Eitempera, also Farben auf Wasserbasis mit Eigelb, gemalt. Für das Gras sowie das Steingrab wurden hingegen proteinhaltige Ölfarben verwendet, denen vermutlich ein wenig Eidotter hinzugefügt wurden.
Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen

Eier sind nicht nur zu Ostern hoch im Kurs: Auch Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli und andere italienische Meister der Renaissance griffen bei ihren Ölgemälden schon auf Eier zurück. Sie dürften auch ihren Ölfarben – und nicht nur der Eitempera, die mit Wasser angerührt wird – Proteine in Form von Eigelb zugesetzt haben. Das hat, wie eine neue Studie zeigt, zahlreiche positive Auswirkungen auf den Malprozess und die Konservierung der Bilder.

Farbenfrohe Experimente

Öl ist als Bindemittel allseits bekannt. Ab wann und warum den Ölfarben jedoch auch Ei zugesetzt wurde, blieb bis zuletzt ungeklärt. Denn nur wenige Gemälde wurden bislang auf ihren Proteinanteil untersucht. Aktuelle Untersuchungen zeigen nun, dass der Eigelbzusatz bereits in der Renaissance verbreiteter war als gedacht.

Die Details des Kopfes Christi zeigen den typischen Aufbau der Eitempera-Schicht durch Schraffierung. Im Gegensatz dazu weist der Grasvordergrund – einschließlich der dunkelgrünen Farbschicht – typische Eigenschaften von Ölfarben auf.
Foto: Wibke Neugebauer

Durchgeführt wurden die Untersuchungen von einem internationalen Team um Ophélie Ranquet am Karlsruher Institut für Technologie. Um möglichst authentische Ergebnisse zu liefern, wurden für die Untersuchung, die im Fachblatt "Nature Communications" erschien, Farben aus historischen Materialien hergestellt, die für diese Zeit üblich waren.

Neben Eigelb und Leinöl wurde den Modellfarben entweder Bleiweiß oder Ultramarinblau als Pigment zugesetzt, wie im folgenden Video zu sehen ist:

NPG Press

Diese beiden Pigmente weichen auf molekularer Ebene stark voneinander ab – beeinflussen die Aushärtung und Alterung der Ölfarbschicht also auf unterschiedliche Weise, was einen Rückschluss auf die Rolle des Proteins erlaubte.

Trocken und faltenfrei

Ranquet und ihr Team streichen konkret drei Punkte in ihrer Untersuchung heraus. Erstens konnten die Forschenden feststellen, dass bei der Zugabe von Eigelb die unerwünschte Aufnahme von Wasser unterdrückt wird, weil die Proteine im Eigelb eine dünne Schicht um die Pigmentteilchen bilden. Das macht eine Wasseraufnahme unmöglich.

Leonardo da Vinci, "Maria mit dem Kind", ca. 1475. Beim Übergang von nasser Farbe zu trockener Schicht kann es ohne proteinhaltige Farben zur Bildung von Falten kommen – wie in diesem Gemälde zu sehen.
Foto: Bavarian State Painting Collections

Zweitens vergilben die Gemälde durch die im Eigelb vorhandenen Antioxidantien weniger – die Reaktion zwischen Sauerstoff und Öl verlangsamt sich signifikant. Drittens versteifen die Farben durch das Eigelb, was insbesondere bei der sogenannten Impasto-Maltechnik nötig ist (bei der Farben sehr dick aufgetragen werden) und einer Faltenbildung beim Trocknen der Oberfläche entgegenwirkt.

Die neu gewonnenen Erkenntnisse könnten zukünftig bei der Restaurierung helfen und beim Erhalt der Meisterwerke eine wichtige Rolle spielen. (Anna Tratter, 28.3.2023)