Der Anstieg der Energiepreise sorgte auch bei der Fernwärme für eine Verteuerung.

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Wien – Rechtzeitig vor dem Auftritt von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in der Untersuchungskommission "Wien Energie" am Freitag kommt eine Frohbotschaft aus dem Wiener Rathaus: Wien wird Kundinnen und Kunden der Fernwärme einen Rabatt gewähren. Das kündigte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Mittwoch via Austria Presse Agentur an.

Fernwärmebezieher waren und sind mit einer massiven Preissteigerung konfrontiert, der städtische Versorger Wien Energie erhöhte die Preise um 92 Prozent. Die Höhe des Nachlasses werde derzeit ausgearbeitet. Finanziert wird er mit dem zu erwartenden Jahresüberschuss der Wien Energie. Die Stadt verzichtet dafür auf eine Dividendenzahlung der Stadtwerke für 2022 und 2023. Wie hoch der Jahresüberschuss ausgefallen ist, lässt sich anhand der Neunmonatszahlen nur erahnen: Das Ergebnis vor Steuern wurde im Quartalsreport Ende September mit 226 Millionen Euro angegeben. Im Gesamtjahr darf also mit rund 300 Millionen Euro gerechnet werden.

Dividendenverbot

Aus freien Stücken erfolgte dieser Verzicht freilich nicht. Die Ausschüttung einer Dividende ist seitens Wien Energie aktuell gar nicht möglich. Denn die Stadt hat einen Schutzschirm über Wien Energie und deren Mutterkonzern Wiener Stadtwerke aufgespannt, der eine Gewinnausschüttung verbietet. Das gilt für die im Vorjahr von der Stadt organisierten Kreditlinien ebenso wie das Darlehen der Bundesfinanzierungsagentur Öbfa, das zwar nie in Anspruch genommen werden musste, aber erst Ende April 2023 ausläuft. Auch der neue, ab Mai aufgespannte Schutzschirm mit Kreditlinien bis zu 3,7 Milliarden Euro (davon zwei Milliarden Euro von der Stadt, der Rest via Stadtwerke) umfasst ein Dividendenverbot.

Die Erhöhung der Fernwärmetarife war im Vorjahr für viele Haushalte wohl überraschend gekommen. Fernwärme wird zu einem hohen Anteil aus Gas produziert und damit sorgte der massive Anstieg der Gaspreise auch bei Fernwärme für eine Verteuerung. In Wien fiel diese mit 92 Prozent allerdings besonders hoch aus.

Höhe noch unklar

Nun wurde im Rathaus beschlossen, dass das Unternehmen seinen Kunden einen Rabatt gewähren wird. Dessen Ausmaß soll nach Ostern verkündet werden, sagte Hanke. Unklar ist vorerst auch noch, ob es sich um einen Nachlass bei der Jahresabrechnung handelt oder ob eine Reduktion der laufenden Vorschreibungen erfolgt.

In den Genuss des Rabatts sollen jedenfalls alle kommen, betonte der Ressortchef. Eine Staffelung etwa nach Einkommenssituation ist nicht geplant. Wettbewerbstechnisch ist der Eingriff machbar, wie ebenfalls betont wird.

"Klientelpolitik"

Die oppositionellen Grünen im Gemeinderat begrüßen die Weitergabe der Gewinne an die Kunden. Allerdings sollten Hanke und Bürgermeister Michael Ludwig mit ihrer Klientelpolitik aufhören und allen Kunden von Wien Energie die Profite rückwirkend zugute kommen lassen, forderte der Budgetsprecher der Wiener Grünen, Martin Margulies. "Nur Fernwärme-Kund:innen mit einem Rabatt zu bedenken, erscheint absurd." Absurd sei auch, dass nicht alle Kunden von der Senkung des Gaspreises profitierten. Denn beim Gaspreis gibt es keinen Deckel wie die Stromkostenbremse. Inklusive der Dividende des Verbundes, die Wien Energie und Wiener Stadtwerke (halten zusammen 13,44 Prozent) im Mai vereinnahmen, stünden für rückwirkende Auszahlungen an die Kunden noch einmal 140 Millionen Euro zur Verfügung, rechnete Margulies vor.

Finanzierung über Jahresüberschuss

Ermöglicht wird die Maßnahme laut Hanke durch die sprudelnden Ergebnisse der Wien Energie. Diese hat zwar im Sommer aufgrund hoher Sicherheitsleistungen an der Energiebörse einen dramatischen Liquiditätsengpass erlebt, die Geschäfte an sich liefen aber gut. Die Verwerfungen an den Energiemärkten sorgten etwa dafür, dass im Raum Wien die Zahl der Energieanbieter von mehr als 100 auf einen Bruchteil davon schrumpfte. Der Wien Energie bescherte dies laut eigenen Angaben 80.000 neue Kunden.

Wie der Stadtrat erläuterte, musste die Wien Energie im Vorjahr im Endkundengeschäft zunächst erhebliche Verluste realisieren, nach einer Stabilisierung im vierten Quartal hat sich das Blatt jedoch gewendet. Man habe die Situation für einen erfolgreichen Handel mit der Stromproduktion der Kraftwerke bzw. für ertragreiche Speichergeschäfte genutzt, hieß es.

Keine Dividende

Die Stadt verzichtet laut Hanke für das Vorjahr und für heuer auf die Ausschüttung einer Dividende durch die Stadtwerke. Die Erlöse verbleiben im Konzern. Insgesamt kann ein dreistelliger Millionenbetrag somit anderweitig verwendet werden, wie man betont. Finanziert werden soll damit auch der Umbau des Energiesystems, also Investitionen in Bereiche wie Solarenergie oder Geothermie. Konkrete Zahlen wird es erst nach Vorliegen des Geschäftsberichts der Wien Energie geben.

Wien hat nach dem Anstieg der Fernwärme-Tarife auch eine Fairnesskommission ins Leben gerufen. Diese soll beobachten, ob Preisrückgänge an die Kunden weitergegeben werden. Das Gremium unter dem Vorsitz des ehemaligen Leiters der Bundeswettbewerbsbehörde, Walter Barfuß, hat bereits wiederholt getagt, wie Hanke der APA erläuterte. Es wird auch weiter bestehen und die Situation analysieren. Laut Stadt hat die Kommission bereits befunden, dass inzwischen auch ein Spielraum für eine Weitergabe sinkender Großhandelspreise an die Endkunden durchaus vorhanden ist. (ung, APA, 29.3.2023)