Schwarze Löcher sind die Massegiganten unter den Himmelskörpern. Sie erzeugen eine so starke Gravitation, dass nicht einmal das Licht diesen Bereich verlassen oder durchlaufen kann. Unter den Schwarzen Löchern gibt es mehrere Größenklassen, die von supermassereichen (supermassive) Schwarzen Löchern angeführt werden. Die befinden sich meist im Zentrum von Galaxien – so wie Sagittarius A* im Herzen unserer Milchstraße.

Künstlerisch-wissenschaftliche Darstellung eines ultramassereichen Schwarzen Lochs. Das nun entdeckte konnte nur sehr indirekt beobachtet werden.
ESA/Hubble, Digitized Sky Survey, Nick Risinger, N. Bartmann

Es ist mit gerade einmal vier Millionen Sonnenmassen eher schmächtig. Denn unter den supermassereichen Schwarzen Löchern gibt es seit fünf Jahren noch einmal eine "Oberklasse", nämlich die ultramassereichen Schwarzen Löcher, die zumindest zehn Milliarden Sonnenmassen aufweisen müssen. Davon gibt es bis jetzt freilich nur sehr wenige: Die Liste wird vom Quasar TON 618 angeführt, der 70 Milliarden Sonnenmassen schwer ist.

Entdeckung mittels Gravitationslinseneffekt

Das drittschwerste bekannte Schwarze Loch mit rund 33 Milliarden Sonnenmassen hat nun ein Team von Astronominnen und Astronomen um James Nightingale von der britischen Durham University aufgespürt. Ausgangspunkt für ihre Entdeckung war die zentrale Galaxie im rund 2,7 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxiencluster Abell 1201, wie die Forschenden in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" berichten.

Die Forschenden nutzten ein als Gravitationslinseneffekt bekanntes Phänomen, bei dem eine nahe Galaxie als riesiges Vergrößerungsglas fungierte. Tatsächlich war Abell 1201 schon länger wegen einer ungewöhnlichen Eigenschaft aufgefallen: Wenn sie vor einem Hintergrundobjekt vorbeizieht, ist ihr Gravitationslinseneffekt deutlich stärker, als es die sichtbare Größe, Sternenzahl und Dunkle Materie dieser Galaxie nahelegen würden.

Wie ältere astronomische Beobachtungen bereits zeigten, lenkt Abell 1201 das Licht ferner Hintergrundobjekte um fast 2.000 Lichtjahre ab und formt es zu einem Bogen verzerrten Lichts. 2017 entdeckten Forschende einen zweiten, kleineren Bogen auf der gegenüberliegenden Seite, dessen Position und Form auf die Präsenz einer unsichtbaren großen Masse im Zentrum der Galaxie hindeuteten.

Aktive und inaktive Schwarze Löcher

Schon damals hatten die Expertinnen und Experten den Verdacht, dass es sich bei diesem verborgenen Schwergewicht um ein inaktives Schwarzes Loch handeln könnte. Die meisten der größten Schwarzen Löcher, die der Astronomie bekannt sind, befinden sich hingegen in einem aktiven Zustand. Das bedeutet, dass Materie, die in die Nähe des Schwarzen Lochs gezogen wird, sich erwärmt und Energie in Form von Licht, Röntgenstrahlen und anderer Strahlung freisetzt – was ihre Beobachtung vereinfacht.

Videodarstellung des Gravitationslinseneffekts, der zur Entdeckung und Größenbestimmung des Schwarzen Lochs führte.
DurhamUniversity

Um mehr über diese Giganten herauszufinden, haben Nightingale und sein Team zunächst neue Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops von dieser Galaxie und ihrem Gravitationslinseneffekt analysiert. Dann ermittelten sie mithilfe einer astrophysikalischen Simulation auf den Supercomputern in Durham, wie groß das Schwarze Loch sein dürfte, um die beobachteten Verzerrungen zu verursachen. Beim Abgleich der Daten ergab sich ein ultramassereiches Schwarzes Loch von 33,28 Milliarden Sonnenmassen.

Hart an der Massenobergrenze

"Dies ist eine extrem spannende Entdeckung, denn dieses Schwarze Loch ist damit eines der größten jemals entdeckten", sagt Nightingale. "Es liegt schon nahe an der theoretisch vorhergesagten Massenobergrenze für Schwarze Löcher." Tatsächlich liegt es aktuell auf Platz drei der Liste der schwersten Schwarzen Löcher.

Nightingale streicht aber auch den methodischen Fortschritt heraus, den diese Entdeckung des ersten Schwarzen Lochs mittels Gravitationslinsen liefert: Das mache es möglich, inaktive Schwarze Löcher zu untersuchen, was derzeit in fernen Galaxien nicht möglich ist. "Dieser Ansatz könnte es uns ermöglichen, viel mehr Schwarze Löcher außerhalb unseres lokalen Universums zu entdecken – und aufzudecken, wie sich diese exotischen Objekte weiter zurück in der kosmischen Zeit entwickelt haben." (Klaus Taschwer, 2.4.2023)