Nur die Besten dürfen zum Heeressport. Oberst Christian Krammer (re.) und Ministerin Klaudia Tanner begutachten.

Foto: HBF/Daniel Trippolt

In der Hitze des Ärgers ist man manchmal polemisch. Und der Sportdirektor des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB), Peter Schöttel, war ganz offensichtlich verärgert. Der Grund: Adis Jasic (20), Rechtsverteidiger vom Bundesligisten WAC und potenzieller Teamkicker, gab kürzlich bekannt, dass er lieber für Bosnien, das Herkunftsland seiner Eltern, statt für Österreich auflaufen wollen würde.

So weit, so ärgerlich für den ÖFB. Und doch kommt es immer wieder vor, dass junge Talente vor dem Sprung in den Erwachsenenfußball lieber für ein anderes Land spielen. Schöttels Ärger steigerte, dass der junge Kicker Teil des Heeressportprogramms war, im Winter seine Grundausbildung als Heeressportler absolvierte. "Es geht darum, wie man verhindern kann, dass jemandem ein Platz weggenommen wird, der gerne für Österreich spielen würde", sagte Schöttel.

Der Unterschied

Warum das für den ÖFB-Sportdirektor so ein Thema ist? Der Heeressport ist eines von drei staatlichen Förderprogrammen, die potenziellen Spitzensportlern und Spitzensportlerinnen zugänglich sind und vor allem eines ermöglichen sollen: Leistungssport mit all seinen Facetten und Kosten – und dabei eine berufliche Absicherung. Neben dem Bundesheer gibt es ähnliche Modelle bei der Polizei und beim Zoll.

"Was uns von den anderen Förderprogrammen abhebt? Dass wir vor allem bei der Jugend ansetzen", sagt Oberst Christian Krammer dem STANDARD. Krammer ist Kommandant des Heeressportzentrums (HSZ), mit Jugend meint er insbesondere Grundwehrdiener. Für junge Sportler bietet sich nämlich die wertvolle Möglichkeit, sich für die Zeit ihres Grundwehrdienstes keine Auszeit vom Training nehmen zu müssen. Über die Wehrpflicht bleiben die jungen Männer sechs Monate Heeressportler.

Kurz oder lang

In weiterer Folge kann man sich aber auch für bis zu 15 Jahre als Zeitsoldat verpflichten, was mit einer finanziellen und sozialen Absicherung verbunden ist. Aktuell gibt es 495 aktive Heeressportler und Heeressportlerinnen, davon 170 im Grundwehrdienst, außerdem scheinen 20 Menschen mit Behinderung im Programm auf.

Aber egal ob Grundwehrdiener oder Zeitsoldatin, die Kriterien für eine Aufnahme sind streng. Man will nur die Besten der Besten. Krammer erklärt: "Um überhaupt aufgenommen zu werden, muss man schon im Jugendbereich in Österreich im Spitzenfeld sein, zum Beispiel bei Staatsmeisterschaften in den Top Drei." Zudem sollte man auch international Erfahrung gesammelt haben, "beispielsweise bei Europameisterschaften". In einem weiteren Schritt gibt es seitens des Bundesheeres eine Evaluierung, dann ist man drin.

Die Plätze sind freilich heißbegehrt, seitens der Sportler, aber auch seitens der Verbände, die die Kandidaten und Kandidatinnen nominieren. Laut Krammer bewerben sich doppelt so viele Kandidaten, wie das Bundesheer Plätze zur Verfügung stellen kann. Der Fokus liegt fast ausschließlich auf Sportarten, die auch Teil des olympischen Programms sind. Von Judo über Skispringen, den Parasport und Leichtathletik bis zu Sportklettern und Ski Alpin ist da fast alles dabei. Langfristigere Verträge sind vor allem Einzelsportlern und Einzelsportlerinnen vorbehalten, Teamsportler wie etwa der Fußballer Jasic kommen nur im Zuge der Wehrpflicht in das Heeressportzentrum: "Für langfristige Verträge müssten wir ja das ganze Team nehmen. Das geht natürlich nicht." Das gilt freilich auch für andere Teamsportarten wie Eishockey, Handball, Basketball oder Volleyball.

Schöttels Ärger möchte Krammer nicht kommentieren. Dennoch hält er fest, dass die Spieler ja seitens des Verbandes nominiert werden. Der Return of Investment ist dabei vielschichtig: "Wenn der Spieler zum Beispiel mit seinem Klub international spielt, hat das auch einen Nutzen für Österreich. Die Teams repräsentieren in internationalen Bewerben ja auch das Land." Eine Art Ausbildungsentschädigung, die in den Fußballstrukturen mit den Akademien mittlerweile schon Standard ist, ist beim Heeressportzentrum nicht denkbar.

Zehn Fußballer

Aber warum werden überhaupt Fußballer gefördert? Oder anders: Nimmt der Fußballer dem nordischen Kombinierer nicht den Platz weg? Aktuell sind zehn Fußballer, also Grundwehrdiener, als Heeressportler gemeldet: "Bei Teamsportarten geht es ja auch darum, mit dem Team zu trainieren, und das ermöglichen wir. Wenn sie das Teamtraining ausfallen lassen, könnte sie das in der Entwicklung behindern. Sie sollen kompetitiv bleiben", sagt Oberst Krammer. (Andreas Hagenauer, 30.3.2023)