EY Deutschland hat laut Behördenangaben während der gesamten Untersuchung vollumfänglich kooperiert.

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Berlin – Im Wirecard-Skandal will die staatliche Aufsicht in Deutschland die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) zwei Jahre lang von größeren Neuaufträgen aussperren. Wegen Pflichtverletzungen bei der Prüfung von Geschäftsberichten des zusammengebrochenen Zahlungsdienstleisters soll EY Deutschland vorübergehend keine neuen Mandate von börsennotierten Unternehmen, Kreditinstituten und Versicherern übernehmen dürfen, wie die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) am Montag mitteilte.

Außerdem würden Geldbußen gegen das Unternehmen und mehrere Wirtschaftsprüfer verhängt. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.

500.000 Euro Geldstrafe

Konkret verhängte die Aufsicht gegen EY neben der Auftragssperre eine Geldstrafe von 500.000 Euro. Das ist die nach der damaligen Rechtslage geltende Höchstsumme. Fünf Wirtschaftsprüfer sollen Strafen in Höhe von 23.000 bis 300.000 Euro zahlen. Die Verfahren gegen sieben weitere Wirtschaftsprüfer wurden eingestellt, weil diese ihre Berufszulassungen zurückgegeben haben und damit laut Gesetz nicht mehr von der APAS belangt werden dürfen.

Bestehende Mandate der Wirtschaftsprüfer sind laut APAS nicht betroffen. Gegen die Entscheidung können die Betroffenen Einspruch bei der Aufsicht einlegen und bei einer Ablehnung eines Einspruchs vor Gericht klagen. Die APAS betonte, es handle sich ausschließlich um Konsequenzen der Berufsaufsicht, die für andere Verfahren nicht bindend sei.

Rund zwei Milliarden Euro verschwunden

Wirecard war im Juni 2020 zusammengebrochen, als bekannt wurde, dass in der Kassa 1,9 Milliarden Euro fehlten. EY hatte die Bilanzen des damaligen im Aktienleitindex Dax notierten Konzerns aus Aschheim bei München jahrelang abgesegnet.

EY Deutschland erklärte, man sei von der APAS darüber informiert worden, dass sie ihre Untersuchung abgeschlossen habe. Sobald die Aufsicht dem Unternehmen die Details ihrer Entscheidungen offiziell mitgeteilt habe, werde EY diese sorgfältig prüfen. Man habe während der gesamten Untersuchung vollumfänglich mit der APAS kooperiert und Lehren aus dem Fall gezogen. Mit umfassenden Maßnahmen seien Prüfungsqualität und das Risikomanagement gestärkt worden.

Die beim deutschen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angesiedelte APAS prüfte nach eigenen Angaben die Arbeit der Wirtschaftsprüfer bei den Abschlüssen der Wirecard AG und der Wirecard Bank AG in den Jahren 2016 bis 2018. Die Aufsicht sieht es als erwiesen an, dass das Prüfunternehmen und mehrere seiner Mitarbeiter ihre Berufspflichten verletzt haben.

Der Wirecard-Skandal hat eine ganze Reihe von Schadenersatz- und Strafverfahren ausgelöst. So sieht sich EY mit Schadenersatzforderungen konfrontiert, die das Unternehmen zurückgewiesen hat. Vor dem Landgericht München sind drei ehemalige Wirecard-Manager wegen Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und Bandenbetrugs angeklagt. (APA, 3.4.2023)