"West-Room": Im Vordergrund eine Outdoor-Skulptur aus den 1990er-Jahren, dahinter monströse Lampen und der Prototyp des Diwans aus seinem Atelier – darüber ein Werk von Otto Muehl.

Foto: Heinz Neumann

Eine Wand mit sogenannten Namensbildern von Franz West aus den 1970er- 1980er-Jahren, darunter ein der Galeristin "Rose-Marie" Schwarzwälder gewidmetes.

Foto: Heinz Neumann

Der Künstler Franz West verstarb 2012 im Alter von 65 Jahren.

Foto: imago/SKATA

Diethard Leopold Seite an Seite mit Heinz Neumann, beide mit runtergelassenen Hosen und Polizeikappen auf den Köpfen: Franz West hätte an dieser von Galerist Philipp Konzett jüngst auf Instagram dokumentierten staatsgewaltigen "Performance" mit einem seiner Werke aus den 1970er-Jahren wohl seine helle Freude gehabt.

Die beiden Sammler Diethard Leopold und Heinz Neumann mit runtergelassenen Hosen.

Anlass gibt ein aktueller Einblick in das Universum von Franz West, der sich aus dem unverkäuflichen Fundus von vier Privatsammlungen speist. Eine spontane Idee, die sofort umgesetzt wurde. Kaum hatten Reza Akhavan, Gernot Schauer, Heinz Neumann und Konzett im Februar eine Auswahl ihrer Bestände in den ehemaligen Räumen der Galerie Mauroner in der Wiener Weihburggasse verteilt, begannen Passanten an die Schaufenster zu pumpern und Einlass zu fordern.

Bis 22. April gewährt das Sammlerkollektiv nun tage- und stundenweise Zutritt zu diesem Gastspiel: Franz West privat. Gebrauchsanleitung im Aktionismusgeschmack titelt die Schau, die mit 400 Arbeiten alle Schaffensperioden des 2012 verstorbenen Künstlers abdeckt. Vieles davon ist überhaupt erstmals öffentlich zu sehen und übertrifft allein an Umfang die Retrospektiven im Centre Pompidou in Paris (2018) und in der Tate Modern in London (2019).

Publikumsandrang und Promi-Visiten

In Wien fand die letzte Museumsausstellung 2013 im Mumok statt. Vorübergehend wird jetzt also die hierzulande schier ausgehungerte Fan-Community bedient. Die Resonanz sei in dieser Form dennoch überraschend, ja enorm, wie Heinz Neumann im Gespräch betont. Von abendlichen Sonderterminen und Privatführungen an Sonntagen abgesehen, kommen oft 300 bis 400 Besucher täglich. Darunter auch internationale Prominenz wie Christine und Andrew Hall, die zu den Top-200-Sammlern weltweit zählen und selbst eine stattliche West-Kollektion besitzen.

Weder Künstlerin Valie Export noch Sammler Diethard Leopold ließen es sich bei ihren Stippvisiten nehmen, die Werke, wie von West vorgesehen, wiewohl in Museen untersagt, auch ihrem Zweck entsprechend zu nutzen: Etwa die ab Anfang der 1970er-Jahre geschaffenen Passstücke, jene tragbaren und meist aus Pappmaschee gefertigten Objekte, die, je nach Sichtweise, als Neurosen oder Prothesen fungieren.

Künstlerin Valie Export mit einem "Passstück" von Franz West.

Die Auswahl der gezeigten Werke verläuft entlang der relevanten Zäsuren im Schaffen des Künstlers, jedoch nicht so verkopft wie im musealen Umfeld üblich. Neben den Collagen dürfen seine Möbel – darunter der Prototyp des Diwans aus seinem Atelier – ebenso wenig fehlen wie Outdoor-Skulpturen oder ein obligater Lemure.

Dokumentarisches und "Schleimbilder"

Hinzu kommt Dokumentarisches: etwa der Entwurf eines ersten Katalogs (1976), der nie publiziert wurde und Plastiken zeigt, die ihre Lagerung im feuchten Keller nicht überstanden. Oder seine Schleimbilder, mit denen er sich an Galeristinnen wie Ursula Krinzinger oder Rosemarie Schwarzwälder für Ausstellungen anbiederte, die ihm nie gewährt wurden.

Abseits von Verkaufsausstellungen internationaler Galerien, zuletzt bei Eva Presenhuber, Gagosian oder aktuell bei David Zwirner in Paris und New York, war es in den letzten Jahren vergleichsweise ruhig um die Präsenz des West’schen Œuvres geworden. Umso lauter tobte dagegen seit mehr als zehn Jahren ein Streit um den Künstlernachlass, der trotz zahlreicher Gerichtsentscheidungen, inklusive eines Urteils vom Obersten Gerichtshof (Dezember 2020), bislang nicht beendet wurde.

Streit um Nachlass

Zu den Akteuren gehören das als Verein geführte Archiv Franz West, die fünf Tage vor seinem Tod vom Künstler gegründete Franz-West-Privatstiftung sowie die hinterbliebenen Familienmitglieder, die sich um ihr Erbe gebracht fühlen.

Im Wesentlichen geht es um Verwertungs- und Werknutzungsrechte, auch um Tantiemen aus der Produktion posthumer Möbelobjekte sowie um 270 Kunstwerke, deren kolportierter Wert bei 50 Millionen Euro liegen soll. Ein unschöner Disput, der bereits Millionen von Euro verschlang, jedoch der Arbeit mit dem Lebenswerk des Künstlers nicht sonderlich förderlich ist: bis auf weiteres, wie ein neuerlicher Einspruch gegen ein Urteil vom Februar ahnen lässt. (Olga Kronsteiner, 4.4.2023)