Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart muss sich einer außerordentlichen Vollversammlung in der Wiener Kammer stellen.

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"Ein pures Chaos." "Normales Arbeiten ist nicht mehr möglich." "Es eskaliert an allen Ecken und Enden." "Das Haus ist derzeit handlungsunfähig." "Arbeitsunterlagen liegen seit Monaten unerledigt herum." Es ist nur ein Auszug aus Einschätzungen aus dem Inneren der Wiener Ärztekammer, die den aktuellen Zustand des mächtigen Gremiums beschreiben. Seit Monaten tobt in den Chefetagen ein Machtkampf zwischen zerstrittenen Lagern, und im Mittelpunkt stehen die mutmaßlichen Malversationen rund um die mittlerweile aufgelassene Ärzte-Einkaufsplattform Equip4Ordi (E4O). Diese ist eine Tochterfirma der Kurie niedergelassene Ärzte der Wiener Kammer. Deren Präsident Johannes Steinhart, der auch Präsident der Österreichischen Ärztekammer ist, gerät immer heftiger in die Kritik.

Am vergangenen Donnerstag haben 32 Mandatarinnen und Mandatare der Ärztekammer aus verschiedenen Fraktionen einen Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Vollversammlung der Wiener Kammer gestellt. Sie verlangen einen Bericht und eine Stellungnahme des Präsidenten zu aktuellen Vorgängen "insbesondere der E4O".

Zur Erinnerung: Die Staatsanwaltschaft hat zuletzt ihren Verdacht von Untreue und Begünstigung auf schweren Betrug ausgeweitet. Es soll unter anderem um Prämienzahlungen auf Basis falscher Gewinne sowie um fragwürdige Kreditgeschäfte in Millionenhöhe gehen. Es gibt bisher drei Beschuldigte: Sie sollen ausgesagt haben, auf Weisung beziehungsweise Genehmigung von Steinhart gehandelt zu haben. Steinhart wies die Vorwürfe mehrmals zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Reihe von Anträgen eingelangt

Die außerordentliche Vollversammlung geht am 26. April am Abend in den Räumlichkeiten der Wiener Ärztekammer über die Bühne, wie dem STANDARD am Dienstag aus der Kammer bestätigt wurde. Insgesamt gibt es 90 Mandatarinnen und Mandatare. 30 hätten für den Antrag auf Einberufung ausgereicht.

Eine Reihe von Anträgen sei eingelangt, diese würden aktuell gesichtet. Ein möglicher Misstrauensantrag gegen Steinhart hätte bis Dienstag 16 Uhr eintreffen müssen. Dem Vernehmen nach ist das nicht geschehen. Für einen erfolgreichen Misstrauensantrag bräuchte es jedenfalls eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Vor der Vollversammlung soll auch noch eine Präsidiumssitzung der Ärztekammer stattfinden – und zwar am 20. April. Die drei Vizepräsidenten Stefan Ferenci, Erik Randall Huber und Stefan Konrad sowie Finanzreferent Frédéric Tömböl hatten vergangene Woche in einem Brief bekrittelt, dass seit mehr als zwei Monaten keine Präsenzsitzungen des Präsidiums stattgefunden hätten. Dieses "Problem" habe man der Aufsichtsbehörde MA 40 (Soziales) geschildert. Steinhart wurde daraufhin von der Behörde aufgefordert, zeitnah eine Stellungnahme abzugeben. Laut "Dossier" prüft die MA 40 die Handlungsfähigkeit des Präsidenten.

Erst Ende März war ein Misstrauensantrag gegen Randall Huber in der Ärztekammer gescheitert, eingebracht hatte diesen ein Steinhart-Vertrauter. Randall Huber soll im Rahmen der stundenlangen Sitzung aber seinen Rückzug von der Ärztekammer-Spitze im Sommer angekündigt haben. (David Krutzler, 12.4.2023)