Julia Dahlvik erforscht die technologische Transformation im öffentlichen Sektor.
Foto: FH Campus Wien Schedl

Eine Ombudsstelle soll Menschen helfen, die Missstände in der Verwaltung erleben mussten. Wie sich die digitale Transformation im öffentlichen Sektor auf solche Einrichtungen und die Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern auswirkt, untersucht Julia Dahlvik im Zuge ihrer Habilitation am Kompetenzzentrum für Verwaltungswissenschaften an der FH Campus Wien. "Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt auf dem Zugang zum Recht. Dafür ist die Ombudseinrichtung die ideale Beobachtungsstelle", sagt Dahlvik. Die Digitalisierung sei zweischneidig. Einerseits könnten durch die digitalen Optionen mehr Menschen einbezogen werden, gleichzeitig würden andere gesellschaftliche Gruppen erst recht ausgeschlossen.

Soziale Ungleichheit durch Digitalisierung

Für ihre Forschung vergleicht Dahlvik verschiedene Länder weltweit. Zum grundlegenden Studiendesign gehören Interviews mit Ombudseinrichtungen sowie Bürgerinnen und Bürgern. Eruiert wird, wie sie die fortschreitende Digitalisierung erlebt haben.

"Auffällig ist, dass die soziale Ungleichheit durch die fortschreitende Digitalisierung zunimmt. Meist sind es besser gebildete, sozial besser gestellte Gruppen und Männer ohne Migrationshintergrund, die sich an diese Institutionen wenden", so Dahlvik. Eine Hürde ist etwa, dass das Internet in vielen Ländern nicht gratis ist. Auch in Österreich ist die Internetversorgung in manchen Regionen immer noch unzureichend. Als Beispiel nennt Dahlvik die Benutzung der Handysignatur durch Bergbauern und -bäuerinnen. Schwierig wird es vor allem dann, wenn Institutionen ihre Dienstleistungen ausschließlich über das digitale Amt anbieten.

Die Ombudsinstitutionen fungieren als Kontrollinstanz und bemühen sich um diverse Kontaktmöglichkeiten, sei es per E-Mail, Online-Formular, Telefon oder persönlich. "Ein Dilemma ist, dass die Ombudsstellen oft wenig bekannt sind. Und wenn sie es sind, gibt es viele Anfragen, die außerhalb ihrer Zuständigkeit liegen", erklärt Dahlvik.

Mit gutem Beispiel voran

Auch der bewusste Verzicht seitens der Bürgerinnen und Bürger auf digitale Prozesse spielt eine Rolle. Die Ombudsstellen selbst bewerten den persönlichen Kontakt am höchsten, da es eine höhere Kompetenz erfordert, Anliegen schriftlich zu formulieren. Neben persönlichem Kontakt werden Online-Formulare genutzt, sofern diese gut gestaltet sind. Auch Algorithmen und künstliche Intelligenz werden bereits eingesetzt, etwa zur Bearbeitung der Anfragen und zur Zuteilung zu den einzelnen Stellen. Die Aufsichtsbehörden müssen mit gutem Beispiel vorangehen und so inklusiv und befähigend wie möglich sein, lautet eine Erkenntnis.

Dahlvik fokussiert als Forscherin in ihrer wissenschaftlichen Arbeit seit langem auf staatliche Institutionen. Für ihr Habilitationsprojekt erhielt sie über das vom Wissenschaftsfonds FWF initiierte Elise-Richter-Programm eine Förderung. Das Programm unterstützt ausschließlich Frauen in Wissenschaft und Forschung. (Karin Grabner, 29.4.2023)