Discord ging 2015 online und ist seitdem stätig gewachsen. Aktuell finden sich rund 150 Millionen Nutzerinnen monatlich auf der Plattform.

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Ein junger Mann, der laut aktuellen Berichten ein "Waffennarr" ist, hat auf dem Messengerdienst Discord "zum Spaß" heikle US-Geheimdienstpapiere hochgeladen. Bei den Dokumenten handelt es sich um die sogenannten Pentagon-Leaks, bei Discord laut vielen Medienberichten um ein "Gamerforum". Wieso sich der Mitarbeiter einer Militärbasis gerade dort herumgetrieben hat, was Discord genau ist und warum es auch dank des aktuellen KI-Hypes mehr als nur ein "Gamerforum" ist, werden wir hier beantworten.

Gamerforum

Tatsächlich wurde Discord geschaffen, damit sich Computerspieler während des Spielens parallel unterhalten können. Gerade bei Games, die viel Koordination benötigen – gruppenbasierte Rollenspieler oder taktisch angelegte Spiele –, hat sich der Dienst wie ein Lauffeuer verbreitet. Der große Vorteil: Man kann mehrere Chats gleichzeitig in einer Gruppe anlegen. So gibt es in vielen Foren, die von Spielern angelegt werden, einen Hauptkanal und viele Subkanäle, wo man sich in kleinerer Runde austauschen kann. Das kann via Sprachchat oder einfach via Text geschehen.

Vor Discord nutzten Spieler vor allem Skype und Teamspeak, das Mehr an Funktionen und die geringeren Auswirkungen auf die Leistung des PCs ließen Discord jedoch schnell an der Konkurrenz vorbeiziehen.

Wer ist Discord?

Discord wurde von Jason Citron geschaffen, der selbst Gamer war und mit den bestehenden Services nicht viel anfangen konnte. 2015 ging seine Software unter dem Domain-Namen discordapp.com online. Laut dem Schöpfer war die Anwendung nicht speziell für Gamer gemacht, doch gerade in diesen Communitys verbreitete sich die Botschaft am schnellsten. Der Grund ist, dass viele Gamer seit Jahren online sein müssen, um spielen zu können, und damit auch affin für Informationsplattformen wie Reddit sind. Dort wurde der neue Service ebenfalls viel diskutiert, und bald wurde Discord auch für online stattfindende Turniere als Kommunikationsplattform genutzt.

Immer wieder fanden sich Investoren, etwa Warner Media, und neue Funktionen wurden eingeführt. So wurden ab 2017 Videoanrufe möglich, und ab 2018 konnten dank einer Kooperation mit Microsoft alle Xbox-Spieler Discord auch auf der Konsole nutzen. 2023 zog dann auch Sony nach, und so kann man mittlerweile den Messenger auch auf der Playstation nutzen.

Entwicklung

Mit der Corona-Pandemie stiegen die Nutzerinnenzahlen bei Discord massiv an. Das Unternehmen änderte deshalb sein Motto von "Chat for Gamers" auf "Chat for Communities and Friends". In einer Pressemeldung ließ Discord wissen, dass der Fokus der Plattform weg von Videospielen gehen und der Messenger eine Plattform für eine "universelle Kommunikation" werden soll. Auch die Website wurde angepasst, der Domain-Name auf discord.com geändert und ein Bezahlabo namens Nitro eingeführt. 100 Millionen Dollar ließ sich Discord die Anpassungen kosten.

Eine Unterlassungserklärung von Google gegen zwei Musik-Bots auf Discord, die Lieder auf Youtube ohne Werbung schauen ließen, mündete in eine Kooperation. Mittlerweile kann man in Discord "Watchpartys" mit Freunden abhalten, also gemeinsam Youtube-Videos schauen. Jeder bei sich zu Hause, versteht sich, aber mit synchronisiertem Bewegtbild.

Mittlerweile war das Unternehmen laut Analysten zehn Milliarden Dollar wert, und es mehrten sich Gerüchte, dass Firmen wie Microsoft Discord kaufen wollen. Der Umsatz lag bereits bei rund 130 Millionen Dollar pro Jahr.

Wo liegen die Daten?

Die Daten laufen über die US-Server des Unternehmens, also der Discord Inc. Wichtig ist es den Leuten hinter dem Service, dass Discord von jedem Gerät und jedem Ort angesteuert werden kann. So läuft Discord auf Windows, macOS, Linux, Android und iOS.

Für Kritik sorgten Anfang des Jahres Änderungen an den Privatsphärerichtlinien. Konkret für Aufregung sorgte die Entfernung einer bestimmten Passage. In dieser hielt Discord fest, dass man keine Chats, Sprachkommunikation oder Videocalls aufzeichne und im Falle, dass sich dies ändern sollte, die Nutzer informieren werde. Allerdings findet sich auch die Information, dass "hochgeladene Inhalte" von Nutzerinnen gesammelt werden können.

Nachdem sich mehrere Nutzer dazu negativ geäußert hatten, änderte das Unternehmen diese Passage und stellt klar, dass man "Inhalte" grundsätzlich nicht speichere. Dies könne sich in Zukunft aber wieder ändern.

Firmen wie Midjourney pflegen mittlerweile ihre Community auf dem Messengerdienst Discord oder stellen ihre Services sogar nur über diese Plattform zur Verfügung.
Foto: Screenshot/Discord

Community für alle

Der für die aktuellen Leaks verantwortliche Mann nutzte die Plattform offensichtlich, genau wie rund 150 Millionen andere aktive Nutzerinnen. Da sich Discord im Internet befindet, wird es vor allem von technikaffinen Personen benutzt, die oft auch beruflich PCs oder Messengerdienste nutzen. Deshalb finden sich auf Discord mittlerweile auch Firmen, die via Discord ihre Community aufbauen und pflegen.

Eine davon ist Midjourney, die seit März 2022 auf Discord eine solche Chatgruppe am Laufen hat. Nur mit einem Discord-Account kann man die KI-Software nutzen, die in den letzten Monaten mit fotorealistischen und auch sehr abstrakten Bildern für Aufsehen gesorgt hat.

Leak-Plattform?

Warum gerade Discord für den Leak ausgesucht wurde, ist unbekannt. Der Messenger ist eine Plattform wie viele andere auch. Theoretisch hätte der "Waffennarr" auch eine Telegram-, Whatsapp- oder Signal-Gruppe für diese Tat nutzen können.

Für einen "Leak" im Internet braucht es zudem nicht einmal geheime Dokumente, es reichen manchmal auch nur Fotos oder Videos, wie ein Fall im Jänner gezeigt hat. Damals hatte ein russischer Soldat mit Postings auf einer Social-Media-Plattform dafür gesorgt, dass die ukrainischen Streitkräfte die genaue Position eines Speznas-Stützpunkts ausmachen und diesen zerstören konnten. (aam, 13.4.2023)