Auch das Promobild von "Supplice" macht klar, worum es in diesem Game geht: auf Aliens ballern.

Foto: Hyperstrange

Die Headline dieser Rezension stammt nicht von uns. Sie ist ein fett gedrucktes Zitat auf der Steam-Seite des neuen First-Person-Shooters "Supplice", das zugleich zeigt, worum es in dem Indie-Game geht: "Doom", dem Klassiker aus dem Jahr 1993, möglichst authentisch nachzueifern. Hinter dem Projekt stehen diverse Menschen, die das Original bereits mit diversen Mods bereichert haben. Außerdem basiert das spiel auf der GZDoom-Engine, die durch ebenjenen Elternschreck inspiriert wurde.

Umfangreich im Early Access

Aktuell ist "Supplice" für PC erhältlich und befindet sich im Early Access – es ist also noch nicht ganz fertig, kann aber schon für knapp 15 Euro gekauft und gespielt werden. Die bisherige Entwicklungszeit lag – mit diversen Pausen – bei satten 14 Jahren, in denen sich das Game von einer simplen "Doom"-Erweiterung zu einem alleinstehenden Spiel entwickelte.

Hyperstrange

Insgesamt soll es sechs Episoden geben, wovon die erste nun veröffentlicht wurde. Sie besteht aus fünf umfangreichen Karten, für welche die die Developer insgesamt je nach Schwierigkeitsgrad und Spielstil eine Spielzeit von 2,5 bis 4,5 Stunden prognostizieren. Ganz in der Tradition der "Doom"-Modder gibt es aber auch jetzt schon die Möglichkeit, eigene Karten zu integrieren, und die ersten Fans haben sich bereits ans Werk gemacht.

Die weiteren Episoden sollen in einer Frequenz von zwei bis drei Monaten folgen. Das finale Spiel soll demnach laut Plan im zweiten Quartal 2024 erscheinen und dann geringfügig mehr – aber nicht über 20 Dollar – kosten. Der STANDARD hat in die erste Version des höllischen Spektakels schon einmal hineingeschnuppert.

In bester "Doom"-Tradition

Schon in den ersten Sekunden des Spiels wird klar: Die Developer von Mekworx halten ihr Versprechen, das alte "Doom"-Gefühl ist sofort wieder da. So finden wir uns auf einem fernen Planeten wieder und müssen uns sofort gegen bösartige Aliens zur Wehr setzen – keine Einleitung, keine Erklärung, es wird erst mal wild geballert. Beziehungsweise gebohrt: Unsere erste Waffe ist nämlich eine Mischung aus Nah- und Fernkampfgerät, das die Gegner mit Schockwellen wegstoßen oder aufbohren kann. Dabei spritzt natürlich literweise Pixelblut.

Bumm, bumm, bumm!
Foto: Hyperstrange

Die Grafik ist dem Vorbild nämlich ebenfalls treu geblieben, alles ist in "Supplice" pixelig geraten. Ähnliches gilt für die Soundeffekte. Die Waffen wummern, die Monster grunzen – so gehört sich das, das wollen die Fans dieses Genres, das sich als "Boomer Shooter" definiert: First-Person-Shooter für jene Menschen, die in den 1990ern Klassiker wie "Doom" oder "Wolfenstein" gezockt haben und dieses Gefühl nun wiederbeleben wollen. Aber gilt man mit Anfang 40 eigentlich schon als Boomer? Diese Diskussion möchten wir gerne dem Forum überlassen.

Vieles gleich, manches anders

Moderner als bei den Klassikern kommt der rockige und sauber produzierte Soundtrack mit ausführlichen Gitarrensoli daher, der das Spielgeschehen gut untermalt und zum stetigen Weiterballern animiert. Und auch eine andere Neuerung macht sich bereits in den ersten Spielminuten bemerkbar: "Supplice" bemüht sich nämlich, eine Story zu erzählen.

Bezüglich der Steuerung hat man in "Supplice" die Qual der Wahl.
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In dieser geht es grob gesagt darum, dass Aliens eine auf Terraforming spezialisierte menschliche Kolonie auf einem fernen Planeten überrannt haben und wir uns nun alleine – ausgestattet mit einem stetig wachsenden Waffenarsenal – gegen die außerirdischen Fieslinge zur Wehr setzen.

Erzählt wird diese Geschichte aber nicht in Form von Cutscenes, wie man sie aus modernen Games kennt, sondern durch schriftliche Einträge in Computerterminals – und Sie ahnen es schon: So liebevoll diese Texte auch geschrieben wurden, so sehr verliert man nach kurzer Zeit die Motivation, alle von ihnen zu lesen.

Die Handlung wird über Screens wie diesen erzählt.
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Das ist auch deswegen ärgerlich, weil über diese Terminals auch die nächsten Missionsziele bekanntgegeben werden – diese gibt es nämlich in "Supplice" ebenfalls. So rennt man nicht stumpfsinnig von A nach B und schießt dabei möglichst viele Gegner über den Haufen, sondern muss sich auf den wie erwähnt sehr großen Karten seinen eigenen Weg suchen. Ob man das mag, ist Geschmackssache: Manche Gamerinnen und Gamer ziehen eine geradlinige Handlung vor, andere entdecken lieber selbst. "Bioshock: Infinite" vs. "Elden Ring".

Beibehalten gegenüber den Originalen aus den 1990ern wurden übrigens auch Aspekte der Steuerung. So kann gewählt werden, ob man sich mit der WASD-Tastenkombi und Maus oder klassisch mit Pfeiltasten durch das Spiel bewegt. Auch Controller werden unterstützt. Springen ist gänzlich unmöglich – was leider entsprechende spielerische Einschränkungen mit sich bringt.

Fazit: Futter für die Zielgruppe

"Supplice" holt 40-jährige Pseudoboomer dort ab, wo sie sich befinden: bei dem nostalgischen Gefühl, dass Shooter früher einfach mehr Spaß gemacht haben und unsere Jugend überhaupt viel sorgloser war. Doch dieser Eindruck währt nur kurz: Nach den ersten Minuten zeigt "Supplice", dass es auch eine Story erzählen kann, wenn man sich darauf einlässt, und dass die Orientierung öfters auch mal Hirnschmalz erfordert.

Die verschieden Schwierigkeitsgrade kommen den unterschiedlichen Spielertypen gut entgegen, und die naturgemäße Offenheit für Modding birgt viel Potenzial. Summa summarum dürfte "Supplice" sicher kein Blockbuster werden, bietet der Zielgruppe aber sicher ein paar Abende gute Unterhaltung, bevor sie am nächsten Morgen wieder die Kinder in die Schule bringen und den restlichen Tag in langweiligen Meetings verbringen. (Stefan Mey, 14.4.2023)