Die steigende Konzentration an Treibhausgasen sorgt für eine Erwärmung des Planeten. Doch nicht nur die Erdoberfläche wird dabei wärmer, sondern auch die Atmosphäre selbst. Der Anstieg sei seit dem Jahr 2000 viermal so stark gewesen wie in den vier Jahrzehnten zuvor, berichtetet ein Team der Universität Graz um den Geophysiker Gottfried Kirchengast im Fachjournal "Earth System Science Data". In der Nordhemisphäre, außerhalb der Tropen, war er sogar rund sechsmal so stark. Das treibt Wetter- und Klimaextreme noch stärker voran.

Ein Braunkohlekraftwerk im deutschen Nordrhein-Westfalen.
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Die Grazer Gruppe hat an einer großangelegten internationalen Studie teilgenommen, die im Rahmen des "Global Climate Observing System"-Programms der Vereinten Nationen durchgeführt wurde.

Menschlicher Ursprung

"Eine derart starke Wärmezunahme in so kurzer Zeit ist rein durch natürliche Schwankungen nicht erklärbar", ist sich Gottfried Kirchengast vom Grazer Wegener Center für Klima und Globalen Wandel und dem Institut für Physik der Uni Graz als einer der Hauptautoren der Arbeit sicher. Er sieht den Grund dafür in den vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen. Die zunehmende Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre verursache ein Energie-Ungleichgewicht zwischen der auf der Erde eintreffenden Sonnenstrahlung und der Rückstrahlung, die durch den Treibhausgasanstieg vermindert wird.

"Dadurch verbleibt Jahr für Jahr ein riesiger Energieüberschuss von rund 13 Billionen Gigajoule im Erdsystem, mehr als das Zwanzigfache des Weltenergieverbrauchs. Das treibt die globale Erwärmung unausweichlich voran. Nur eine Emissionsreduktion auf null kann diesen Prozess stoppen", betont Kirchengast.

Die jüngsten Auswertungen liefern eine aktuelle Bestandsaufnahme des Wärmehaushalts der Erde. Sie zeigt, wie stark sich seit den 1960er-Jahren die überschüssigen Energiemengen in den Meeren, den Landmassen und der Lufthülle des Planeten ansammeln. Demnach speichern die Weltmeere rund 89 Prozent dieser Energie, fünf Prozent das Land, vier Prozent treibt das Abschmelzen des Eises voran, und rund zwei Prozent gehen in die Atmosphäre.

Die Zunahme der Wärmeenergie auf der Erde ist hier in einer Grafik aufgeschlüsselt.
Foto: WEGC-UniGraz 2023

Die Meere als Puffer

"Zwar nimmt die Atmosphäre – vor allem dank der Pufferspeicherung der Meere – nur die kleinste absolute Wärmemenge auf. Relativ betrachtet sind ihre Veränderungen aber am stärksten und am unmittelbarsten für uns spürbar, etwa durch stärkere Wetter- und Klimaextreme", resümierte Kirchengast. "Die Wärmezunahme in der Lufthülle ist ein fundamentaler Zeiger des Klimawandels", betonte der Forscher.

Kirchengasts Forschungsgruppe zählt zu den international führenden auf dem Gebiet der Klimabeobachtung in der Atmosphäre und der Analyse des Klimawandels. Von österreichischer Seite gehörten dem Studienteam auch Maximilian Gorfer und Andrea Steiner von der Universität Graz sowie Michael Mayer und Leopold Haimberger von der Universität Wien an.

Das Team empfiehlt, eine regelmäßige "Wärme-Inventur" in die globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake) des Pariser Klimaabkommens aufzunehmen. Heuer wird sie erstmals durchgeführt. Es geht darum, den Fortschritt bei der Verwirklichung der vereinbarten Klimaziele zu bewerten. (APA, red, 17.4.2023)