In den 1980er-Jahren war ein Discobesuch unweigerlich mit dem Genuss eines Getränkes und dem damit verbundenen im Kollektiv durchgeführten Ritual verbunden: Man träufelte Zitrone auf den Handrücken, streute Salz darauf, leckte die Hand ab und spülte als Shot den durchsichtigen, hellen Tequila nach. Der Shot hieß im Übrigen damals noch Stamperl, aber das ist ein anderes Thema. Anschließend biss man in die Zitronenspalte, verzog das Gesicht und fragte sich insgeheim, warum man überhaupt mitmachte. Ein bisschen fühlte es sich immer wie eine kleine Mutprobe an. Hinzu kam die schaurige Geschichte, dass in Tequila-Flaschen Würmer eingelegt wären, was für zusätzliches Grausen sorgte. Damals ließ sich der Wahrheitsgehalt nicht so einfach überprüfen, einfach am Handy zu googeln war nicht möglich. Und so wurde die Story mit dem Wurm immer weitererzählt. Ganz falsch ist die Erzählung nicht, ganz richtig auch nicht, aber dazu später.

Heute sind es eher die Designs vieler Tequila-Flaschen, die bei Zartbesaiteten für Grusel sorgen könnten. Sind doch viele von ihnen mit Totenköpfen geschmückt oder kommen überhaupt als totenkopfförmige Glasgefäße in den Laden. Ein Bezug auf Mexiko, das Herkunftsland des Tequila, wo der Día de los Muertos, der Tag der Toten am 2. November, als einer der wichtigsten Feiertage gilt.

Blaue Agaven

Tequila wird wie alle Mezcalarten aus Agavenherzen hergestellt. Dabei handelt es sich um das Innere einer Sukkulente, deren Aussehen an eine riesige Ananas erinnert. Mezcal ist ein Überbegriff für ausschließlich in Mexiko produzierte Agavenschnäpse. Doch während Mezcal aus einer Vielzahl an Agavensorten produziert werden kann, darf für Tequila nur die Blaue Agave verwendet werden und es gibt geografische Einschränkungen für Produktion und Abfüllung.

Die Agavenherzen werden von den Blättern befreit und zerkleinert.
Foto: EPA/FRANCISCO GUASCO

In den USA boomt Tequila (aber auch Mezcal) seit Jahren, nicht umsonst setzen Promis wie Kendall Jenner oder Justin Timberlake auf eigene Marken. Im Vorjahr übertraf der Tequila-Umsatz dort jenen von American Whiskey. Der Hype der Agavenschnäpse hat in Mexiko jedoch auch Schattenseiten. Riesige Monokulturen verändern die Landschaft, Wälder werden abgeholzt, Felder statt für den Anbau von Nahrungsmitteln für jenen von Agaven genutzt.

Ein Agavenfeld in Mexiko.
Foto: EPA/FRANCISCO GUASCO

Rafael Topf, Spirituosenexperte beim Getränkegroßhändler Del Fabro Kolarik, erklärt die Mengen, die in den USA konsumiert werden mit der geografischen Nähe zu Mexiko. US-Amerikaner seien dadurch generell Tequila-affin. Tequila sei für große internationale Konzerne ein Riesenthema, mit dem sich viel Geld erzielen lasse, weil die Lohnkosten in Mexiko niedrig seien.

Mezcal statt Tequila

In Österreich könne man nicht von Boom sprechen, meint Topf. Vor rund 15 Jahren sei Tequila ein größeres Thema gewesen, als das Zitronenritual von einer Marke gehypt wurde. Doch die Menschen hierzulande verbänden meist keine besonders positive Erinnerung mit Tequila. Auch wenn die Vielfalt und die Wahrnehmung der Spirituose durchaus ansteige, sehe er hochwertige, mehrere Jahre im Fass gereifte Tequilas als Nischentrend. Anders verhält es sich bei Mezcal, erzählt Topf. Dieser werde von Kleinproduzenten häufig noch handwerklich produziert. Die Agavenherzen werden mit heißen Steinen und Holzkohle tagelang in Erdlöchern gegart, danach der daraus gewonnene Saft vergoren und gebrannt. Durch das Verfahren entsteht ein intensiver, rauchiger Geschmack. Jene Mezcalsorten seien in der heimischen Barszene sehr gefragt.

Aber zurück zum Wurm, der in Wirklichkeit eine Mottenraupe ist. Er schwimmt nicht im Tequila, sondern in manch günstigerer Mezcalflasche, und das erst seit den 1950er-Jahren – ein Marketinggag. Wer Lust auf echten Grusel mit Tequila hat, dem sei der Vampirfilmklassiker From Dusk Till Dawn empfohlen, in dem Salma Hayek in einer Szene eine Flasche Tequila ausleert und die Flüssigkeit über ihren Fuß in den Mund von Quentin Tarantino laufen lässt – der Auftakt eines blutigen Spektakels. (RONDO Exklusiv, Petra Eder, 2.5.2023)

Rhode Island Entertainment Networks Group

Tequila Sunrise

45 ml Tequila
90 ml Orangensaft
15 ml Grenadinesirup
Orangenscheibe

Ein Glas mit Eiswürfeln füllen. Tequila und Orangensaft dazuleeren. Grenadinesirup vorsichtig darüberleeren, jedoch nicht verrühren. Mit der Orangenscheibe garnieren.

Der Tequila Sunrise-Cocktail soll erstmalig in Cancun und Acapulco in den 1950er Jahren serviert worden sein.
Foto: Getty Images / iStockphoto