Der Influencer Satansbratan ist in Österreich eine echte Größe: Er hat 450.000 Follower auf Tiktok, 130.000 auf Instagram. Auch für die ÖBB macht er Werbung.
Foto: ÖBB

"Es ist 2023, und man braucht ein Zeugnis um weiterzukommen? Sog amoi, hot's di?" Mit diesen Worten startet der Influencer Satansbratan ein Tiktok-Video der ÖBB. Das Ziel: Junge Menschen sollen sich für eine Lehre bei der ÖBB via Tiktok bewerben. Eine innovative Idee oder nur eine weitere Werbemasche?

Sehr viele neue Angestellte gesucht

Eines ist klar: Die ÖBB sucht in diesem und den kommenden Jahren jährlich rund 3.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter allein 600 Auszubildende. Allerhöchste Eisenbahn also, alle Werbewege zu nutzen, um die richtigen Menschen zu finden.

Doch wo treiben sich die Jungen rum? Richtig: auf Social Media. Genauer gesagt: auf Tiktok. Viele Firmen werben bereits in den sozialen Medien. Sie laden Videos hoch mit dem Inhalt, dass bei ihnen Stellen frei sind. Nun gehen aber einige Firmen weiter. Nun kann man sich direkt über Tiktok bewerben. So lautet zumindest das Versprechen.

Über Tiktok bewerben – so geht's

Wie funktioniert das Prozedere wirklich? Einfach das Video kommentieren oder selbst eines drehen und auf das Kampagnenvideo verlinken und posten. Dies muss nicht immer öffentlich passieren. Das Video kann auch als private Nachricht an das Unternehmen geschickt werden.

"Wichtig ist, dass man motiviert ist und das auch rüberbringt", erklärt Ursula Bazant, Geschäftsbereichsleiterin für Aus- und Weiterbildung der ÖBB-Infrastruktur-Abteilung. Und wie geht es weiter? "Dann setzt sich eine Mitarbeiterin oder Mitarbeiter von uns mit den Personen in Social Media in Verbindung, verweist auf die Website nasicher.at und erklärt weitere Vorgehensweisen."

Eingeladen wird man zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Denn man muss sich trotzdem über das Onlineportal bewerben. Mit Lebenslauf, Motivationsschreiben und Zeugnissen der letzten Schuljahre. Auf dieser Grundlage wird aussortiert und eingeladen. Bringt es also etwas, schon vorher eine Tiktok-Bewerbung, vielleicht sogar mit einem aufwendig produzierten Video, einzureichen? "Tiktok-Bewerbungen bekommen bei uns einen Startvorteil, weil das ja ganz besonders die Motivation und das Engagement zeigt", sagt Bazant.

In Österreich suchen bisher nur sehr wenige ihr Personal über diese Kanäle. In anderen Ländern werben schon mehr Firmen über Tiktok. Beispielsweise suchte der Musikstreamingdienst Deezer für seinen Standort in Mexiko eine neue Person für sein Social-Media-Team via Tiktok.

Zeugnis noch immer wichtig

Aber zurück nach Österreich. Unter dem Werbevideo der ÖBB finden sich momentan rund 250 Kommentare. Viele berichten erfreut über eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch oder die erfolgreiche Einstellung. Einige sind aber etwas unzufrieden: Sie seien aufgrund ihrer Noten nicht genommen worden, sagen sie. Ist das Zeugnis also doch wichtiger als in dem Video versprochen?

"In Social Media werden Dinge oft überspitzt dargestellt. Wir sehen uns zwar die Zeugnisse immer noch an, jedoch sind sie definitiv nicht das wichtigste Kriterium", sagt Ursula Bazant. Die Motivation und das Abschneiden in im Eignungstest sowie der persönliche Kontakt seien viel entscheidender, berichtet sie.

Auf der Tiktok-Seite @gemmalehre des Waff findet man alles rund um das Thema Lehre.

Gutes Employer Branding

Viele junge Menschen schauen sich diese Werbevideos an. Über eine Million Views haben sie bereits. Liest man die Kommentare, so zeigt sich, das Video hat die gewünschte Wirkung. Viele schreiben, dass sie gerne eine Lehre beginnen wollen, stellen Fragen und teilen ihre Erfahrungen über die Lehre. Fakt ist: Das Video bringt Aufmerksamkeit, spricht Jugendliche an.

Antwortet man als Unternehmen schnell und zuverlässig, so Bazant, komme man mit vielen in direkten Kontakt. Und sie gibt noch einen Tipp: "Wenn Sie die Jugendlichen dann zum Bewerbungsgespräch oder anderen Terminen einladen, schreiben Sie besser eine SMS oder rufen Sie an. Denn E-Mails lesen die Jungen kaum mehr." Sie spricht aus Erfahrung, sagt sie.

Kreativität gefragt

Die Kampagne und die Interaktion mit den potenziellen Bewerbenden ist aufwendig. Schnelles Antworten auf die Nachrichten und Kommentare in Social Media sei essenziell, meint Bazant. In der ÖBB arbeiten deswegen die Personalabteilung und die Marketingabteilung eng zusammen. Und wenn sie Mal nicht weiter wissen? Dann wenden sie sich an ihre eignen Lehrlinge. Denn diese betreiben den ÖBB-Tiktok-Kanal, der mittlerweile schon 19.500 Follower hat. (Natascha Ickert, 20.4.2023)