Ein großer Player im Kriegsland steckt in Problemen: eine RBI-Filiale in Moskau.

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Bankgarantien sind Alltag in der internationalen Handels- und Finanzwelt. Sie dienen als Instrument, Handelspartner zusammenzubringen, die einander noch wenig kennen und vertrauen.

Die Vorgangsweise, grob erklärt: Angenommen, ein österreichisches Unternehmen möchte etwas an ein russisches verkaufen, fürchtet aber einen Zahlungsausfall oder sonstige Probleme seitens der Russen. Also bietet die Hausbank des russischen Unternehmens, um derlei Bedenken auszuräumen, dem österreichischen eine Bankgarantie. Das bedeutet, die Hausbank der Russen zahlt dann in jedem Fall für die Leistung an die Österreicher, was immer mit dem dahinterstehenden russischen Unternehmen geschieht. Das österreichische Unternehmen liefert also wie vereinbart – und sollte es tatsächlich zu Problemen kommen, zahlt die Bank anstelle des russischen Partnerunternehmens. Später kann sie sich das Geld von ihrem Kunden zurückholen.

Alltag in der internationalen Geschäftswelt

So weit, so alltäglich. Bei Exportgeschäften und bei grenzüberschreitenden Großaufträgen, beispielsweise im Bauwesen, sind Bankgarantien nicht wegzudenken.

Nun aber stellt die Raiffeisenbank International (RBI) für internationale Geschäfte mit Russland-Konnex seit kurzem keine Bankgarantien mehr aus. Das berichten Kenner der internationalen Geschäftswelt dem STANDARD. Die RBI – eine der wenigen westlichen Banken, die noch in Russland operieren – gilt als ein Knotenpunkt für die verbliebenen Finanzströme zwischen dem Westen und Russland. Das Ende der Bankgarantien zeigt eindrücklich, wie der internationale Handel und finanzielle Verkehr mit dem Kriegsland in Folge des Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 hinuntergefahren wird.

"Agieren sehr restriktiv"

Was sagt die RBI dazu? In einer schriftlichen Stellungnahme an den STANDARD wird der Schritt weitgehend bestätigt. "Wir versuchen, Garantie-Neuausstellungen zu vermeiden", heißt es von einer Sprecherin des Instituts. Allerdings: "Die Aussage, dass wir gar keine Bankgarantien mehr ausstellen, stimmt so nicht." Man agiere lediglich "sehr vorausschauend und daher auch sehr restriktiv". Grund für die Vorgangsweise laut RBI: "Das Risiko, dass eine der Parteien, Waren oder Transportwege während der Garantielaufzeit sanktioniert wird, erachten wir als sehr hoch." Überdies verweist die RBI darauf, dass das Garantiegeschäft schon langer heruntergefahren werde: "Unser Garantie- und Akkreditivobligo mit Russland-Nexus beläuft sich per Ende März auf nicht einmal zehn Prozent des Vorkriegsniveaus."

Seit Monaten wird die RBI im In- und Ausland scharf dafür kritisiert, weiterhin in Russland tätig zu sein. Sie steht auch unter Beobachtung der US-Sanktionsbehörde. Laut eigenem Bekunden prüft man derzeit alle Optionen bis hin zu einem Rückzug aus dem Kriegsland. Dieser dürfte sich allerdings in der Praxis schwierig gestalten. Derzeit werden sämtliche Möglichkeiten eruiert. Sie reichen von einem Verkauf der RBI-Russland-Tochterbank über eine Aufspaltung des börsennotierten Wiener Bankhauses bis hin zu (angeblich) einem Asset-Tausch mit Finanzinstituten in Russland. (Joseph Gepp, 22.4.2023)