Es sei "ein Erfolg, wie weit man gekommen ist". Das erklärte am Tag nach dem Jungfernflug und dem folgenden spektakulären Auseinanderbrechen der bislang leistungsfähigsten Rakete, des Starship des Weltraumunternehmens Space X, der Weltraumforscher Werner Magnes. Man müsse sich vor Augen halten, wie "superambitioniert" das Projekt ist, sagt der Forscher, der am Institut für Weltraumforschung (IWF) der Akademie der Wissenschaften in Graz arbeitet.

VIDEO: Starship-Riesenrakete von SpaceX explodiert bei erstem Testflug.
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Die Starship-Dimensionen seien beeindruckend, sagt Magnes, der die Forschungsgruppe zu Weltraummagnetometern am IWF leitet. Sein Team hat den Start am Donnerstag live mitverfolgt. Das 120 Meter lange System soll künftig weit über 100 Tonnen Ladung ins All transportieren. Dort soll es dann auch betankt werden können. Mit dem Starship will man laut Plänen der US-Weltraumagentur Nasa schon im Jahr 2025 Astronauten auf den Mond bringen. Space X hofft sogar, mit dem ausgeklügelten System einmal bis zum Mars zu kommen.

Beim Start war noch alles in Ordnung. Doch das Abkoppeln der ersten Raketenstufe scheiterte.
Foto: EPA/ABRAHAM PINEDA-JACOME

Enorme Massen nötig

Für die Mond-Pläne müssen jedenfalls "enorme Massen" ins All gebracht werden. Dass es möglich ist, damit abzuheben, konnte am Donnerstag jedenfalls gezeigt werden. Im Vergleich zum vergangene Woche erfolgten Liftoff der Juice-Mission der europäischen Weltraumorganisation Esa, an der auch die Grazer Forscher beteiligt sind, habe man es hier mit einer anderen Welt zu tun. Die europäische Ariane-5-Rakete hatte 770 Tonnen Startgewicht, das mehr als doppelt so hohe Space-X-System hob mit 5.000 Tonnen Gewicht ab. Magnes: "Das sind unglaubliche Ausmaße. Das ist schon eine große Leistung."

Nach rund drei Minuten war der Flug aber bereits vorbei. Offensichtlich gab es Probleme bei der Abtrennung der alleine 70 Meter hohen ersten Booster-Stufe namens "Super Heavy". Dazu gebe es nun Sensordaten zu den Temperaturen und Geschwindigkeiten in Hülle und Fülle, die die Forscher durchforsten müssen. Schon davor erschien der Flug der Rakete aber nicht mehr stabil. Für Magnes ein Indiz, dass man schon vor der geplanten Abtrennung "vom Pfad abgekommen ist" und man das Vehikel vor dem Booster-Absprengen kontrolliert explodieren ließ.

Nur wenige Minuten nach dem Start ging die Rakete als Trümmerregen nieder.
Foto: IMAGO/Xinhua

Vieles muss zusammenpassen

Alleine die Erfahrung, die man am IWF mit der Konstruktion von Weltraumtechnologie habe, mache demütig, weil einfach sehr viel zusammenpassen muss und entsprechend viel schiefgehen kann, so Magnes. Nun heiße es für die US-Kollegen: "Aufstehen, Krone richten, und weiter geht's."

Aus dem ersten Test werde man "gewaltig viel lernen", sagt Magnes. Wann der nächste Flug stattfinden kann, könne bis dato niemand einschätzen. Hat man es mit einem einzigen Problem als Ausgangspunkt zu tun, geht es sicher schneller, als wenn man in der Analyse über einen Designfehler stolpert. Hier rauchen nun vielerorts die Köpfe.

Das hat auch Auswirkungen auf die bemannten Mondmissionen der Nasa im Rahmen des Artemis-Programms, an dem auch die Esa beteiligt ist. Das Starship soll Menschen auf den Mond bringen. Das sei seine Hauptaufgabe, sagt Magnes. "Um diese Pläne einzuhalten, hätte wahrscheinlich der gestrige Start absolut perfekt funktionieren müssen", gibt sich der Forscher wenig hoffnungsvoll. (APA, red, 21.4.2023)