Zahlen reiche Menschen zu wenig Steuern? Die Debatte hat in den jüngsten Krisen wieder Fahrt aufgenommen. Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher befürworten eine Besteuerung von großen Vermögen. Darauf deuten Umfragen hin. Industrie, Unternehmerverbände, ÖVP und andere sind dagegen. Derzeit gibt es in Österreich vermögensbezogene Steuern in Form von Grundsteuern (die auf veralteten Einheitswerten beruhen) für den Besitz von Land und Immobilien und Grunderwerbsteuer bei deren Kauf. Diese fällt sowohl für entgeltliche und unentgeltliche (Vererbung, Schenkung) Vermögensübertragungen im Immobilienbereich an. Die meisten OECD-Länder nehmen deutlich mehr Geld mit vermögensbezogenen Steuern ein als Österreich – im Schnitt knapp unter zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), hierzulande sind es rund 0,5 Prozent. Bei der Steuerquote liegt Österreich aber im Spitzenfeld.

Millionärssteuer

Doch was steckt dahinter, wenn Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler erneut den Klassiker "Millionärssteuer" für "Millionenerben" aus dem Hut zaubert? Kogler beschreibt das so: Wenn jemand eine "fette Villa" oder "astronomische Aktienpakete" erbe, zahle er derzeit "nix – null, niente, nada" für die Gemeinschaft, eine "himmelschreiende Ungerechtigkeit". Fällt das Wort Millionärssteuer, ist damit zunächst einmal nur ein politisches Schlagwort gemeint.

Rufe nach Vermögenssteuern wurden zuletzt nicht nur in Österreich laut. Die Bastion der Gegner spricht von "Klassenkampf".
Foto: IMAGO/HATIM KAGHAT

Selbst in der SPÖ, die ebenfalls eine Millionärssteuer fordert, stimmt man nicht ganz überein. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sprach sich im STANDARD jüngst für eine Millionärssteuer ab einer Million Euro aus. Andreas Babler hält das ebenfalls für angemessen und schlägt eine Erbschaftssteuer mit einem Freibetrag von einer Million Euro vor.

Vermögenssteuer

Bei einer Vermögenssteuer, wie sie in Österreich 1993 abgeschafft wurde (der Steuersatz betrug ein Prozent), wird das Vermögen ab einer bestimmten Schwelle besteuert. Die Krux liegt im Detail. Abgeschafft wurde sie 1993 auf Initiative des SPÖ-Finanzministers Ferdinand Lacina. Es kam wenig herein. Noch ein Grund: Sie traf primär Unternehmen und nicht wohlhabende Privatpersonen. Eine davon, der verstorbene Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz hatte übrigens dereinst erklärt, dass er eine Vermögensteuer "durchaus fair und legitim" fände.

Die Gewerkschaft hat jüngst einen Vorschlag unterbreitet, der dieses Problem umgehen will. Erfasst würde das Privatvermögen: Wertpapiere, Guthaben auf Konto und Sparbuch, Grundstücke, Immobilien, Privat-Pkws. Betriebsvermögen bliebe unangetastet, Schulden wären steuermindernd.

Die Vermögenssteuer wurde 1993 abgeschafft. Sie brachte dem Staat überschaubare Einnahmen.
Foto: APA/AFP/CHRISTOPHE ARCHAMBAULT

Bei einem privaten Nettovermögen von ein bis zwei Millionen Euro fielen 0,5 Prozent an, zwischen zwei und drei Millionen ein Prozent, darüber 1,5 Prozent. Geschätzte Einnahmen: fünf Milliarden. Rund vier Prozent der Haushalte wären betroffen, geht aus manchen Berechnungen hervor. Auch das Wifo hat bei einem Steuersatz von einem Prozent für Vermögen über einer Million und 1,5 Prozent für Vermögen über fünf Millionen ein Aufkommen von rund fünf Milliarden geschätzt, hält einen Alleingang Österreichs aber für wenig zielführend.

Erbschaftssteuer

In einer Befragung des Sora-Instituts fand eine Vermögenssteuer mehr Anklang als eine Erbschaftssteuer. Letztere fiel 2008. Sie wäre wohl einfacher zu administrieren als eine Vermögensabgabe. Die SPÖ schlägt einen Freibetrag von einer halben bis einer Million Euro netto vor, bis fünf Millionen fielen 25 Prozent, bis zehn Millionen 30 Prozent und darüber 35 Prozent an. Damit wären nicht nur Superreiche betroffen, sondern auch jene mit etwas größerem Immobilienbesitz. Wieviel würde sie bringen? Fachleute sprechen von einem "beträchtlichen Aufkommenspotenzial." (Regina Bruckner, 2.5.2023)