Besteuerung von Reichen: Würde eine Erbschafts- oder eine Vermögenssteuer besser funktionieren?

Foto: IMAGO/Rupert Oberhäuser

Alle paar Jahre wird ein altes Konzept wieder aus dem politischen Hut gezaubert: die Besteuerung der Reichen in Form von Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuern. Derzeit ist es wieder einmal soweit: Infolge der Kampagne des SPÖ-Vorsitzkandidaten Andreas Babler, des Wahlsiegs der KPÖ bei der Landtagswahl in Salzburg am 23. April und des jüngsten Vorstoßes von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vom Wochenende ist erneut eine Debatte um diese möglichen neuen Steuern entbrannt.

Dabei zeigte eine Erhebung von Sora im Auftrag des gewerkschaftsnahen Thinktanks Momentum-Institut von Anfang April: Vermögenssteuer finden deutlich mehr Anklang als Erbschaftssteuern. Ganze zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) befürworteten die Einführung einer Vermögenssteuer; nicht einmal die Hälfte (48 Prozent) jene einer Erbschaftssteuer.

Warum die Vermögenssteuer so viel Zuspruch findet

Die Gründe für die unterschiedliche Popularität wurden zwar nicht erhoben, doch sie liegen auf der Hand: Mit Vermögenssteuern assoziieren viele Menschen den Zugriff auf die Vermögen Superreicher, mit Erbschaftssteuern unter Umständen das Schröpfen kleiner Häuslbauer – die vielleicht das elterliche Haus auf dem Land erben und dann noch hunderttausende Euro in eine Sanierung investieren müssen.

Ähnlich argumentiert auch Wilfried Altzinger, Leiter des Instituts Economics of Inequality an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. "Jeder glaubt, dass er derjenige ist, der die Erbschaftssteuer zahlen muss", verweist Altzinger auf eine Studie der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Das sei jedoch bei weitem nicht immer der Fall. "Die unteren 20 Prozent erben nur mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn Prozent." Im Schnitt gehe es dabei um lediglich 14.000 Euro. Die oberen 20 Prozent erben demgegenüber mit einer Wahrscheinlichkeit von 65 Prozent und erben dabei im Durchschnitt 240.000 Euro.

Wie eine Vermögenssteuer aussehen könnte

Beide Steuern wurden in Österreich schon einmal abgeschafft: die Vermögenssteuer im Jahr 1993, die Erbschafts- und Schenkungssteuer im Jahr 2008. Was würde eine Wiedereinführung bringen? Und welche der beiden Steuern hätte mehr Potenzial?

Bei einer Vermögenssteuer jedenfalls wird geradeheraus das Vermögen ab einer bestimmten Schwelle besteuert. Der Gewerkschaft GPA schwebt beispielsweise vor, dass Nettovermögen (abzüglich Schulden) inklusive Immobilien ab einer Million Euro einer solchen Steuer unterliegen soll. Laut Gewerkschaft würde das drei bis vier Prozent der österreichischen Haushalte betreffen. Die Steuer wäre progressiv gestaltet. Zwischen einer und zwei Millionen würde sie 0,5 Prozent betragen und bei höherem Vermögen auf bis zu 1,5 Prozent steigen.

Das Potenzial einer solchen Steuer ist durchaus groß. Laut Schätzung der GPA lassen sich nach dem vorgeschlagenen Modell rund fünf Milliarden Euro jährlich lukrieren. Das Problem dabei: Es fehlt die Datengrundlage. "Wir haben extrem unzureichende Daten in Österreich", bemängelt WU-Ökonom Altzinger. "Je weiter wir raufkommen – also um je mehr es geht –, desto unvollkommener werden die Daten."

Erbschaften besteuern wohl leichter umsetzbar

Etwas besser sehe es bei dem Wissen um Erbschaften aus. Schließlich werden diese oft von Behörden und mit Notaren abgewickelt. "Insofern haben wir dort eine bessere – wenngleich immer noch unvollständige – Datengrundlage, da viel Vermögen vorab durch Schenkungen übertragen wird", so Altzinger.

Die Erbschaftssteuer gilt zudem als weniger kapitalfeindlich als die Vermögenssteuer. Der Grund: Es wird kein aktuelles Vermögen besteuert, das sich jemand unter Umständen hart erarbeitet hat – sondern ein solches, das leistungslos hinzukommt, in Form einer Erbschaft oder Schenkung. Auch hier enthalten die gängigen Konzepte Untergrenzen.

Laut Konzept der SPÖ beispielsweise bleiben alle Erbschaften und Schenkungen unter einer Million Euro steuerfrei. Der Häuslbauer bliebe also außen vor, sofern sein geerbtes Haus weniger als eine Million Euro wert ist – und danach würde die Steuer nur auf jene Summe fällig, die den Wert dieser Million überschreitet. Darüber schwebt der SPÖ ebenfalls ein progressives Modell vor: konkret 25 Prozent Erbschaftssteuer zwischen einer und fünf Millionen Euro, 30 Prozent ab fünf Millionen und 35 Prozent ab zehn Millionen.

Die geschätzten Steuereinnahmen liegen nach dem Modell der SPÖ bei rund zwei Milliarden Euro jährlich. Allerdings liegt die letzte auffindbare Schätzung schon acht Jahre in der Vergangenheit.

Zwei Steuern, ein Problem

Beide Steuern bieten also zusätzliche Einnahmen in einstelliger Milliardenhöhe. Doch welche ist nun besser? Geht es nach Wilfried Altzinger von der WU Wien, geht die Debatte darum schon zu sehr ins Detail. Zentral sei, die Steuerlast generell vom Faktor Arbeit in Richtung des Kapitals umzuverteilen. Neben Erbschafts- und Vermögenssteuern gebe es dafür noch die Körperschaftssteuer (KÖSt).

"Wenn man zwei davon abschafft und eine stetig reduziert, bekommt man keine – wie von der OECD jährlich empfohlene – Umverteilung von der Besteuerung des Faktors Arbeit hin zur Besteuerung des Faktors Kapital ", verweist Altzinger auf die Senkung der KÖSt. "Obwohl wir alle wissen, dass das Vermögen extrem ungleich verteilt ist, wird hier seitens der Politik wenig bis nichts gemacht."

Womit also beginnen? "Sowohl Erbschaftssteuer als auch Vermögenssteuer sind erst auf Grundlage eines zentralen Vermögensregisters möglich. Dort muss begonnen werden." (Nicolas Dworak, Joseph Gepp, 2.5.2023)