Die Logitech G Fits versprechen perfekte Passform und stundenlanges Gaming-Vergnügen.

Foto: DER STANDARD, Zellinger

Ist die Rede von Gaming-Headsets, dann handelt es sich meistens um relativ große Overear-Kopfhörer mit schwenkbarem Mikrofon und mehr oder weniger ästhetischen RBG-Spielereien. Doch die Logitech Fits verzichten auf all das und brechen sämtliche Konventionen des vermeintlichen Branchenstandards.

Zuerst handelt es sich bei den Fits nicht um Kopfhörer, sondern um Earbuds, was im Gaming-Segment doch ungewöhnlich ist. Diese sollen durch eine "Lightform" genannte Technologie perfekt an das Ohr der Trägerin oder des Trägers anpassen und so nicht nur für Tragekomfort, sondern auch für perfekte Geräuschisolierung sorgen. Dazu verspricht Logitech eine Laufzeit von mindestens 6,5 Stunden und latenzfreies Hörvergnügen dank der hauseigenen Lightspeed-Verbindung. Ob der Gaming-Ausrüster aus der Schweiz da nicht den Mund ein wenig zu voll genommen hat? Wir machen den Test.

Anmutung wie Erwachsenenspielzeug

Die erste Überraschung erwartet uns nach dem Öffnen der Verpackung: Die beiden länglichen Earbuds kommen vakuumverpackt und in einer Blisterverpackung eingeschweißt daher. Darin sind die weißen Latex-Eartips prominent zu erkennen. Auf den ersten Blick erinnern die Fits eher an Sex-Toys als an Earbuds. Der Eindruck wird nach dem Aufreißen der Verpackung noch einmal verstärkt: Die wenig formstabilen und weichen Latex-Eartips sollen wir uns ins Ohr stecken? Wirklich?

Schmelzende Eartips

Doch der Eindruck täuscht, denn sobald die Fits einmal an Ort und Stelle sitzen, werden wir angewiesen, die dazugehörige App herunterzuladen. Was dann folgt, haben wir noch bei keinem Headset erlebt: In einem etwa einminütigen Vorgang werden die Earbuds mit UV-Licht ausgehärtet. Dies geht mit einer spürbaren, aber nicht unangenehmen Wärmeentwicklung einher.

In diesem Prozess passen sich die anfangs weichen und leicht unförmigen Earbuds genau an den Hörkanal an. Abschließend werden wir noch aufgefordert, unsere violett leuchtenden Ohrwascheln zu fotografieren und das Bild mit Freunden zu teilen. Wir verzichten, das würde wohl im Bekanntenkreis einiges Stirnrunzeln auslösen. Aber Marketing kann man bei Logitech offenbar.

Fix der Hit auf jeder Party: leuchtende Earbuds. Bei den Logitech G Fits handelt es sich aber um mehr als nur um fragwürdige RGB-Beleuchtung.
Foto: DER STANDARD, Zellinger

Tatsächlich ist die Lightform genannte Technologie mehr als nur ein Marketingschmäh: Der Tester ist seit Jahren auf der Suche nach der idealen Passform für Earbuds. Die üblichen Gummi- und Schaumstoffspitzen erwiesen sich bislang als eher unzureichend und es kam mit hübscher Regelmäßigkeit zu Abstoßungsreaktionen – ärgerlich, wenn mehrere hundert Euro teure Earbuds plötzlich aus dem Ohr fallen und am Asphalt aufschlagen.

Die Logitech Fits werden ihrem Namen aber gerecht und durch die individuelle Anpassung sitzen sie bombenfest im Ohr. Und der Gag mit den leuchtenden Earbuds ist sicher der Brüller jeder stark fortgeschrittenen Party.

Nahtlose Übergabe an den PC

Handelsübliche Earbuds sind eher für die Verwendung mit Smartphones konzipiert und wer schon einmal das Missvergnügen hatte, seine Bluetooth-Ohrstöpsel auf einem Windows-PC einrichten zu wollen weiß: Das lässt man besser.

Nun sollen die G Fits aber ein Gaming-Headset sein, also mit Konsolen und dem PC ähnlich nahtlos zusammenarbeiten wie mit dem Smartphone. Dafür setzt Logitech auf die hauseigene "Lightspeed"-Verbindung, die schon bei Mäusen und Tastaturen des Herstellers zum Einsatz kommt. Dafür steckt man einen Dongle an einen freien USB-Port und schon kann man unter Windows die Fits als Wiedergabe- und Aufnahmequelle auswählen. Alternativ reicht ein dreimaliges Tippen auf den rechten Earbud, um zwischen Bluetooth am Smartphone und Lightspeed auf PC oder Konsole hin- und her zu wechseln.

Das machte sich im Tester-Alltag positiv bemerkbar: Bei einer Runde "World of Tanks" schalten wir auf Lightspeed und nutzten die Fits als klassisches Headset, danach schalten wir wieder auf Bluetooth und hören bei der Hausarbeit einen Podcast vom Smartphone. Dieser nahtlose Wechsel ist neben der Lightform-Anpassung einer der größten Vorteile der Logitech G Fits und ein Feature, das wir nicht mehr missen wollen.

Alternativ kann man auch auf dem Smartphone die Lightspeed-Technologie (also 2,4 Gigahertz) gegenüber Bluetooth 5.2 nutzen. Dazu ist aber neben dem Dongle ein Adapter von USB-A auf USB-C nötig. Die gesamte Konstruktion ragt dann gute fünf Zentimeter aus dem Smartphone hervor – das wirkt improvisiert und nicht besonders praktisch.

Technisch leider "nur" solide

Zeit, sich den harten Zahlen der Technik zu widmen. Jeder Earbud ist mit nur 7,2 Gramm erstaunlich leicht und auch das Ladecase zieht mit 52 Gramm die Hose nicht gen Erdboden und lässt sich bequem in der kleinen Tasche einer Jeans verstauen. Wo früher eine Taschenuhr Platz finden musste, sind es nun eben Earbuds. Praktisch. Die Fits sind IPX4-zertifiziert, also vor Staub und Spritzwasser geschützt. Verbaut hat Logitech 10 Millimeter-Treiber, was eher am unteren Ende der Skala beheimatet ist.

Active Noise Cancelling beherrschen die Fits nicht, das soll der stramme Sitz der lichtgeformten Eartips übernehmen. Diese Schallisolierung ist zwar ok, aber telefonierende Fahrgäste im Zug oder plaudernde Kollegen sind immer noch deutlich hörbar. Da liefern Modelle mit Geräuschunterdrückung deutlich bessere – und ruhigere – Resultate. Das Technikpaket ist somit durchaus in Ordnung, wenn auch nicht herausragend.

Klang zwischen Pferdekopfgeige und Lichtschwert

Klanglich reichen die G Fits auch nicht ganz an die zum Vergleich herangezogenen Airpods Pro von Apple heran. So geht die mongolische Pferdekopfgeige in "Yuve Yuve Yu" von The Hu im Hintergrund auf den Fits unter, während sie auf den Airpods Pro deutlich klarer zu hören ist.

Aber Musikhören ist ja nicht der primäre Daseinszweck eines Gaming-Headsets – und im eigentlichen Kerngeschäft schlagen sich die Fits ganz gut. Lichtschwertduelle in "Jedi: Survivor" klingen fast wie im großen Kinosaal mit dem zusätzlichen Vorteil, dass die Nachbarn nicht zwangsweise Ohrenzeugen der Gaming-Heldentaten des Testers werden.

Das Mikrofon: Brauchbar, mehr nicht

Obwohl Logitech mit omnidirektionalen Mikrofonen und doppeltem Beamforming wirbt, bleibt am Ende ein Spracherlebnis, das nicht über das Prädikat "brauchbar" herauskommt. Fairerweise muss aber dazu gesagt werden, dass alles andere bei Earbuds auch einigermaßen überraschend gewesen wäre.

Die Batterielaufzeit wird von Logitech mit 4,5 Stunden im Gaming Einsatz mit Lightspeed-Verbindung – also Hören und Sprechen – angegeben. Eine Zeitangabe, die wir im Test ziemlich exakt nachvollziehen konnten. Das Ladecase liefert genug Saft für weitere fünf Stunden. Das mag nach viel klingen, ist in einem richtigen Zock-Marathon bis spät in die Nacht aber wahrscheinlich zu kurz.

Die App, auweh

Die G Fits App gibt sich leider alle Mühe, den Gesamteindruck zu trüben. Obwohl die Earbuds per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden sind, kann die Software keine Verbindung herstellen und verrichtet oft erst nach mehreren Neustarts ihren Dienst. Der Vorteil: Sind die G Fits einmal eingerichtet und die richtige Equalizer-Einstellung sowie Tastenbelegung gefunden, gibt es eigentlich keinen Grund mehr, die Anwendung jemals wieder zu öffnen.

In der App können wir die Bedienfelder neu einstellen. Leider will sich die Software nicht immer mit den Earbuds verbinden.
Foto: Screenshot G Fits App, DER STANDARD

Es sei denn, man möchte den Akkustand der Earbuds einzeln miteinander vergleichen, was wiederum einen eher fraglichen Nutzen darstellt. Die PC-Anwendung funktioniert zwar vergleichsweise zuverlässig, glänzt aber ansonsten nur durch Feature-Armut. Warum lassen sich die Equalizer-Einstellungen nur auf dem Smartphone, nicht aber am PC ändern? Hoffentlich liefert Logitech hier noch Funktionen nach.

Fazit: Etwas viel gewollt

Die Logitech G Fits wollen die ultimative Lösung im Bereich der Earbuds sein und machen viele Dinge richtig, erfüllen den eigenen Anspruch aber nicht ganz . Viele Tester haben bemängelt, dass die Earbuds nicht simultan mit dem PC oder der Konsole und dem Smartphone verbunden werden können. Ich persönlich sehe das als Vorteil: Wenn ich zocke, dann will ich nicht durch Anrufe und Whatsapp-Nachrichten gestört werden. Durch ein dreimaliges Tippen wechsle ich das Ökosystem und bin nahtlos im Gaming- oder Smartphone-Universum daheim. Persönlich halte ich diese Lösung für die bessere Alternative.

Das wahre Killerfeature ist die Lightform-Technologie: Die hält zwar das Versprechen der Geräuschunterdrückung nicht ganz ein, dafür durfte ich erstmals richtig gut sitzende Earbuds erleben, ohne Angst, sie könnten in öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Radfahren verloren gehen. Im Gegenzug kann ich mit einem nicht ganz perfekten Klang und einem Mikrofon mit Abstrichen gut leben.

Schwierig ist hingegen die Preisgestaltung von Logitech: Eine unverbindliche Preisempfehlung von 249 Euro dürfte über mancher Schmerzgrenze liegen. Und das will in der nicht gerade als geizig verschrienen Gaming-Community etwas heißen. Einzelne Händler bieten die Logitech G Fits zwar bereits um 219 Euro an, aber für ein Paar Ohrstöpsel ohne Active Noise Cancelling erscheint das immer noch recht hoch.

Wer gute Earbuds und ein brauchbares Gaming-Headset in einem Gerät sucht, sich vom Preis nicht schrecken lässt und ohnehin keine Sessions jenseits der Fünf-Stunden-Marke plant, der liegt mit den Fits sicher richtig – das dürfte nur leider auf eine arg begrenzte Personengruppe zutreffen. Für alle anderen sind die Fits wohl nur eine Tech-Demo – wenn auch eine ziemlich beeindruckende. (Peter Zellinger, 4.5.2023)