Robert Habeck hält an Staatssekretär Patrick Graichen fest.

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Die Geschichte, die dem Spitzengrünen Habeck nun zusetzt, begann mit einem eigentlich erfreulichen Ereignis. Patrick Graichen, jetzt Staatssekretär in Habecks Haus und zuständig für die Energiewende, schloss den Bund der Ehe. Sein Trauzeuge war der Verwaltungsexperte Michael Schäfer. So weit, so privat.

Nun aber stand in Berlin die Vergabe eines Spitzenpostens an. Die Deutsche Energieagentur (Dena) brauchte einen neuen Chef. Das bundeseigene Unternehmen unterstützt seit dem Jahr 2000 die jeweilige Bundesregierung, damit diese ihre energie- und klimapolitischen Ziele erreicht.

Es gab ein Auswahlverfahren, und am Ende machte Michael Schäfer das Rennen. Am 15. Juni hätte er seinen neuen Job antreten sollen. Doch daraus wird nun nichts. Denn in der Auswahlkommission war auch Graichen gesessen. Und der informierte dann vor wenigen Tagen doch Habeck, dass Schäfer sein Trauzeuge ist.

Bedauern von allen Seiten

"Im Verfahren der Findungskommission habe ich leider nicht richtig aufgepasst. Ich hätte mich ab dem Moment, als Michael Schäfer Kandidat wurde, aus dem Verfahren zurückziehen sollen, damit im weiteren Prozess kein falscher Eindruck entsteht. Das war ein Fehler, und ich bedauere diesen Fehler sehr", räumte Graichen ein. Habeck selbst meinte ebenfalls: "Da ist ein Fehler passiert. Da beißt die Maus keinen Faden ab."

Er hält aber an seinem Staatssekretär fest: "Patrick Graichen ist meiner Ansicht nach der Mann, der Deutschland vor einer schweren Energiekrise bewahrt hat", so Habeck. Graichen gilt als Kopf hinter der Energiewende und als wichtigster Mann im Klimaschutz- und Wirtschaftsministerium.

Transparenz gefordert

Das Verfahren für die Suche einer neuen Dena-Führung wird jetzt neu aufgerollt, Schäfer ist erst einmal raus. Doch selbst in der Ampel wird Kritik laut. "Robert Habeck muss diesen Sachverhalt schnell aufklären und erläutern, wie er verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen will", fordert der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse. "In der Empfehlung des eigenen Trauzeugen für eine Führungsposition liegt eine Grenzüberschreitung, die jedes Fingerspitzengefühl vermissen lässt."

Viele stören sich noch an anderen Personalien in Habecks Ministerium. Graichens Schwester Verena Graichen ist mit Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (Grüne) verheiratet, ein Bruder arbeitet beim Öko-Institut, das auch Aufträge aus dem Wirtschaftsministerium erhält. Diese Beziehungen sind allerdings seit 2021 bekannt.

Druck macht die CDU. Sie will zunächst Aufklärung in einer Sondersitzung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft. Die Abgeordnete Gitta Connemann, auch Chefin der Mittelstandsunion (MIT), denkt aber auch schon an einen möglichen Untersuchungsausschuss. Im "Spiegel" sagte sie: "Alle strittigen Gesetzentwürfe der vergangenen Monate – vom Energieeffizienzgesetz bis zum Gebäudeenergiegesetz – tragen seine (Graichens) Handschrift. Parlament und Land haben Anspruch auf Transparenz, wenn es um ein so zentrales Amt innerhalb der Bundesregierung geht." (Birgit Baumann aus Berlin, 5.5.2023)