Scarlett Martillo ist schwer verletzt. Sie schleppt sich zur nächsten Erste-Hilfe-Station, um sich wieder zusammenzuflicken ... Doch Vorsicht! Ein Hinterhalt! Rasch geht sie in Deckung, flankiert den Feind, um den Abschaum mit gezielten Schüssen niederzustrecken. Ein dystopisches Schlachtfeld?

Ja, eine Dystopie ist es wirklich – allerdings findet die Handlung von "Showgunners" nicht in der freien Welt, sondern in einer blutigen Gameshow statt, die einem geldgierigen Medienmogul – eine Mischung aus Elon Musk und Rupert Murdoch – noch mehr Zaster in die Taschen spülen soll. Womit das Indie-Game auch eine liebevolle Hommage an sozialkritische Filme des vergangenen Jahrhunderts, etwa "Robocoop", ist. Und natürlich an Stephen Kings "Running Man". DER STANDARD hat das Spiel auf dem PC getestet.

Good Shepherd Entertainment

Hinter "Showgunners" steht das polnische Studio Artificer, das zuvor schon Spiele wie "Hard West" und "Phantom Doctrine" veröffentlichte und dessen Team aus 40 Developern zuvor an Titeln wie "Outriders", "The Witcher", "Dyling Light", "Shadow Warrior 3" und der "Dead Island"-Serie mitgearbeitet hat.

Der aktuelle, seit Anfang Mai für PC verfügbare Titel ist ein blutiges Strategie- und Survival-Game, dessen rundenbasierte Kämpfe im Stil von "Xcom", "Jagged Alliance" oder zuletzt auch "Warhammer 40.000: Chaos Gate – Daemonhunters" ablaufen. Die Erkundung der Welt erfolgt wiederum in Echtzeit.

Eine Geschichte der Rache

Schauplatz von "Showgunners" ist die bereits eingangs erwähnte Gameshow, in welcher die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ums Überleben kämpfen. Ähnlich wie in "Squid Game" gibt es dafür unterschiedliche Motivationen: Manche der Kämpfer sind scharf auf ein Preisgeld, bei anderen handelt es sich um brutale Schwerverbrecher, die sich mit dem Sieg in der Show eine Freilassung erhoffen.

Die Kämpfe laufen rundenbasiert ab und bieten viel Abwechslung.
Foto: Artificer

Nicht so Scarlett, die Protagonistin der Geschichte. Sie sinnt auf Rache. Denn einer der Gewinner der Show brach nach seiner Freilassung aus dem Hochsicherheitsgefängnis in ihr Haus ein und ermordete ihre Familie. Nun will Scarlett seinen Kopf. Und dieses Ziel erreicht sie nur, in dem sie selbst in das kranke Geschehen der Show einsteigt.

Fähigkeiten und Hochleveln

Zum Glück ist Scarlett nicht alleine, sondern begegnet immer wieder Mitstreitern, die ihr zur Seite stehen. Und jeder von ihnen hat besondere Fähigkeiten. So kann Scarlett auch dann noch eine Aktion durchführen, wenn sie zuvor viel gegangen ist, ein anderer Mitspieler wiederum kann mit Gegnern Körper tauschen, um Feinde zu verwirren.

Via Skilltree werden die Fähigkeiten weiterentwickelt.
Foto: Artificer

Zusätzlich werden die Charaktere schrittweise mit besseren Waffen und Gegenständen ausgestattet: Granaten, Erste-Hilfe-Pakete und Cyberpunk-Implantate, mit denen Werte in die Höhe gelevelt werden. Einen klassischen Skilltree, mit dem weitere Fähigkeiten erlernt werden, gibt es auch.

Die Sponsoren tragen Namen wie "Warmart" und "Krieg".
Foto: Artificer

Was das Hochleveln in "Showrunners" aber von jenes in anderen Spielen unterscheidet: Während einer jeden Episode stehen jubelnde Fans am Zaun, denen man Autogramme geben kann. Der daraus gewonnene Fame dient wiederum dazu, Sponsoren an Bord zu ziehen, die auf so klingende Namen wie "Warmart" oder einfach nur "Krieg" hören. Durch diese erlangt man Vorteile im nächsten Blutbad. Eine bessere Kapitalismuskritik hat man selten in einem Game gesehen.

Das Gameplay

Die Kämpfe laufen rundenbasiert ab, so wie man es von den zuvor erwähnten Spielen kennt. Auch hier wird geschossen und geschlagen, die eigenen Spielfiguren gehen hinter Gegenständen in Deckung und flankieren die Gegner. Je nach Standort gibt es eine bestimmte Wahrscheinlichkeit, einen Treffer zu landen. Das Einsetzen der zuvor erwähnten Spezialfähigkeiten bietet sich dabei an, zumal diese nach dem Einsatz recht schnell wieder verfügbar sind. Somit sind die Kämpfe oft hart, aber nie unfair, und machen oft Spaß.

Good Shepherd Entertainment

Die Erkundung der Umgebung in Echtzeit beinhaltet wiederum auch, dass Fallen entschärft und Rätsel gelöst werden müssen. Das kann beizeiten für Frust sorgen, wenn Scarlett durch das Level rennt und dabei versehentlich eine Falle auslöst, ist aber Teil des Gameplays und sorgt entsprechend für Abwechslung – auch, weil die Herausforderungen unterschiedlich gestaltet sind und somit nicht der Eindruck entsteht, hier sei ein Spiel durch Wiederholungen künstlich in die Länge gezogen worden.

Fazit: Geheimtipp mit schwarzem Humor

"Showgunners" ist von der deutschen Gaming-Fachpresse eher unbeachtet geblieben – was schade ist. Denn das Spiel kann auf vielerlei Ebenen überzeugen. Das Gameplay ist äußerst abwechslungsreich, Setting und Charaktere sind vergleichsweise frisch – und ich gestehe, dass mich der schwarze Humor nicht selten zum Lachen gebracht hat.

Wermutstropfen gibt es wenige – maximal der fehlende Multiplayer und die Tatsache, dass die Level nicht prozedural generiert sind, sich die Wiederspielbarkeit also in Grenzen hält. Wer aber schon mit "Xcom" und "Jagged Alliance" zahlreiche Abende verbrachte und den Actionfilmen des vergangenen Jahrhunderts nachtrauert, der ist hier definitiv an der richtigen Adresse. (Stefan Mey, 6.5.2023)