So reich, dass man sich um Geld echt keine Sorgen machen muss: Das sind die Superreichen dieser Welt. Wie sie ihr Geld verwalten und veranlagen, hat sich Goldman Sachs näher angesehen.

Foto: Getty Images / Aja Koska

Viele Menschen kämpfen gerade mit der Teuerung. Die Energierechnungen sind in die Höhe geschossen, ebenso hat sich der Einkauf im Supermarkt und der Gang ins Restaurant stark verteuert. Abseits dieser Sorgen gibt es aber eine Klientel, der das alles wahrscheinlich kein Kopfzerbrechen bereitet: Gemeint sind die Superreichen dieser Welt.

Einen Einblick in diese Welt gibt der Family Office Investment Insight Report 2023 von Goldman Sachs mit dem Titel "Eyes on the Horizon", der heuer zum zweiten Mal erstellt wurde. Angesehen haben sich die Experten dafür, wie sie Reichen und Superreichen ihr Vermögen veranlagen und auf welche Trends sie setzen.

Wenig Cash

Dabei zeigt sich, dass viele institutionelle Family-Office-Investoren aktuell nicht auf Bargeld sitzen. Das Geld wird veranlagt. Mit Blick auf die nächsten zwölf Monate sind diese Investoren risikofreudig aufgestellt und erhöhen insbesondere ihre Anteile in Aktien. Nur leicht erhöht sich hingegen das Engagement in festverzinslichen Wertpapieren – um die durch die Leitzinserhöhungen mittlerweile entstandenen Zinschancen zu nutzen.

166 Family Offices mit einem Nettovermögen von mindestens 500 Millionen US-Dollar (93 Prozent) wurden für den Goldman-Sachs-Report in der Zeit vom 17. Jänner bis 23. Februar befragt. 72 Prozent davon verfügen über mindestens eine Milliarde Dollar Vermögen. 57 Prozent der befragten Family Offices stammen aus dem Raum Amerika, 21 Prozent aus dem Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) und 22 Prozent aus dem Raum Asien-Pazifik (APAC).

Hohes Risiko

Das Thema Risiko wird bei der Veranlagung des Vermögens derzeit wieder großgeschrieben: 28 Prozent werden in Aktien investiert, 26 Prozent in Private Equity, zwölf Prozent werden in Cash und Cash-Äquivalenten (ohne US-Staatsanleihen) gehalten. Zehn Prozent fließen in Fixed Income (Anleihen), neun Prozent in den Immobilien- und Infrastruktursektor. Sechs Prozent des Kapitals werden Hedgefonds anvertraut, drei Prozent fallen unter Privatkredit, und ein Prozent geht in Rohstoff-Investments.

Vor allem in den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Kredite wollen die Familiy Offices ihr Engagement im Lauf des Jahres erweitern. Reduziert werden die Positionen in Cash.

Von den Sektoren her setzen Family Offices am stärksten auf Informationstechnologie und Gesundheitswesen – darin sehen sie langfristige Wachstumsthemen mit dem Potenzial, Konjunkturzyklen zu überstehen und langfristig den Wert zu steigern.

Flexibel und risikofreudig

"Mit der Flexibilität, über das gesamte Risikospektrum hinweg zu investieren, haben Family Offices einen weitgehend konsistenten Ansatz für aggressivere Allokationen beibehalten, da sie besonders hohe Renditen anstreben", sagt Meena Flynn, Co-Head of Global Private Wealth Management und Co-Lead von One Goldman Sachs Family Office Initiative. Die strategische und langfristige Ausrichtung sei oft ein Vorteil bei der Verwaltung und Erhaltung des Generationenvermögens, so Flynn.

Amerika und Europa

Von der geografischen Aufteilung her haben die Family Offices einen starken Fokus auf die USA und andere entwickelte Märkte. 26 Prozent der Befragten planen, die Allokation in den US-Märkten zu erhöhen, darunter 41 Prozent der Family Offices im asiatisch-pazifischen Raum. Das kann laut Goldman Sachs so gedeutet werden, dass Regionen, in denen die wahrgenommenen Risiken höher sind, eher gemieden werden. Es überwiegen die potenziellen Renditen, die näher am Heimatort verfügbar sind.

Was die Umfrage auch zeigt, ist, "dass Family Offices weiterhin einen bedeutenden Anteil an alternativen Investments aufweisen – darunter Private Equity, Privatkredite, Infrastruktur, Immobilien und Hedgefonds", sagt Tony Pasquariello, Global Head of Hedge Fund Coverage und Co-Lead der One Goldman Sachs Family Office Initiative.

Ruhige Investoren

"In Anbetracht der Volatilität und der Herausforderungen des vergangenen Jahres sind Family Offices im Allgemeinen bemerkenswert ruhig geblieben, und ihre strategische Vermögensallokation hat sich nur geringfügig geändert", sagt Pasquariello.

Wohnimmobilien bleiben für Family Offices attraktiv, rund ein Drittel plant, das Engagement in diesem Teilsektor in den nächsten zwölf Monaten zu erhöhen, weitere 30 Prozent beabsichtigen, ihr Engagement beizubehalten. Gewerbeimmobilien, insbesondere Büro- und Einzelhandelsimmobilien, sind weniger attraktiv – nur sieben Prozent der Family Offices versuchen ihr Engagement im Bürosektor und vier Prozent im Einzelhandel zu erhöhen, während zwölf Prozent bzw. zehn Prozent versuchen, ihr Engagement in diesen Sektoren zu verringern.

Gewerbeimmobilien werden gerade für US-Regionalbanken zum Problem. Die Leerstandsquote ist so hoch wie zuletzt in den 1980er-Jahren. Zudem wurden viele Kredite in diesem Bereich im Nullzinsumfeld vergeben und müssen aktuelle zu einem Leitzins von fünf bis 5,25 Prozent refinanziert werden. Die Veränderung durch die rasch angestiegenen Zinsen lastet schwer auf den Geldhäusern.

Private Kredite und Krypto-Assets

Die Vergabe von Privatkrediten ist zu einer beliebten Anlageklasse für Family Offices geworden. "Nach der globalen Finanzkrise haben sich die Banken aus der direkten Kreditvergabe zurückgezogen, und das Interesse von Family Offices, diese Lücke als private Kreditgeber zu schließen, wächst", sagt Sara Naison-Tarajano, Global Head of Private Wealth Management Capital Markets und Co-Lead der One Goldman Sachs Family Office Initiative. Private Kredite seien im heutigen Umfeld angesichts steigender Zinsen attraktiver.

Auch auf Kryptoassets setzen Family Offices immer häufiger. 26 Prozent haben aktuell diese Anlageklasse im Portfolio – im Jahr 2021 waren es nur 16 Prozent. Doch das Interesse an den stark schwankenden Einheiten wie Bitcoin und Co sinkt. Wollten 2021 noch 45 Prozent ihren Anteil in diesem Segment erhöhen, sind es aktuell nur zwölf Prozent. 62 Prozent (2021: 39 Prozent) der befragten Investmentmanager sind aktuell nicht in Bitcoin und Co investiert und auch in Zukunft nicht an einer Veranlagung interessiert. Bei den digitalen Assets ist die am häufigsten genannte Begründung der "Glaube an die Leistungsfähigkeit der Blockchain-Technologie".

Saubere Energie

Nachhaltig investieren ist auch bei den Superreichen ein großes Thema. 39 Prozent der befragten Investoren geben an, mäßig bis extrem auf nachhaltige Strategien zu fokussieren, 48 Prozent investieren direkt in Unternehmen mit sozialen und ökologischen Auswirkungen. Saubere Energie ist aktuell das beliebteste Thema, wobei 60 Prozent der Family Offices erwarten, dort im nächsten Jahr Kapital einzusetzen. Weitere Schwerpunkte sind nachhaltige Ernährung und Landwirtschaft sowie zugängliche Gesundheitsversorgung.

Direkte Investments in Familienunternehmen stehen bei Family Offices ebenfalls hoch im Kurs. Während ein Drittel der Family Offices weltweit angab, dass die Investition in Familienunternehmen im Mittelpunkt ihrer Anlagephilosophie stehe, gaben nur elf Prozent an, lieber an eine andere Familie zu verkaufen. "Wir sehen oft, dass Family Offices als bevorzugte Käufer in Situationen auftauchen, in denen der Verkäufer die zusätzliche Ebene der Privatsphäre, die sie mit sich bringen, schätzen", sagt Ken Hirsch, Co-Chairman der Sparte Global Technology, Media & Telecom Group innerhalb von Global Banking and Markets und Co-Lead der One Goldman Sachs Family Office Initiative. Denn in Zeiten herausfordernder Marktdynamik zeichneten sich Family Offices durch ihre stabilen Kapitalpool aus, ebenso durch ihren langfristigen Anlagehorizont.

Vermögensstruktur und -weitergabe

Wie erwähnt werden die Veranlagungen innerhalb von Family Offices oft von eigenen Managern entschieden. 88 Prozent geben an, Anlageteams mit zehn oder weniger Mitarbeitern zu haben. Fast die Hälfte (48 Prozent) der befragten Family Offices unterstützen den ursprünglichen Vermögensschöpfer. Auf die Frage, ob die nächste Generation die Anlagestrategie beeinflusst, antworteten 61 Prozent mit Nein. Die frühzeitige und häufige Einbeziehung der nächsten Generation in Finanzangelegenheiten statte diese mit dem Wissen, den Ressourcen und den Werkzeugen aus, um langfristig verantwortungsbewusste Verwalter des Familienvermögens zu sein, sagt Flynn. (Bettina Pfluger, 8.5.2023)