Containerfrachter werden am Hamburger Hafen beladen. Wie die Großmotoren klimaneutral umgerüstet werden können, stellt die Forschung vor Herausforderungen.
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Seit die Europäische Union ein Verbot für Verbrennermotoren für Pkws ab 2035 ausgesprochen hat, ist das Image von Großmotoren, die unter anderem Schiffe antreiben, nicht besser geworden. Wir haben ein Imageproblem, konstatierten die Großmotorenforscher vergangene Woche bei einer Podiumsdiskussion in Graz anlässlich 20 Jahren Large Engine Competence Center (LEC).

Tatsächlich werden in Großmotoren auf See pro Jahr hunderte Millionen Liter an Schweröl, schwerem Dieselöl und zu einem kleineren Anteil auch flüssiges Erdgas (LNG) verbrannt. Neben Ruß und Schwefel emittieren die Schiffsmotoren dabei insgesamt drei Prozent der globalen Gesamtemissionen, also ungefähr gleich viel wie der Flugverkehr.

Kaum zu ersetzen

Anders als beim Pkw können die großen Verbrennermotoren aber nicht verboten werden. Denn nur auf kleinen Schiffe, wie Fähren für die Kurzstrecke, können die Schweröl- und Dieselmaschinen durch Batterieantriebe ersetzt werden. "Große Verbrennungsmotoren werden auch nach der Energiewende eine große Rolle spielen", sagt Andreas Wimmer, CEO des LEC.

Der wichtigste Grund dafür, dass die fetten und oft hundertausend PS starken Motoren aus der Schifffahrt nicht wegzudenken sind, liegt unter anderem in der niedrigen Energiedichte von Batterien. Um etwa riesige Containerschiffe elektrisch zu betreiben, müssten sie mehr oder weniger den gesamten Laderaum mit Batterien füllen. Platz für Container bliebe keiner.

Klimaneutraler Betrieb

Damit die Schifffahrt nach der Energiewende klimaneutral funktioniert, müssen die Schiffe daher weiterhin mit großen Verbrennungsmotoren ausgestattet werden. Die aber sollen durch Forschung und Entwicklung so effizient werden, dass sie synthetische Treibstoffe besonders sparsam und klimaneutral verbrennen. Noch hat sich zwar keine der vielen neuen Treibstoffvarianten für den Betrieb von Großmotoren in der Schifffahrt durchgesetzt. Ammoniak scheint als Kompromisskandidat in Sachen Speicherbarkeit und einer akzeptablen Energiedichte gute Karten zu haben. Andererseits könnten Motoren, die flüssiges Erdgas verwenden, auch ohne große Umrüstung mit Biogas oder klimaneutral hergestelltem Methan betrieben werden.

Würden Großmotoren aber klimaneutrale Treibstoffe verbrennen, seien sie nicht mehr das Problem, sondern Teil der Lösung, heißt es bei den Großmotorenforschern. Allerdings sei in den nächsten Jahren noch viel Forschung und Entwicklungsarbeit erforderlich.

So muss etwa nach Mitteln und Möglichkeiten gesucht werden, um Altaggregate auf Schiffen noch während des Betriebs umzurüsten und fit für den Einsatz klimaneutraler Treibstoffe zu machen. Denn Schiffsmotoren sind oft ein halbes Jahrhundert im Einsatz. Daher kann es durchaus vorkommen, dass, wer heuer eine Fähre in Griechenland oder Indonesien benutzt, noch schwarze Rauchwolken aus einem Uralt-Schiffsmotor aufsteigen sieht. Moderne Großmotoren seinen schon viel effizienter und klimafreundlicher im Einsatz, heißt es. Kreuzfahrtschiffe werden mittlerweile auch schon von Diesel auf Erdgas umgestellt, das weniger CO2 emittiert. Auch die Marine zieht zum Teil schon nach.

Verständnis für Aktivismus

Klimaneutral ist die Schifffahrt damit freilich noch lange nicht. "Wir müssen die Treibhausgase so schnell wie möglich eliminieren und mit grüner Energie starten. Nur das interessiert den Planeten", sagt Helmut List, LEC-Forschungspartner und CEO der AVL List-GmbH. Für Klimaaktivisten habe er daher durchaus Verständnis. Gleichzeitig müsste aber auch die gesamte Wertschöpfungskette mit höchster Effizienz ausgerüstet werden.

Denn klimaneutrale Treibstoffe werden kostbar sein. Sie müssen mit hohem Aufwand hergestellt werden. Entweder über die Elektrolyse- oder Biogas-Gasroute oder aus aufwendigen Mischformen, bei denen Kohlendioxid abgeschieden, gespeichert oder weiterverarbeitet werden soll. Sparsamer Einsatz ist also angesagt: "Es ist noch viel Luft nach oben, bis man die theoretisch möglichen Wirkungsgrade erreicht", sagt List.

Netzstabilität sichern

Auf Großmotoren könnten zudem neue Einsatzgebiete warten: Durch den immer höher werdenden Anteil an Solar- und Windenergie brauche es Stromspeicher, die bei Dunkelflauten oder in volatilen Situationen rasch zugeschaltet werden können. "Großmotoren könnten dafür wie Kraftwerke eingesetzt werden und Energie aus klimaneutralen Treibstoffen verstromen — und dabei die Netzstabilität sichern", sagt Wimmer.

Das Forschungsgebiet Großmotoren habe also trotz des Imageproblems eine Zukunft. Erst vor kurzem wurde dem LEC der Status eines Comet-K1-Zentrums für weitere acht Jahre zugesprochen, wodurch die Forschung fortgesetzt werden kann. (Norbert Regitnig-Tillian, 12.5.2023)