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Bei Quantenrechnern werden besondere Eigenschaften von Quantenteilchen genutzt – etwa jene, dass sie sich in einer Überlagerung zweier Aufenthaltsorte befinden können.
Foto: Illustration: Picturedesk / Science Photo Library

Die Entwicklung von Quantencomputern ist auch ein Wettrennen zwischen verschiedenen technischen Ansätzen. Da sind etwa die großen supraleitenden Systeme, in denen widerstandslos fließende Elektronenströme zu Quantenbits werden. Sie werden etwa von Tech-Konzernen wie IBM und Google mit enormem Aufwand vorangetrieben. Dann gibt es Ionenfallen-Quantencomputer, bei denen Magnetfelder geladene Teilchen "festhalten", sodass sie gezielt manipuliert werden können – ein Ansatz, der in Österreich stark mit dem Forschungsstandort Innsbruck verbunden ist.

Das dritte gut etablierte Konzept sind dagegen photonische Quantencomputer. Hier übernehmen Lichtteilchen die Rolle der Quantenbits, in denen sich gleichzeitig mehrere Quantenzustände kontrolliert überlagern können.

Cloud für Quantenrechner

Der Weiterentwicklung dieser photonischen Systeme widmen sich Philip Walther und sein Team der Forschungsgruppe Quantum Computation and Quantum Information Science der Universität Wien. Im Rahmen des Christian-Doppler-Labors für Photonisches Quantencomputing, das vom Wirtschaftsministerium und von Firmenpartnern finanziert wird, wollen die Wissenschafter Grundlagen- mit anwendungsorientierter Forschung verbinden.

Sie arbeiten nicht nur an neuen Architekturen und Funktionsprinzipien, um die Systeme letztendlich besser skalierbar für eine große Anzahl von Quantenbits zu machen. Walther und sein Team bemühen sich auch, ihre Art der Quanteninformationsverarbeitung allseits zugänglich zu machen. Über eine Cloudlösung können Forschende und Interessierte mit dem funktionsfähigen System oder einer exakten Simulation desselben Operationen durchführen. "Wir wollen Gesellschaft und Industrie auf diese nicht intuitive Technologie vorbereiten", betont Walther, der selbst ein Schüler des nunmehrigen Physik-Nobelpreisträgers Anton Zeilinger war.

Neue Herausforderungen

Bei jedem Quantencomputer-Ansatz haben Forschende mit eigenen Herausforderungen zu kämpfen. Supraleiter-Systeme müssen stark gekühlt und in Vakuumkammern vor allen möglichen Einflüssen abgeschirmt werden. Die Qubits sind extrem empfindlich, und ein mit hoher Sicherheit fehlerfreies Kontrollieren und Auslesen vieler Qubits ist noch kaum möglich. Ionenfallen arbeiten ebenfalls im Vakuum, gekühlt werden die Teilchen hier durch Laser. Eine effektive Fehlerkorrektur gehört auch hier zu den wichtigsten "Baustellen".

Walther sieht im Vergleich dazu die photonischen Systeme als "freundlichere" Technologie. "Wir benötigen kein Vakuum, und alles funktioniert auch bei Raumtemperatur. Lichtquelle und Detektoren sind zwar auch gekühlt, doch hier kommen gut etablierte Plug-and-play-Instrumente zum Einsatz", streicht Walther die Vorteile hervor.

Photonen-Kontrolle

Die Forschenden nutzen entweder die Polarisation oder den Ort der Lichtteilchen, um Überlagerungszustände herzustellen, die Quanten-Berechnungen ermöglichen. Doch in der Natur des Lichts liegen auch jene Schwierigkeiten, die es zu überwinden gilt. "Ein einzelnes Lichtteilchen zu erzeugen ist schwierig", sagt Walther. "Es ist, als würde die Natur mit allen Mitteln dagegen ankämpfen." Die Forschenden nutzen zur Produktion einzelner Photonen eine Anlage, die auch in der Quantenkryptografie verbreitet ist: Ein Quantenpunkt aus Halbleitermaterial – ein sogenanntes künstliches Atom – wird darin von einem Laser beschossen, sodass es einzelne Photonen freigibt.

Die Probleme liegen nicht nur in der Frage, wie schnell hintereinander die Lichtteilchen produziert werden können, sondern auch im "Einfangen" der Photonen, um sie in gewünschter Weise manipulieren zu können. "Im Moment liegen wir bei acht Photonen, die wir als Qubits kontrollieren können. In den nächsten zwei Jahren wollen wir Richtung 20 gehen", berichtet Walther. "Am Ende des bis 2027 laufenden CD-Labors soll die Anzahl um die 40 bis 50 liegen."

Undurchsichtige Entscheidungen

Die Photonen werden als informationstragende Quantenbits codiert und anschließend durch die Bahnen optischer Netzwerke oder sogenannter photonischer Chips geschickt. An den Kreuzungen der Bahnen interagieren die Qubits, und sie "entscheiden" sich für unterschiedliche Richtungen, die den Weg durchs Chip-Netzwerk und somit das Rechenergebnis bestimmen. Da die Photonen mit der Umwelt de facto nicht wechselwirken, gibt es auch keine störenden Einflüsse, die wie bei anderen Quantensystemen durch Fehlerkorrekturen ausgeglichen werden müssten.

"Wir haben andere Probleme", erklärt Walther. "Das größte davon ist die Gefahr, das Photon einfach zu verlieren. Die Chance, dass das Lichtteilchen tatsächlich am anderen Ende des Chips wieder herauskommt, liegt niemals bei 100 Prozent." Dieser Fehler ist konstant und reproduzierbar. Erst durch die statistische Auswertung vieler Versuche kann ein definitives Ergebnis erzielt werden. Gleichzeitig steht diese Eigenschaft aber auch einer einfachen Skalierbarkeit der Systeme im Weg.

Online-Plattform

Als erste Forschungsgruppe in Kontinentaleuropa haben Walther und sein Team im Zuge des CD-Labors eine Onlineplattform geschaffen, die eine breite Nutzerschar mit einem photonischen Quantencomputer rechnen lässt. Während des weiteren Ausbaus der Anlage wird der direkte Zugang zum Experiment mit der Simulation ersetzt – was aktuell der Fall ist. Walther: "Sobald unser upgegradetes System operabel ist, kann es auf der PhotonQ-Plattform genutzt werden." (Alois Pumhösel, 16.5.2023)