Linda Yaccarino ist heute von Elon Musk als Nachfolgerin für den Chefposten von Twitter bestätigt worden.

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Elon Musk hat seinen baldigen Rücktritt als Vorstandschef des Kurznachrichtendienstes Twitter angekündigt. Eine Nachfolgerin sei gefunden und werde in rund sechs Wochen übernehmen, teilte Musk am Donnerstag zunächst kryptisch mit, um kurze Zeit später Linda Yaccarino in einem Tweet zu bestätigen.

"Ich freue mich, Linda Yaccarino als neue CEO von Twitter willkommen zu heißen!", teilte Musk mit. "@LindaYacc wird sich in erster Linie auf das operative Geschäft konzentrieren, während ich mich auf Produktdesign und neue Technologien konzentriere."

Yaccarino verantwortete bei NBC Universal das globale Anzeigengeschäft. Zum Konzern gehören unter anderem die US-Senderkette NBC und der Streamingdienst Peacock. Zuvor arbeitete sie lange im TV-Geschäft von Warner. NBC Universal ging jüngst einen Deal mit Twitter rund um Material von den Olympischen Spielen in Paris 2024 ein.

"Variety" schrieb unter Berufung auf Yaccarinos Umfeld, sie habe schon länger ihre Bewunderung für Musk zum Ausdruck gebracht. Mitte April interviewte sie ihn auf der Bühne einer Branchenkonferenz und zeigte dabei Sympathie für seine Ansichten und erklärten Ziele.

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Sorge bei Tesla-Anlegern

Musk hatte bereits Ende 2022 bekanntgegeben, das Spitzenamt abgeben zu wollen – allerdings erst, wenn die Nachfolge geregelt sei. Damals sagte er: "Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der blöd genug ist, den Job zu übernehmen!"

Der 51-Jährige hatte den Chefposten im Zuge seines rund 44 Milliarden Dollar (40,18 Milliarden Euro) schweren Kaufs der Internetplattform im Oktober übernommen. Musk hatte aber stets signalisiert, dass dies keine Dauerlösung sei. Er leitet auch noch den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma Space X.

Den Tesla-Anlegern bereitete Musks Engagement bei Twitter Sorgen, dass er von der Führung des Elektroautobauers in Zeiten globaler Konjunkturschwäche zunehmend abgelenkt sein könnte. An der New Yorker Börse wurde die Nachricht von Musks Abgang als Twitter-Chef positiv aufgenommen. Die Tesla-Aktie legte mehr als zwei Prozent zu.

Chaosherrschaft

Musks bisher rund halbes Jahr als "Head of Twitter" war von Chaos und Kontroversen geprägt. Unmittelbar nach seiner Übernahme feuerte Musk Twitter-Chef Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal und Chef-Justiziarin Vijaya Gadde. Er hatte den Twitter-Führungskräften vorgeworfen, ihn und die Investoren über die Zahl gefälschter Konten auf der Social-Media-Plattform getäuscht zu haben. Der Kurznachrichtendienst läuft seitdem in einem permanenten Krisenmodus.

Nach einer Reihe höchst umstrittener Entscheidungen wurde der Gegenwind immer stärker. Musks Rücktrittsankündigung im Dezember ging eine von ihm selbst eingeleitete Twitter-Umfrage voraus, in der sich rund 57,5 Prozent der Teilnehmer für seinen Rücktritt aussprachen. Zuvor hatte Musk damals versichert, sich an das Ergebnis des Votums zu halten.

Musks Twitter-Kauf hatte von Anfang an für viel Argwohn gesorgt. Der Multimilliardär begründete die Übernahme als Aktion zur Stärkung der Redefreiheit. Kritiker befürchteten jedoch eine weitere Verrohung der Internetplattform. Sie sorgten sich, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelteren Hassbotschaften, Hetze und Desinformationen führen könnte.

Massenkündigungen

Musk gelang es bisher nicht, diese Bedenken auszuräumen. Im Gegenteil: Mit einer Kündigungswelle, erratischen Regeländerungen und anderen brisanten Entscheidungen erschütterte er das Onlinenetzwerk und verschreckte Anzeigenkunden – die wichtigste Einnahmequelle.

Twitter hat nur noch etwa 1.500 Mitarbeiter – nach zuvor knapp 8.000. Musk nannte die Zahlen in einem Interview des britischen Senders BBC Mitte April. Es sei "schmerzhaft" gewesen, so viele Leute zu kündigen, aber ohne radikale Sparmaßnahmen hätte Twitter nur "vier Monate zu leben" gehabt, sagte Musk.

Der Milliardär plant ständig neue Einnahmequellen: Zuletzt wurden etwa die blauen Symbole, die einst einen von Twitter einwandfrei verifizierten Account auswiesen, entfernt. Die genauso aussehenden Häkchen tragen jetzt stattdessen Profile, deren Besitzer 9,52 Euro Abo-Gebühr bezahlen. Viele Prominente weigern sich jedoch, dafür Geld zu bezahlen. (APA, Reuters, red, 11.5.2023)