Der Großteil des Geldes floss auf ein Konto der Mandantin von "Datenschutzanwalt" Marcus Hohenecker.

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Wien – Im Fall der Abmahnschreiben, die tausende Website-Betreiber im Vorjahr aufgrund mutmaßlicher Datenschutzverletzungen erhalten hatten, hat die Landespolizeidirektion Niederösterreich nun das Konto des Urhebers der Schreiben geöffnet. In einem Zwischenbericht, der dem STANDARD vorliegt, schreibt die Landespolizeidirektion an die ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, auf dem betreffenden Konto von "Datenschutzanwalt" Marcus Hohenecker seien insgesamt 1.900 Eingänge in einem Gesamtausmaß von 402.244,91 Euro verzeichnet worden.

Dabei handele es sich größtenteils, konkret in 1.797 Fällen, um Zahlungen von "augenscheinlich 'abgemahnten'" Personen mit einer Betragshöhe von exakt 190 Euro, was eine Summe von 341.430 Euro ergibt. Zusätzlich gingen vier Buchungen von Hoheneckers Mandantin Eva Z. in Höhe von 57.132,58 auf das Konto ein.

Hohenecker hatte laut dem Mahnschreiben 100 Euro Schadenersatz für seine Mandantin Eva Z. eingefordert, die sich beim Besuchen der betreffenden Websites in ihrem Recht auf Datenschutz beeinträchtigt gefühlt hatte. 90 Euro waren laut Schreiben als Honorarkosten für Hohenecker vorgesehen. Die Seiten hatten Google-Schriftarten eingebettet, die Daten von Website-Besucherinnen und -Besuchern an Google weitergegeben haben.

Konto im Dezember 2022 geschlossen

Insgesamt rund 358.000 Euro flossen in weiterer Folge auf Konten der Mandantin Eva Z. 43.000 gingen auf ein Konto von Anwalt Hohenecker. Das Konto, auf das die Zahlungen der Abgemahnten ging, wurde im Dezember 2022 geschlossen. Nachdem die Causa um die insgesamt rund 33.000 Abmahnschreiben im Sommer vergangenen Jahres publik geworden war, ermittelt seit Jänner die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf schweren Betrug.

Strittig ist unter anderem aber auch, inwiefern durch die Verwendung einer Crawling-Software, die das Ansteuern und Analysieren tausender Websites ermöglicht hat, ein "Gefühlsschaden" bei der Mandantin entstanden sein könne. Vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen hat Anfang März ein Zivilprozess begonnen, der sich um die infrage stehenden Datenschutzverletzungen dreht. (Michael Windisch, 12.5.2023)