Kapitän Markus Haider von der Event-Schifffahrt wartet an diesem Frühlingstag an der Schiffsanlegestelle Korneuburg auf seiner MS Carnuntum Baujahr 1929, die er auf den neuesten Stand der Technik gebracht hat: Sprinkleranlage und einen neuen 6-Zylinder-Deutz-Motor wegen der Emissionswerte eingebaut, die Kombüse, die Böden, zwei Betten und eine Dusche neu gemacht, alles auf Anfang. Und dann kommt Carolin Hoffeld, Geschäftsführerin der Nuovo alternative Bestattungen an Bord, die für das Ende steht, für den Abschied.

Die beiden haben schon 250 Donaubestattungen durchgeführt, "die Donau ist mittlerweile sehr gefragt", weiß Hoffeld, die seit 2013 in diesem Metier arbeitet. Zunächst im Büro und dann mit ersten Trauerreden, bis sie vor fünf Jahren ihr eigenes Unternehmen gründete. Sie bringt die Urne für die heutige Bestattung und den Blumenschmuck mit, den sie am Heck des Schiffes im Freien drapiert, den Ablaufplan mit den Liedern, die gespielt werden sollen, und natürlich die Trauerrede.

Carolin Hoffeld hat bereits 250 Donaubestattungen durchgeführt – gemeinsam mit Kapitän Markus Haider.
Christian Fischer

Früher war sie Sonderschullehrerin, da haben die Kinder sie immer gefragt: "Wie schauen denn Verstorbene aus?" Diese Frage führte sie dazu, bei einer Bestattung ein Praktikum zu machen. Sie wollte sich "das anschauen", die Toten und wie sie verabschiedet werden. Was sie sah, das machte sie traurig: "Wie lieblos Begräbnisse gestaltet werden! Jedes Fest, jede Taufe, jede Hochzeit wird mit Tamtam zelebriert. Nur die letzte Nummer zieht man halt so durch und will sie einfach hinter sich bringen."

Talent für Trauerreden

Sie strahlt mit der Sonne um die Wette, während das Wasser der Donau ruhig Richtung Wien hinunterfließt, und man nimmt ihr sofort ab, wenn sie von ihrer "Berufung" erzählt und davon, dass sie Bestattungen "von Herzen gerne" durchführt. Natürlich, sagt sie, müsse man auch für diese Arbeit "etwas lernen", und man brauche eine Gewerbeberechtigung, die ihr langjähriger Geschäftspartner Ronald Lagrange mit ins Unternehmen brachte. Vor allem aber müsse man "viel Empathie und auch ein wenig Talent mitbringen".

Etwa für Trauerreden, die manchmal eine halbe Stunde dauern und manchmal fünf Minuten. "Es ist meine Aufgabe, den Wunsch der Hinterbliebenen zu erfüllen. Und wenn manche sagen: "Reden Sie nicht so lange!", dann tu ich das. Und wenn andere sagen: "Sie müssen schon alles erzählen!", dann tu ich auch das." Und selbstverständlich kennt sie auch den Zeitpunkt, ab dem sowieso niemand mehr zuhört.

Seeurnen müssen sich bei einer Bestattung im Fluss auflösen und schwer genug sein, um auf den Grund zu sinken.
Christian Fischer

Wobei ihre Arbeit natürlich weit vor der Trauerrede beginnt: "Wenn der Sterbefall eintritt, ruft man uns an, und wir organisieren die Abholung." Manchmal fährt sie selbst mit, vor allem, wenn die Mama oder ein Kind verstorben sind. Dann wäre es für die Angehörigen immer gut, wenn eine weibliche Person mit vor Ort ist und nicht nur "fremde Männer" die Verstorbene abholen. Dann wäscht sie die tote Person, zieht sie zusammen mit den Angehörigen an, betet oder singt mit ihnen und begleitet den Abschied in der Wohnung.

"Diese Momente sind immer dramatisch", sagt sie. Man könne sich noch so oft sagen: Ja, wir wissen eh, dass es bald passieren wird. "Aber erst der letzte Atemzug zeigt, dass es vorbei ist, endgültig." Die Hinterbliebenen erlebt sie in ihrer ganzen Bandbreite: von sehr innig und tief betroffen bis zu "Mir wurscht!" und sogar "Gott sei Dank!". Der Tod wäre halt wie das Leben, lacht sie. "Immer abwechslungsreich!" Und ja, es gebe die Sterbenden, die nicht loslassen wollen und daher "schwer" gehen können. Und ja, es gebe die Angehörigen, die ihre Sterbenden nicht gehen lassen wollen: "Einmal wurde ich zu einer Familie gerufen, wo die Angehörigen längst wussten, dass es zu Ende gehen wird. Sie sind um das Sterbebett gesessen, und die Person konnte einfach nicht sterben. Ich sagte: Kommt, wir gehen mal raus einen Kaffee trinken. Und die sagten: Das können wir nicht machen! Und ich: Doch. Ich glaube, sie möchte den Schritt alleine tun." Sie gingen in die Küche, tranken Kaffee, und als sie zurückkamen, war die Person "friedlich eingeschlafen".

Urne über Bord

Eine Donaubestattung erfolgt ab Eintritt des Todes nach ca. zwei Wochen. Davor muss noch die Sargverabschiedung beim Krematorium oder auf dem Friedhof organisiert und die Einäscherung durchgeführt werden. Zwischenzeitlich wird der Termin der Donaubestattung finalisiert, der Ablauf der Trauerfeier an Bord mit den Angehörigen besprochen, Blumenschmuck ausgesucht, die Farbe der Wasserurne bestimmt, die Musikauswahl getroffen und die Trauerrede geschrieben.

Carolin Hoffeld übergibt die Urne der Donau.
Christian Fischer

Heute sind es 40 Trauergäste. Hoffeld hält eine kurze, entspannte Begrüßungsrede: "Es darf keiner ohne mein Einverständnis über Bord gehen", beginnt sie lächelnd. "Und wenn jemandem schlecht wird, leiste ich gerne Erste Hilfe, denn Bestatter können nicht nur die letzte Hilfe leisten." Das lockert die Stimmung, wir legen ab. Nach 20 Minuten stromaufwärts sind wir bei der für Bestattungen freigegebenen Beisetzungsstelle zwischen den Kilometern 42 und 45 angekommen. Die Angehörigen wünschten sich Gracias a la vida als Abschiedslied, nach der Rede wird die Urne "dem Wasser übergeben". Sie wird begleitet von Blütenblättern, Kapitän Haider läutet die Schiffsglocke und dreht zwei Ehrenrunden um die Beisetzungsstelle. Auf dem Rückweg "begleiten wir die Urne" noch, und nach 15 Minuten stromabwärts legen wir an.

Kapitän Markus Haider dreht noch zwei Ehrenrunden um die Beisetzungsstelle.
Christian Fischer

Es war eine schöne Feier mit vielen Angehörigen, aber Hoffeld und ihr Team gestalten auch die "stille Donaubestattung ohne Angehörige" nicht weniger feierlich. Da bekommt sie nur die Urne ausgehändigt und übergibt sie alleine dem Wasser. Manchmal fehlt es den Hinterbliebenen schlicht an Geld, und dann drückt sie auch mal ein Auge zu: "Kommt halt mit!" Sie selbst hat sich längst die Karibik als den Ort ihres eigenen Abschieds ausgesucht, erzählt sie. Und dann weiß sie zum Abschied noch von dem Paar, wo die Ehefrau ihrem im Sterben liegenden Mann die Hand hielt und der zu ihr sagte: "Schatzl, ich mach’s auch zum ersten Mal." Und dann schloss er zum ersten Mal für immer die Augen. (Manfred Rebhandl, 19.5.2023)