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In einem Hotel im Nirgendwo.

Foto: Robert Kalb / picturedesk.com

Kürzlich fuhr ich aus familiärem Anlass ein paar Tage nach Vorarlberg. Mein Eheweib und ich legten die Fahrt gemächlich an. Wir fuhren nicht mit der ÖBB, weil uns die ständigen "Heil Hitler"-Rufe im Zug auf die Nerven gehen, wollten aber auf halber Strecke übernachten. Leider war das Hotel in der Gemeinde B. voll besetzt, daher buchten wir ein Quartier in einem nahegelegenen Örtchen, das ich, zu seinem Schutz und zu meinem, "Nirgendwo" nenne.

Auf der A1 konnten wir stundenlang beidseits der Fahrbahn die Fortschritte an der Flächenfraßfront in Österreich wahrnehmen. Alle Achtung, da geht etwas weiter! Weil keine Klimakleber im Weg klebten, erreichten wir Nirgendwo frühzeitig. Wir beschlossen, vor dem Einchecken einen Spaziergang zu machen.

Gleich am Ortsrand von Nirgendwo gibt es einen Supermarkt mit einem etwa einen Quadratkilometer großen Betonparkplatz davor, Auto abstellen also null Problemo. Von hier aus gingen wir im strömenden Regen eine Straße mit Baulichkeiten entlang, die die Bauleute nach dem bewährten Prinzip des Hamster- oder Zwergenhäuschens entworfen haben. Damit es nicht eintönig wird, setzen sie aber auf extravagante Färbelungen der Mauern, wie Gagerlgelb und Pisswürfelgrün.

SUV und Thujenhecke

In den Carports stehen der Erst- und der Zweit-SUV für die Mobilität. Zudem sieht man Jägerzäune, Thujenhecken, Eternitwände, Edeltannen und Steingärten. Zum Glück gibt es im Ortszentrum drei Gasthäuser, unglücklicherweise sind alle drei aufgelassen. Zum Glück sahen wir aber eh keinen Menschen, also auch niemanden, der hätte einkehren können.

Das Hotel war dann eigentlich mehr ein Einfamilienhaus mit zehn Zimmern und Fenstern mit preisgünstigen dicken Jalousien aus dem Supermarkt, die schon am Nachmittag alle geschlossen waren. Im Zimmer sorgten Farbdrucke von imaginären exotischen Landschaften für Sonne im Herzen, wenn es draußen schüttet.

Blöd war nur, dass wir die einzigen Gäste waren und der Hotelbesitzer von seinem Aussehen und Gebaren her stark an einen gealterten Norman Bates aus Hitchcocks Psycho erinnerte. Ob er auch die Mumie seiner Mami in einem Nebengebäude sitzen hat, wissen wir nicht, weil wir sehr früh abgefahren sind. Aber ein toller Aufenthalt war es trotzdem, und wir kommen ganz sicher wieder. (Christoph Winder, 20.5.2023)