Novomatic-Gründer Johann Graf weist die Vorwürfe der WKStA zurück, er hat erstmals dazu Stellung genommen.

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Wenn sich Novomatic-Gründer Johann Graf mit Politikern trifft, dann gehe seine Rolle "in der Regel nicht über das Begrüßen und das Führen eines kurzen Smalltalk-Gesprächs (…) hinaus": Das behauptet zumindest Graf selbst, und zwar in einer schriftlichen Stellungnahme, die er am 26. April den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übergeben hat.

Das ist nach Jahren das erste Mal, dass sich Graf zu den Vorwürfen der WKStA äußert. Sie beschuldigt den Unternehmer, rund um die Vorstandsbestellung in der Casinos Austria AG (Casag) einen Deal mit der FPÖ geschlossen zu haben. Im Frühling 2019, kurz vor Erscheinen des Ibiza-Videos, war ja der frühere FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo zum Finanzchef der Casag bestellt worden. Nominiert hatte ihn die Novomatic, damals eine der drei großen Casag-Eigentümerinnen. Die WKStA vermutet, dass die FPÖ im Gegenzug Unterstützung bei Glücksspielgesetzen und Lizenzen gewähren sollte.

Sidlo-Nominierung "völlig wertfrei"

Graf bestreitet das wie alle anderen Beschuldigten, und es gilt die Unschuldsvermutung. In seinem Schreiben an die WKStA sagt Graf, er sei der Entscheidung für Sidlo "völlig wertfrei" gegenübergestanden und habe als "Mehrheitseigentümer der Novomatic AG ja nichts mit der Bestellung des Casag-Vorstands zu tun gehabt". Er habe bei der Novomatic keine Organfunktion innegehabt und ausschließlich seine Rechte als Gesellschafter ausgeübt. Ab und zu nehme er "als Gast" an Sitzungen teil, um sich zu informieren; ab und zu werde er aufgrund seiner Erfahrungen auch um Rat gefragt.

Kontakt mit dem damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) habe Graf nur um den Eigentümerstreit bei der Casag gehabt. Die Novomatic wollte ja die Mehrheit am teilstaatlichen Glücksspielkonzern, das haben die Wettbewerbshüter aber nicht erlaubt. Ab damals sei sein Interesse an der Casag abgeflaut, in der Folge wurde die tschechische Sazka größte Eigentümerin. Mit der Novomatic gab es einen Syndikatsvertrag – und viel Streit.

Dass die beiden privaten Glücksspielkonzerne gemeinsam gegen die Interessen der Republik stimmen würden, beschäftigte die türkis-blaue Regierung intensiv. Darum, um den Streit Novomatic-Sazka und um die Vorstandsbestellung bei der Casag, sei es auch bei Grafs Kontakten mit Löger gegangen.

Glücksspielrechtliche Themen seien bei seinen Gesprächen mit Löger und dem damaligen Novomatic-Chef Harald Neumann nicht besprochen worden. Dasselbe gelte für Grafs Termin mit dem damaligen Staatssekretär im Finanzministerium Hubert Fuchs (FPÖ), an dem auch Neumann und die damalige Casag-Managerin und ÖVP-Bundesparteivizeobfrau Bettina Glatz-Kremsner teilgenommen hat. Man habe auf der jährlichen Glücksspielmesse ICE in London "hauptsächlich Smalltalk geführt", und wie schon zuvor bei einer Betriebsführung habe er bei Fuchs dafür plädiert, die illegalen Anbieter zu stoppen. Danach habe er sich noch allein mit Fuchs unterhalten, weil er ihn "etwas näher kennenlernen wollte", und da sei es um rein private Themen gegangen – wie seinen persönlichen Werdegang und "Oldtimer".

Mit dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und dem damaligen Kanzleramtsminister Gernot Blümel (beide ÖVP) habe er sich jedenfalls nie getroffen, sagt der Novomatic-Gründer.

Löger: "Keine Idee, wer mit 'L' gemeint sein könnte"

Eine Woche vor Graf hatte auch Löger vor den Ermittlern ausgesagt. Dem ehemaligen Finanzminister wurde unter anderem eine E-Mail vorgelegt, die ein Novomatic-Manager an einen FPÖ-nahen Steuerberater geschickt hatte. Darin hieß es, dass Novomatic zum Thema Glücksspielkonzessionen einen Deal mit "L." habe. "Ich schließe aus, dass sich das 'L' auf mich bezieht. Ich habe keine Idee, wer mit 'L' gemeint sein könnte", sagte Löger dazu. Die Themen Online- oder auch Spielbanklizenzen seien "in meiner Amtszeit kein Thema" gewesen. Und: "Ich hätte auch im fachlichen Bereich da gar nicht mitreden können, weil Glücksspielthemen nicht mein Kernbereich sind. Ich hätte daher gar nichts zusagen können." Seine Beteiligung an einem etwaigen Deal schließe er "definitiv" aus.

Konfrontiert wurde Löger auch mit der Aussage von Ex-Casag-Chef Alexander Labak. Der hatte angegeben, ihm sei vonseiten der Novomatic zugetragen worden, dass Bettina Glatz-Kremsner unbedingt seinen Job haben wolle, nachdem sie unter Türkis-Blau doch nicht Finanzministerin geworden sei. Für Glatz-Kremsner, die letztlich zeitgleich mit Sidlos Bestellung dann auch Casag-Chefin wurde, habe es "höchsten politischen Druck" gegeben, sagte Labak aus. "Es hat weder auf mich noch von mir einen solchen Druck gegeben. Ich habe diesbezüglich auch keine Wahrnehmungen", sagte Löger dazu.

Die Einvernahmen von Graf, Löger und zuvor auch Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache weisen darauf hin, dass sich die Ermittlungen rund um die Casag-Vorstandsbestellung und einen etwaigen politischen Deal im Endspurt befinden. So hat die WKStA Graf laut dessen Stellungnahme auch mitgeteilt, dass die Auswertungen zu den Ermittlungssträngen "Sidlo" und mutmaßlichen Geldflüssen an die FPÖ über einen Steuerberater abgeschlossen seien. Nach mehr als vier Jahren könnte eine Entscheidung über Anklage oder Einstellung in der Causa Casinos also demnächst bevorstehen. (Renate Graber, Fabian Schmid, 19.5.2023)