Die schlechte Nachricht zuerst: Negative Schlagzeilen "ziehen" besser. Eine kürzlich im Fachjournal "Nature" erschienene Studie zeigt, dass bei Onlinemedien jeder negative Ausdruck in einer Schlagzeile die Zahl der Leserinnen und Leser um über zwei Prozent erhöhte.

Für Medien erscheinen gute Nachrichten in diesem Licht als teurer Luxus: Sie tun gut, werden aber wenig gelesen. Doch die Fülle an schlechten Nachrichten bleibt nicht ohne Folgen. Studien zeigen, dass das intensive Konsumieren negativer Berichterstattung unter anderem zu pauschalem Misstrauen gegenüber Menschen und insbesondere zu Politikverdrossenheit führen kann.

Schlechte Nachrichten sind kurzfristig gut für die Auflage, wie eine aktuelle Studie bestätigt.
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Das Problem wird durch ein Ungleichgewicht zwischen negativen und positiven Nachrichten verschärft. Es entsteht nicht allein durch Übermaß an negativen Nachrichten in der Berichterstattung von Medien, negative Nachrichten üben auch einen stärkeren Effekt bei Menschen aus und bleiben länger in Erinnerung als positive.

Immer mehr Menschen vermeiden infolgedessen bestimmte Nachrichtenthemen oder Nachrichten an sich. Der Digital News Report des Jahres 2022, der auf Befragungen von über 90.000 Personen in aller Welt beruht, ermittelte als Grund für zunehmende Nachrichtenvermeidung, dass sich Nachrichten negativ auf die Stimmung auswirkten.

Konstruktivität als Möglichkeit

Eine Gegenstrategie könnte laut Fachleuten "konstruktiverer" Journalismus sein, der Lösungswege aufzeigt. Doch nicht immer sind klare und einfache Lösungen vorhanden, die uns mit Wohlbefinden zurücklassen, etwa wenn es um die grundlegenden Veränderungen geht, die nötig wären, um die Erderwärmung langfristig auf 1,5 oder zumindest zwei Grad zu begrenzen.

"Rage", "Kill" – negative Schlagzeilen erregen leichter Aufmerksamkeit als positive. Das hat Auswirkungen auf das Befinden der Menschen.
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Eine Forschungsgruppe aus Großbritannien hat nun weitere mögliche Strategien gegen Nachrichtenvermeidung unter die Lupe genommen. In einer Studie im Fachjournal "Plos One" berichten die Forscherinnen Kathryn Buchanan von der Universität Essex und Gillian M. Sandstrom von der Universität Sussex nun von ihren Ergebnissen.

Mischung aus Positivem und Negativem

Für ihre Untersuchung befragten die Studienautorinnen 1.800 Personen. Sie teilten sie in Gruppen und konfrontierten sie mit Nachrichtenbeiträgen in geschriebener und in Videofrom. Eine Gruppe sah sich Nachrichten über "unmoralische" Geschehnisse an, etwa einen Terroranschlag, eine weitere bekam Nachrichten, die von der Güte von Menschen berichteten, und wieder eine andere bekam Amüsantes zu lesen und zu sehen. Zwei weitere Gruppen sahen sich mit Kombinationen dieser Nachrichten konfrontiert. Eine sah sowohl Berichte über Unmoralisches als auch über Güte, während eine über Unmoralisches informiert wurde, kombiniert mit Amüsantem. Zum Zug kamen reale Medienberichte aus den britischen Medien BBC, ITV, dem "Guardian" und der "Huffington Post".

Die drei Gruppen, die nur eine einzelne Nachrichtenart konsumierten, reagierten großteils wie erwartet. Die Nachrichten über Unmoralisches belasteten die Menschen, sie berichteten über einen Rückgang positiver Gefühle und eine Zunahme negativer Gefühle.

Güte besser als Amüsement

Bei den beiden Mischgruppen waren die negativen Gefühle deutlich weniger stark. Bei der Gruppe, die Berichte über Güte erhielt, wurde sogar eine Zunahme positiver Gefühle dokumentiert. Die positiven Meldungen entwickelten eine Art Pufferwirkung, die half, die Belastung durch negative Meldungen abzufedern. Auch amüsante Beiträge hatten eine solche Wirkung, waren aber weniger effektiv.

Das ist also die gute Nachricht: Positive Nachrichten können uns helfen, schlechte Nachrichten besser zu verarbeiten. "Nachrichten, die das Beste der Menschheit zeigen, nehmen den Artikeln, die das Schlimmste der Menschheit thematisieren, den Stachel. So können die Menschen glauben, dass die Welt und die Menschen in ihr grundsätzlich gut sind, was für eine gute psychische Gesundheit entscheidend ist", betonen die Studienautorinnen. Die beiden hoffen darauf, dass Medien mehr positive Nachrichten veröffentlichen. (Reinhard Kleindl, 20.5.2023)