Wohnen in Wien ist teuer. Doch am Wiener Immobilienmarkt ziehen dunkle Wolken auf. Die Preise sinken so schnell wie in keinem anderen europäischen Land.

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Wien – Jahrelang gingen die Preise für Immobilien in Wien nur nach oben. Doch das Blatt hat sich gewendet. Die Bundeshauptstadt hat sich nämlich zum schwächsten Wohnimmobilienmarkt unter den großen europäischen Hauptstädten entwickelt. Die Donaumetropole verzeichnete einen zweistelligen Rückgang im Vergleich zum Höchststand vor einem Jahr, der sogar das schwer angeschlagene Stockholm übertraf. Das zeigt die Bloomberg-City-Tracker-Analyse.

In den jüngsten Monatszahlen verbuchte Wien einen Einbruch von 12,2 Prozent beim Quadratmeterpreis im Vergleich zum Vorjahreshoch. In Stockholm gingen die Preise um 6,4 Prozent zurück, wie aus von Bloomberg gesammelten Daten hervorgeht. Unter den neun derzeit beobachteten Städten verzeichneten derweil nur Madrid, Mailand und Zürich Zuwächse.

Strengere Kreditvergabe zeigt Wirkung

In Wien verschärfen auch die strengeren Vorschriften für Wohnkredite und die Konkurrenz durch einen großen Mietmarkt den Einbruch und drückten die Angebotspreise im Mai auf durchschnittlich 7.084 Euro pro Quadratmeter. Mit weiteren Rückgängen wird gerechnet.

Die Wohnimmobilienmärkte in Europa entwickeln sich unterschiedlich, da die Auswirkungen der höheren Zinssätze einige Gebiete hart treffen, während ein Mangel an Angebot und die Nachwirkungen der globalen Finanzkrise andere stützen. Um die neuesten Trends zu erfassen, hat Bloomberg Zahlen von einer Reihe von Anbietern zusammengestellt, um die Quadratmeterpreise für Wohnungen in den wichtigsten Metropolen zu ermitteln. Bei einigen handelt es sich um Angebotspreise und Orientierungswerte, bei anderen um offizielle Zahlen. Die Preise in Wien wurden aus einem Durchschnitt der Angebotspreise in den 23 Bezirken bei Immopreise.at abgeleitet.

Billiges Geld verzerrte

Durch das Ende der Ära des billigen Geldes sind die europäischen Immobilienmärkte durcheinandergewirbelt worden. Die Zinserhöhungen der Zentralbanken haben Hypotheken verteuert, während die Verbraucher unter dem Druck der hohen Kosten für Energie und Lebensmittel leiden. Dennoch sind die Auswirkungen der höheren Kreditkosten ungleichmäßig.

Die Daten von City Tracker zeigen, dass die einst von der globalen Finanzkrise gebeutelten Gebiete vom aktuellen Abschwung weniger stark betroffen sind, während Städte, die dank eines Jahrzehnts billiger Kredite einen Aufschwung erlebten, am meisten leiden.

Mieten statt kaufen

Angesichts steigender Zinsen und der Inflation, die das verfügbare Einkommen schmälert, bleiben mehr Wiener Familien in Mietwohnungen, anstatt zu kaufen, so die Immobilienagentur sReal Immobilienvermittlung GmbH. Trotz des Rückgangs sind die Preise nach einer langen Reihe von Anstiegen immer noch hoch. Die lockeren Finanzierungsbedingungen während der Covid-19-Pandemie haben die Nachfrage nach Wohnraum weiter angeheizt, und laut einer Auswertung der Oesterreichischen Nationalbank lagen die Wiener Immobilienpreise Ende 2022 um 40 Prozent über dem fundamentalen Wert. Seither haben sich die Kreditmärkte jedoch verengt, und das Volumen neuer Hypothekarkredite für österreichische Haushalte ist laut Daten der Zentralbank im März gegenüber dem Vorjahr um mehr als 60 Prozent zurückgegangen.

Lage bleibt angespannt

"Die nächsten Monate werden herausfordernd bleiben", teilte Martina Hirsch, die Leiterin von s Real, per E-Mail mit. "Wir erwarten eine anhaltend schwache Nachfrage sowie einen Markt, der vorsichtig ist und sich nur langsam anpasst. "Neben Wien ist Schweden aufgrund seiner Tendenz zu kürzeren Laufzeiten besonders anfällig für steigende Zinsen, was die Preise in Stockholm im April um 6,4 Prozent drückte. Aber da Mietwohnungen in der schwedischen Hauptstadt extrem schwer zu bekommen sind, hat sich der Rückgang in den vergangenen Monaten verlangsamt.

Andere Länder, andere Ideen

Die jüngsten Daten für Dublin zeigen, dass sich der einstmals boomende Markt mit einem Rückgang von 2,4 Prozent im März abkühlt. Die irische Regierung erwägt die Wiedereinführung von Hypothekenerleichterungen, um den angeschlagenen Verbrauchern zu helfen. Auch in Berlin gab es Rückgänge, im April um ein Prozent.

In Großbritannien, wo die meisten Hypotheken für zwei oder fünf Jahre festgeschrieben sind, werden in diesem Jahr mehr als 1,4 Millionen Briten gezwungen sein, ihre Hypotheken zu refinanzieren. Damit ist der jährliche Anstieg in London gestoppt worden.

Für Spanien wird erwartet, dass sich die Marktverschiebung auf das Angebot auswirkt, da die Bauunternehmen mit höheren Kosten zu kämpfen haben." Der spanische Wohnimmobilienmarkt wird sich in der zweiten Jahreshälfte abschwächen", sagte Borja Garcia-Egotxeaga, Vorstandsvorsitzender des spanischen Wohnungsbauunternehmens Neinor Homes SA. "Aber die Immobilienpreise werden weiter steigen." (red, 19.5.2023)