Das neue Daniel K. Inouye Solar Telescope (DKIST) ist ein außerordentlich leistungsstarkes Sonnenteleskop auf dem Haleakala-Vulkan der hawaiianischen Insel Maui. Das größte Sonnenteleskop der Welt machte anfangs vor allem von sich reden, weil es auch im übertragenen Sinn auf heißem Boden errichtet wurde. Der Vulkan, wie viele andere auch, gilt der hawaiianischen Urbevölkerung als heilig. Doch der Kampf von indigenen Gruppen und Umweltorganisationen gegen das Projekt blieb letztlich vergeblich.

Die Detailaufnahme zeigt eine Brücke zwischen den Rändern eines Sonnenflecks. Außerhalb des Flecks sind sogenannte Konvektionszellen zu erkennen.
NSF/AURA/NSO

Seit 2019 liefert das vom National Solar Observatory der USA gebaute und von einem Zusammenschluss von US-Universitäten (AURA) verwaltete Gerät spektakuläre Bilder von unserem Zentralgestirn. Wenn die Forschenden das Teleskop mit seinem Vier-Meter-Spiegel und seiner adaptiven Optik auf die Sonne richten, erzeugen die gebündelten 13 Kilowatt Sonnenenergie eine enorme Wärmemenge, die erst einmal abgeführt werden muss. Ein spezielles Kühlsystem schützt daher die Optiken und die empfindliche Technik vor der entstehenden Hitze.

Enorm scharfer Blick

Das nach einem US-Senator für den Bundesstaat Hawaii benannte Inouye-Sonnenteleskop liefert eine räumliche Auflösung, die es den Astronominnen und Astronomen ermöglicht, genauer als je zuvor von der Erde aus die Sonnenoberfläche zu studieren. Selbst Merkmale mit 20 Kilometern Durchmesser können unter günstigen Bedingungen damit noch wahrgenommen werden. Mithilfe dieser Schärfe suchen die Wissenschafter nach den Ursprüngen des Sonnenmagnetismus, den Mechanismen hinter der koronalen Erwärmung und den Triebkräften des Sonnenwinds, der Sonneneruptionen und der koronalen Massenauswürfe.

Nun hat die National Science Foundation (NSF) einen neuen Schwung von Aufnahmen des Inouye-Sonnenteleskops veröffentlicht. Die acht mit dem Sensor Visible-Broadband Imager (VBI) aufgenommenen Bilder zeigen turbulente Sonnenflecken aus nächster Nähe, aber auch vergleichsweise ruhige Gegenden der Sonnenoberfläche:

Konvektionszellen, in der Fachwelt auch Granulation genannt, haben einen Durchmesser von 500 bis 2.000 Kilometern.
NSF/AURA/NSO

"Die eingefangenen Sonnenflecken sind dunkle und kühlere Regionen auf der Sonnenoberfläche, die auch als Photosphäre bekannt ist. Hier wirken starke Magnetfelder", erklärt ein Team der Association of Universities for Research in Astronomy (AURA). "Sonnenflecken variieren in ihrer Größe, aber viele von ihnen sind größer als die Erde."

Auch bei diesem Bild, das an ein schreiendes Gesicht erinnert, verbinden sogenannte Lichtbrücken die Ränder eines Sonnenflecks. Forschende gehen davon aus, dass ihr Auftreten den Anfang vom Ende eines Sonnenflecks markiert. Lichtbrücken sind sehr komplex aufgebaut und nehmen verschiedene Formen und Phasen an.
NSF/AURA/NSO

Sonne wird aktiver

Von komplexen Sonnenflecken oder Sonnenfleckengruppen gehen häufig auch explosive Ereignisse aus, wie solare Eruptionen oder gar koronale Massenauswürfe, die Sonnenstürme erzeugen können. Zahlreiche einander überlagernde Zyklen bestimmen den Lebenslauf unseres Zentralgestirns, deren Hintergründe vielfach noch unklar sind. Einer der auffälligsten ist der Schwabe-Zyklus, der von einem Sonnenfleckenmaximum durchschnittlich alle elf Jahre ausgeht.

Während dieser Aktivitätshöhepunkte kommt es auch zu häufigeren Plasma- und Strahlungsausbrüchen, so wie sich die Sonne während dieser Zeit generell eher von ihrer rabiateren und unberechenbaren Seite zeigt. Das letzte Sonnenfleckenminimum liegt drei Jahre zurück, momentan steuern wir also auf ein neues Maximum zu – die jüngsten Sonnenstürme sind wohl schon ein Teil davon.

Filamente in der Chromosphäre der Sonne, jener Schicht, die oberhalb der Oberfläche (Photosphäre) liegt. Die dunklen Linien folgen dem zugrunde liegenden Magnetfeld. Dieses Bild entstand im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts zwischen dem Inouye-Sonnenteleskop und der Parker-Solar-Probe der Nasa.
NSF/AURA/NSO

Träges Blubbern

In den ruhigen Regionen scheint die Sonne eher träge vor sich hinzublubbern. Die Bilder zeigen hunderte Kilometer große Konvektionszellen in der Photosphäre. In den hellen Zentren dieser wabenartigen Bereiche steigt heißes Sonnenplasma auf, kühlt ab und sinkt dann in dunklen, die Zellen umgebenden Bahnen zurück unter die Oberfläche.

Die neuen Aufnahmen repräsentieren freilich nur einen Bruchteil der Daten, die während des ersten Beobachtungszyklus gesammelt wurden. Die künftig daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen letztlich auch dabei helfen, rabiate solare Ausbrüche, die der Technik der Erde gefährlich werden könnten, frühzeitig wahrzunehmen. (tberg, 26.5.2023)