So normal uns unsere gelbe Sonne auch vorkommen mag, wenn es nach den nackten Zahlen geht, ist ihr Sternentypus vergleichsweise eine Rarität in der Milchstraße. Die weitaus häufigsten Sterne sind Rote Zwerge, also deutlich kleinere und kühlere stellare Varianten, die höchstens auf die Hälfte der Masse unserer Sonne kommen. Dementsprechend kreisen auch die meisten Exoplaneten um solche unsteten, langlebigen Gestirne.

Kein ideales Zuhause

Grundsätzlich ist das kein ideales Zuhause für einen Planeten, auf dem Leben gedeihen soll: Um genügend Wärme für flüssiges Wasser abzubekommen, müssen diese Welten ihre kleinen Sterne in sehr geringem Abstand umrunden, was sie einerseits extremen Gezeitenkräften aussetzt (dies führt oft auch zu einer gebunden Rotation). Zum anderen sind Rote Zwerge in der Regel viel aktiver als unsere Sonne, das heißt, sie neigen zu häufigeren und intensiveren Ausbrüchen. Diese teilweise sehr heftigen Flares schleudern intensive elektromagnetische Strahlung und energiereiche Teilchen ins All.

Exoplaneten um Rote Zwergsterne brauchen kreisförmige Umlaufbahnen, um eine stabile Umgebung für die Entwicklung von Leben abzugeben.
Illustr.: ESO/M. Kornmesser/N. Risinger

Treffen sie auf einen nahen Exoplaneten, kann das verheerende Folgen für dessen Atmosphäre haben – im schlimmsten Fall verliert er sie vollständig. Vielleicht aber gibt es für Planeten doch ein Entkommen vor den zerstörerischen Ausbrüchen: Ein Forschungsteam konnte 2021 nachweisen, dass die extrem großen und damit gefährlichsten Flares in der Nähe der Pole von Roten Zwergen aufflammen. Exoplaneten, die sich auf einer Bahn in der Äquatorebene des Sterns bewegen, könnten daher vor solchen Superflares sicher sein.

Gefährdete Exzentriker

Eine aktuelle Studie unterstreicht nun, dass die Hoffnung auf habitable Exoplaneten um Rote Zwerge nicht völlig vergebens sein dürfte: Auf Grundlage neuer Analysen von Teleskopbeobachtungen berechnete ein Team, dass ein gutes Drittel der Planeten von Roten Zwergen in der habitablen Zone kreist. Falls sie von den stellaren Ausbrüchen einigermaßen verschont bleiben, könnten dort auch über längere Phasen stabile Verhältnisse herrschen.

Sheila Sagear und ihre Kollegin Sarah Ballard (University of Florida) vermaßen für ihre Studie die Exzentrizität einer Stichprobe von mehr als 150 Exoplaneten um Zwergsterne vom Spektraltyp M. Je ovaler eine Umlaufbahn in unmittelbarer Sternennähe ist, desto schlechter sind die Prognosen für den Planeten. Der langgezogene, sehr rasante Orbit bringt die Welt ihrem Stern in schneller Folge näher und wieder fern. Das führt zu einem Prozess, der als Gezeitenerwärmung bekannt ist. Die wechselnden Gravitationskräfte kneten den Planeten regelrecht durch und erhitzen ihn durch innere Reibung. Im Extremfall endet das mit der Zerstörung des Planeten.

Fehlende Schlüsselinformation

Nur bei diesen kleinen Sternen ist die habitable Zone so nahe an jenen Bereichen, wo die Gezeitenkräfte zur unmittelbaren Gefahr werden. Dementsprechend hoffte das Team darauf, Exoplaneten mit möglichst kreisförmigen Umlaufbahnen um Rote Zwerge zu finden. Die Daten für ihre Untersuchungen stammen vom Exoplanetenjäger Kepler der Nasa, aus denen auf die Orbits der Exoplaneten geschlossen werden kann. Eine entscheidende Rolle spielten neue Daten des Gaia-Teleskops der Esa, mit dem die Entfernung zu Milliarden Sternen in der Galaxie gemessen wurde.

"Die Entfernung ist wirklich die Schlüsselinformation, die uns vorher fehlte und die es uns jetzt ermöglicht, unsere Analyse durchzuführen", sagte Sagear. Die im Fachjournal "Pnas" veröffentlichten Ergebnisse stimmen zumindest auf den ersten Blick optimistisch: Es zeigte sich, dass etwa ein Drittel der Planeten um M-Zwerge in einer stabilen kreisförmigen Umlaufbahn in der habitablen Zone ihres Systems zu finden ist. Dies würde bedeuten, dass in der gesamten Galaxie hunderte Millionen Exoplaneten potenziell lebensfreundlich sind.

Rote Zwerge im Fokus?

Die Chancen, dass ein Zwergsternsystem einen solchen vielversprechenden Planeten beherbergt, stiegen auch, wenn dort mehrere Exoplaneten um das Zentralgestirn kreisen. Die übrigen zwei Drittel der untersuchten Planeten werden zu sehr von den Gezeitenkräften ihres Sterns durchgewalkt, um gute Lebensbedingungen gewährleisten zu können. "Ich denke, dass dieses Ergebnis für das nächste Jahrzehnt der Exoplanetenforschung wirklich wichtig ist", sagte Sagear. "Diese Sterne sind hervorragende Ziele für die Suche nach kleinen Planeten in einer Umlaufbahn, bei der es denkbar ist, dass Wasser flüssig bleibt." (Thomas Bergmayr, 9.6.2023)