Der digitale Euro kommt, daran ist mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr zu rütteln. Für seine genaue Ausgestaltung wird es am Mittwoch spannend, denn dann wir die EU-Kommission mit einem Gesetzesvorschlag den Grundstein für das Projekt legen, damit die Europäische Zentralbank (EZB) im Herbst loslegen kann. Drei bis vier Jahre soll es dann dauern, bis wir tatsächlich mit dem E-Euro bezahlen können.

"Der digitale Euro soll Bargeld keinesfalls ersetzen, er soll ein Zusatzangebot sein in Bereichen, wo Bargeld auch jetzt schon keine Rolle mehr spielt wie beim Onlineshopping oder digitalen Dienstleistungen", sagt Petia Niederländer, Direktorin der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), am Montag bei einer Pressekonferenz.

Laut Notenbank müsse man sich den digitalen Euro so vorstellen wie digitales Bargeld, das nicht auf einem Bankkonto, sondern in einer digitalen Geldbörse aufbewahrt wird – einer sogenannten Wallet, etwa auf dem Smartphone oder auf einer Karte. Im Prinzip soll der E-Euro eine Art Konkurrenz für Kreditkartenanbieter wie Visa oder Mastercard sowie für Zahlungsdienstleister wie Paypal oder Klarna darstellen. Es gehe darum, die Abhängigkeit von solchen Anbietern zu verringern.

Euro, digitaler EUor
Mit dem digitalen Euro will die EZB eine Zahlungsalternative anbieten, um die Abhängigkeit von Konzernen zu verringern.
Imago / Knut Niehus

Wo liegt der Unterschied

Schnell tut sich die Frage auf: Wozu braucht es etwas, das es im Prinzip schon gibt? Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass der digitale Euro direkt von der EZB kommt. Das heißt: Giralgeld wird größtenteils von Banken erschaffen, wenn sie Kredite vergeben, und mehr als die Hälfte des Geldes in der Eurozone ist Giralgeld. Tatsächliches Zentralbankgeld sind Bargeld und jene Summen, die zwischen Banken und Notenbanken hin und her gehen.

Ebenjenes Zentralbankgeld kann nicht verlorengehen – das andere schon, beispielsweise wenn eine Bank in Konkurs geht, ist das Geld im schlimmsten Fall weg. Natürlich abgesehen von den bis zu 100.000 Euro, die die Einlagensicherung auffängt.

Ganz ohne herkömmliche Banken wird es aber nicht gehen. Sie sollen als Intermediär agieren, beispielsweise soll über die Banking-App der Hausbank bezahlt werden können. Das System werde nur im Euroraum funktionieren, und es werde für die Konsumenten eine Obergrenze für das Geld geben, das in der Wallet gespeichert werden kann, sagt Niederländer. Die Obergrenze in der Wallet braucht es vor allem wegen der Finanzstabilität. Andernfalls könnten Nutzer verstärkt ihre Guthaben in die Wallet umschichten und durch große Liquiditätsabflüsse Banken in eine Schieflage bringen.

Obergrenze gegen Bank-Run

In einer Bankenkrise könnte eine solche Einlagenflucht sehr schnell gehen: Statt vor den Geldautomaten Schlange zu stehen, könnten die Verbraucher mit einem Mausklick Summen in die Digitalwährung verschieben. Deswegen soll es die Obergrenze geben. Hat man etwas mit dem E-Euro bezahlt, soll sich das Guthaben allerdings automatisch wieder auffüllen – wenn es ausreichend Deckung am Bankkonto gibt. Für besagte Obergrenze kursieren Summen zwischen 500 und 3000 Euro, eine fixe Zahl gibt es bisher (noch) nicht. "Der digitale Euro wird ein Zahlungsmittel und nicht zur Wertaufbewahrung dienen. Er wird in puncto bequemes Zahlungsverhalten aber viele Vorteile bringen", sagte Martin Summer, Leiter des Referats Forschung der OeNB. Unter anderem werde die Nutzung des digitalen Geldes für Konsumenten kostenlos sein.

"Keine Negativzinsen"

Die Befürchtung, die EZB könnte über den digitalen Euro Negativzinsen einheben, bezeichnete Summer als unbegründet. "Wenn der digitale Euro zu teuer ist, weichen die Leute auf andere Sachen aus – und wenn es Kaugummipapierln sind", meint Summer. Auch er betont, dass der E-Euro nur ein Zusatzangebot darstellen soll. Die Notenbanken hätten kein Interesse, Bargeld abzuschaffen – sie seien letztlich an einer florierenden Wirtschaft interessiert. "Wir brauchen immer ein Zahlungsmittel, das auch bei einem Stromausfall, einem Serverausfall funktioniert." Wahrscheinlich werde die digitale Währung in mehreren Stufen eingeführt, sodass alle Vorteile erst nach und nach realisiert werden.

Ein Vorbeikommen an digitalen Währungen gibt es jedenfalls nicht mehr. Aktuell gebe es 115 Projekte dieser Art, so auch von der US-Notenbank Fed gemeinsam mit dem Massachusetts Institute of Technology oder der Bank of England, sagt Niederländer. Die Schweizer Nationalbank will sogar noch im laufenden Jahr ein Pilotprojekt mit digitalem Zentralbankgeld in den Umlauf bringen. (Andreas Danzer, 26.6.2023)