Eine Büroarbeiterin verlässt mit Kartonbox den Arbeitsplatz
Wenn Kollegen unfreiwillig zusammenpacken, dann wirkt das auch auf die verbleibende Belegschaft belastend.
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Die Belegschaft entnimmt den Medien, dass die Firma plant, demnächst 50 Leute "abzubauen". Ein paar Gründe wie Marktlage oder Lieferprobleme werden dazu gereicht. Was passiert dann intern mit den Menschen? Wenn schon nicht Panik ausbricht oder Lähmung einsetzt, wen es wohl treffen wird, dann hat die Organisation zumindest ein Gesprächsthema Nummer eins. Die Gerüchteküche brodelt.

Charlotte Eblinger (Eblinger & Partner) zum Richtig und Falsch in der wohl unangenehmsten Situation in einem Arbeitsleben
Unternehmen und ihre Führungskräfte können viel falsch machen, wenn Kündigungen notwendig sind, sagt Personalexpertin Charlotte Eblinger.
Lina Fessler

Deswegen, sagt Personalexpertin Charlotte Eblinger (Eblinger & Partner), ist von solchen angekündigten Kündigungen abzuraten. Ausnahme sind natürlich beim Arbeitsmarktservice meldepflichtige Reduktionen der Belegschaft. Warum erfolgen solche Hiobsbotschaften mit unklarem Inhalt für die Belegschaft dann?

Nicht nur Betroffene leiden

Eblinger erklärt das so: Fällt der Beschluss darüber in der Geschäftsführung, wird je nach Situation auf eine bestimmt Zeit Stillschweigen vereinbart. Ist das Board allerdings nicht ganz einig, dann besteht die Möglichkeit, dass etwas "durchsickert". Das sei oft noch unangenehmer, als gleich aktiv solche Ankündigungen rauszugeben. Dass das Schäden in der gesamten Organisation, der Arbeitsmoral und der psychischen Verfasstheit der Mitarbeitenden anrichten kann, bestreitet die Personal- und Organisationsberaterin nicht.

Und sie berichtet von verdeckten Suchaufträgen, bei denen Nachfolgerinnen für eine Position gefunden werden sollen, um die gegenwärtigen Amtsinhaber zu ersetzen. "So etwas hält sich nicht lange geheim – spätestens nach einem Monat hat es sich herumgesprochen in der Branche. Das kann dann sehr unangenehm werden."

Was ist also der Rat, wenn es schon unvermeidbar ist, sich von Menschen zu trennen und solche schmerzhaften Prozesse in die Wege zu leiten?

Infos zum selben Zeitpunkt

Eblinger ist eindeutig: Die Betroffenen inklusive ihrer Führungskräfte zum Termin bitten und die Entscheidung ad hoc kommunizieren. Aber damit werden doch auch sowohl die Betroffenen als auch verbleibende Kolleginnen und Kollegen geschockt? "Ja", sagt Eblinger. Allerdings seien Klarheit und Eindeutigkeit, wenn es schon so weit kommen muss, die einzig richtige Wahl.

Dass Kündigungen persönlich zu kommunizieren sind, dass dafür ein Gesprächsumfeld aufgebaut werden muss, in dem Menschen – in dem Fall die verantwortlichen Führungskräfte – sich auch den Betroffenen stellen, setzt sie als basale Wertschätzung voraus. Noch wichtiger, sagt Eblinger, sei aber das Timing. Dann sei sogar ein Telefonat mit entsprechend klarem Inhalt vertretbar.

Zu warten, bis alle aus dem Homeoffice in der Firma sind, geht oft nicht. Sind mehrere Menschen einer Abteilung betroffen, dann habe die Information an alle zeitgleich zu gehen. Das klappe eben in der neuen Remote-Arbeitswelt nicht immer. Oder: Ist die Person nicht greifbar, weil auswärts unterwegs, dann gehe es um Pragmatismus, nicht um Warten auf persönliche Gesprächsmöglichkeit. Diese müsse dann nachgereicht werden.

Das sei sicher oft nicht leicht, vor allem, wenn jene Führungskräfte, die an der Entscheidung gar nicht beteiligt waren, diese kommunizieren müssen. Dennoch: Via Mail, via Bildtelefon – das gehöre zu den Dont's, wenn es auch persönlich geht.

Geht das, wertschätzend zu kündigen?

Gibt es das überhaupt, wertschätzend zu kündigen? Eblinger sagt: "Ja." Dabei gehe es dann nicht nur um konkrete Wertschätzung der Person und ihrer Arbeit. Sondern auch um die Möglichkeit, dass die Betroffenen nach einigen Tagen ein zweites Gespräch führen können. Kann das Unternehmen helfen, einen anderen Job zu finden, dann gehöre das – abgesehen von einer breiten Palette an Möglichkeiten zu freiwilligen Austrittsbonifikationen – auch ins Paket. (kbau, 6.7.2023)