Birgit Baumann aus Berlin

Wenn ein Politiker seinen Job verliert, dann gehört er schnell nicht mehr dazu. Alle Blicke richten sich auf den Nachfolger oder die Nachfolgerin.

So gesehen war die Pressekonferenz von CDU-Chef Friedrich Merz am Mittwoch recht ungewöhnlich. Da durfte sein bisheriger Generalsekretär Mario Czaja (47) noch einmal so lange im Konrad-Adenauer-Haus positive Bilanz ziehen, dass viele sich fragten: Warum muss er gehen, wenn eh alles bestens war?

Friedrich Merz (links) mit Carsten Linnemann (rechts).
Friedrich Merz (li.) braucht nach nur eineinhalb Jahren einen neuen Generalsekretär. Carsten Linnemann (re.) übernimmt den Job im Konrad-Adenauer-Haus. Die beiden kennen einander aus Nordhrein-Westfalen.
IMAGO/Chris Emil Janßen

Aber so toll waren die vergangenen 18 Monate eben nicht. Sonst hätte Merz Czaja nicht verabschieden müssen. Genau das tat er dann, wenn auch mit vielen Worten des Dankes. Auf keinen Fall sollte der Eindruck entstehen, es herrsche Unruhe in der CDU.

Doch die gibt es, und zwar schon seit einiger Zeit. Auf den ersten Blick geht es den Konservativen gut. Sie liegen in Umfragen mit rund 28 Prozent auf Platz eins. Einige Institute allerdings sehen die AfD als Nummer zwei dahinter.

Das hat Merz und viele andere in der Union aufgeschreckt. Denn von der schlechten Performance der von Olaf Scholz geführten Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP profitiert offensichtlich nicht die größte Oppositionspartei CDU, sondern hauptsächlich die AfD.

Konservativer Wirtschaftspolitiker

Das zu ändern, ist ab sofort auch die Aufgabe von Carsten Linnemann, den Merz als neuen Generalsekretär eingesetzt hat. Linnemann, 45 Jahre alt, gilt als das Gegenteil von Czaja. Während der Berliner Czaja dem sozialliberalen Flügel angehört, ist Linnemann ein konservativer Wirtschaftspolitiker.

Von 2013 bis 2021 war er Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), mit rund 25.000 Mitgliedern der größte parteipolitische Wirtschaftsverband in Deutschland. Linnemann stammt wie Merz aus Nordrhein-Westfalen und hat aus seiner Bewunderung für den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nie ein Hehl gemacht.

In Berlin ist Linnemann ein gerngesehener Gesprächspartner. Er formuliert präzise und ist deutlich angriffslustiger als sein Vorgänger Czaja. Nun soll er der CDU deutlich mehr Gehör verschaffen.

Zwar fiel die Entscheidung für Linnemann am Mittwoch im CDU-Bundesvorstand einstimmig. Doch einige, nicht unmaßgebliche, Konservative werden sich seine Arbeit genau ansehen.

Grüne als "Hauptgegner"

Als vor zwei Wochen im thüringischen Sonneberg erstmals ein AfD-Mann in Deutschland zum Landrat gewählt wurde, beschrieb Merz die künftige Strategie der CDU so: "Hauptgegner" seien die Grünen. Einerseits können das viele nachvollziehen, denn zwischen Grünen und Union liegen politisch oft Welten.

Darauf weist seit einiger Zeit auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hin. Er hat in seinem Bundesland im Oktober Landtagswahlen und will danach auf keinen Fall die Grünen in eine Regierung holen, sondern in der bisherigen "Bayern-Koalition" mit den Freien Wählern (FW) weitermachen.

Andererseits regieren die schwarzen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (Nordrhein-Westfalen) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) nicht unzufrieden mit den Grünen. Dementsprechend mahnte Wüst vor kurzem einen Kurs der Mitte ein und wurde darin von Günther unterstützt.

Dessen Seitenhieb auf Merz: "Es hilft uns nicht, wenn wir Fehler beim Heizungsgesetz dazu nutzen, die Grünen oder ein ganzes Ministerium zu diskreditieren."

Zwei mit Ambitionen

Außerdem bezeichnete Günther Wüst als einen "der wichtigsten Köpfe, die wir in der Union haben". Vor allem Wüst, aber auch Günther sagt man eigene Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur für die Union im Jahr 2025 nach.

Merz, der als Parteichef das erste Zugriffsrecht hat, will die Frage erst im Sommer 2024 mit CSU-Mann Söder klären. Eine Spitze gegen Wüst wollte er sich nicht verkneifen. "Leider" so Merz, sei die Unzufriedenheit im schwarz-grün regierten Nordrhein-Westfalen fast genauso groß wie jene mit der Bundesregierung in Berlin.

In dieser Gemengelage also übernimmt Linnemann. Von Czaja erbt er noch ein Problem: Bisher ist der Parteiausschluss von Hans-Georg Maaßen aus der CDU noch nicht gelungen.

Die CDU-Spitze will den ehemaligen Chef des Amts für Verfassungsschutz loswerden. Sie wirft ihm vor, "Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen" zu gebrauchen. Doch nun hat ein Kreisparteigericht der CDU in Thüringen den Ausschluss Maaßens abgelehnt. (Birgit Baumann aus Berlin, 12.7.2023)