Ein Dollarschein liegt in Mitten von Papierresten
Die Brics-Staaten wollen den Dollar als Leitwährung im internationalen Handel schwächen und mit einer eigenen digitalen Währung ein Gegengewicht schaffen
Illustration: Midjourney

Dass der Dollar als Zahlungsmittel im Welthandel eine so große Rolle spielt, ist immer mehr Ländern ein Dorn im Auge. Erst im April besuchte Brasiliens Präsident Lula in Peking seinen Amtskollegen Xi Jinping und sagte recht emotional, dass er sich "jede Nacht fragt, warum alle Länder ihren Handel in Dollar abwickeln". "Warum können wir nicht in unseren eigenen Währungen handeln?", fragte er in seiner Rede bei der New Development Bank in Schanghai.

Rückblickend erscheinen diese Treffen in einem neuen Licht. Denn die BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – planan nun ihre eigene digitale Währung. Diese neue Geldeinheit soll durch Gold, Silber, Rohstoffe und auch seltene Erden gedeckt werden. Der Staatenbund will damit den internationalen Handel erleichtern und zugleich unabhängiger vom US-Dollar als Leitwährung werden. Vorgestellt werden soll das Währungsprojekt beim 15. Gipfel der BRICS-Staaten, der vom 22. bis 24. August in Südafrika stattfinden wird.

Kommt Putin?

Pikantes Detail: Der Gipfel findet in Präsenz statt. Russlands Präsiden Wladimir Putin hat eine Einladung bekommen, gegen ihn liegt aber seit März wegen des Angriffs auf die Ukraine ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vor. Gemäß diesem müsste Putin bei seiner Ankunft festgenommen werden, da Südafrika Vertragsstaat des IStGH ist. Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor sagte zuletzt, dass die Regierung "rechtliche Optionen" prüfe, die Putin die Teilnahme am Gipfeltreffen ermöglichten.

Nun könnte man sich fragen, ob es den Dollar tatsächlich schwächen würde, wenn fünf Länder auch in einer anderen Währung Geschäfte abwickeln. Nun, vielleicht würde das den Dollar noch nicht stark treffen. Doch die Gruppe der Brics-Staaten will wachsen. Vor allem China und Russland haben die Idee ventiliert, den Staatenbund zu vergrößern. 20 bis 40 Länder haben bereits ihr Beitrittsinteresse angemeldet. Zu ihnen zählen etwa die Türkei, Argentinien, Venezuela, Saudi-Arabien, Iran und auch die Vereinigten Arabischen Emirate. Es handelt sich also um Länder, die über große Rohstoffvorkommen verfügen. Stellen sie ihren Handel auf eine neue Währung um, wird das den US-Dollar als Leitwährung zweifelsohne hart treffen. In dieses Bild passt, dass Pakistan im Juni erstmals eine Lieferung russischen Öls nicht in US-Dollar, sondern in chinesischen Yuan bezahlt hat.

Bei Kaufkraft G7 überholt

Zur Einordnung: Mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung leben in den fünf Brics-Ländern. Seit dem Start des Bundes 2009 haben sich die Brics-Staaten von Schwellenländern zu wirtschaftlich potenten Staaten entwickelt. Der Anteil am Weltbruttosozialprodukt der G7-Länder – Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada und USA – ist von rund 50 Prozent Anfang der 1980er-Jahre auf heute 30 Prozent gesunken. Die Brics-Länder haben eine umgekehrte Entwicklung: Ihr Anteil am globalen BIP stieg in der gleichen Zeit von gut zehn Prozent auf 31,5 Prozent im Jahr 2022. Gemessen an der Kaufkraft haben die Brics die G7 damit bereits überholt.

Wächst die Gruppe, verschiebt sich diese Bilanz weiter, der wirtschaftliche Einfluss würde wachsen. Nicht umsonst wird davon gesprochen, dass der kommende Gipfel ein Meilenstein in der Geschichte der Brics-Allianz darstellen soll.

Schwächen im System

Doch im Brics-System lauern Gefahren. Es handelt sich um keinen strukturierten Staatenverbund wie beispielsweise die EU. Es gibt (noch) keine gemeinsame Verwaltung. Demokratisch gewählte und autoritäre Regierungen treffen aufeinander. Das ökonomische Gewicht ist extrem ungleich. Mehr als 70 Prozent des Bruttosozialprodukts der Brics erwirtschaftet China. Das Pro-Kopf-Einkommen ist in Russland fünfmal höher als in Indien.

Die Grafik zeigt, dass der Anteil des US-Dollars an den offiziellen Devisenreserven zuletzt gesunken ist. Bei den Devisentransaktionen spielt er aber noch immer die große Rolle.
Der Dollar spielt im internationalen Zahlungsverkehr eine große Rolle.
BIS / Der Standard

Spannend ist, dass Saudi-Arabien den Brics-Staaten beitreten will. Das Land spielt eine wesentliche Rolle bei der Bedeutungsgebung des Dollar. Als US-Präsident Richard Nixon 1971 die Goldbindung des US-Dollars aufhob, drohte die US-Währung einzubrechen. 1973 trat an die Stelle des GoldStandards der Petrodollar, der den Aufstieg des Dollars zur internationalen Leitwährung begründete. Die USA schlossen einen Deal mit Saudi-Arabien – dem damals größten Ölproduzenten. Gegen Waffenhilfe verpflichtete sich das Königreich, Erdöl nur noch gegen US-Dollar zu verkaufen (die die Scheichs in US-Staatsanleihen reinvestierten). Andere erdölexportierende Länder übernahmen das System. Aus der Gewohnheit wurde Zweckmäßigkeit. Doch das könnte sich bald wieder ändern. (Bettina Pfluger, 16.7.2023)