Vor etwas mehr als drei Jahren ist im burgenländischen Mattersburg die Commerzialbank umgefallen – mit großem Getöse. So unbekannt das Institut damals einer breiteren Öffentlichkeit war, so bekannt ist es heute: als Kriminalfall mit beachtlichen Ausmaßen.

Der frühere Vorstandschef und Präsident des Fußballklubs SV Mattersburg (SVM), Martin Pucher, und seine Vorstandskollegin haben schnell gestanden, seit langen Jahren Luftgeschäfte gemacht und die Bilanzen frisiert zu haben. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Im Rahmen einer Vor-Ort-Prüfung hatte sich im Sommer 2020 ein Whistleblower mit detailreichen Informationen gemeldet, am 14. Juli drehte die Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA die Bank zu. Es folgte die drittgrößte Insolvenz der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen 46 Beschuldigte, den Schaden setzt sie bei rund 600 Millionen Euro an (siehe Wissen).

Erster Vorhabensbericht fertig

Anklagen gibt es in diesem höchst umfangreichen Strafverfahren noch nicht, aber die WKStA hat bereits Vorhabensberichte eingebracht, auf deren Erledigung durch die Oberbehörden sie nun wartet.

Neben erfundenen Krediten, Spareinlagen und Interbankeinlagen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro geht es in der Causa auch um Geschenke, die Pucher verteilt hat, und um das Sponsoring des Fußballklubs. All das haben Gerichtssachverständige bereits in zahlreichen Gutachten beleuchtet, zudem hat die Soko Commerzialbank etliche Berichte erstellt.

Geständnisse der Banker

In einem Zwischenbericht von Mai geht es um ihre Erkenntnisse zu den Sponsorverträgen mit dem SVM und seiner GmbH – beide längst insolvent sind.

Die Ex-Bankerin und der Banker sollen Sponsorverträge im Namen von Sponsoren ge- oder verfälscht haben und das Geld dafür, zumindest fast 1,5 Millionen Euro, selbst überwiesen haben – aus dem fiktiven Geldkreislauf der Bank. Auch dazu seien Pucher und seine Exkollegin "grundsätzlich geständig", heißt es in dem Bericht der Kriminalisten.

Und so sollen die beiden, vor allem aber die Bankerin, vorgegangen sein: Zu Saisonabschluss oder -anfang der Bundesliga hätten sie die Summen in echten Sponsorenverträgen erhöht oder gleich ganz gefälscht, indem sie Verträge auf- und kopierte Unterschriften eingesetzt hätten. In der Folge seien dann ihre "Fake-Sponsorzahlungen" an den Verein überwiesen worden. Zum Teil seien die Zahlungen aber auch im Namen von einstigen Sponsoren erfolgt, die ihre Verträge längst aufgelöst hatten.

Erfundene und echte Sponsoren

Im Rahmen ihrer Recherchen entdeckten die Ermittlerinnen und Ermittler zudem, dass auf diese Weise "namhafte, international tätige Gesellschaften" zu Fake-Sponsoren wurden. Darunter auch eine Lebensmittelkette, ein Sportartikelhändler, Sportwettenanbieter, eine Telekomgesellschaft, ein großes Versicherungsunternehmen und eine Bausparkasse. Auffällige Verträge hatten die Ermittler auf diese Spur geführt, die Einvernahmen der damals Zuständigen in den Unternehmen und die Geständnisse der Ex-Banker haben ihren Verdacht dann erhärtet.

Auf die Fährte der anderen Fake-Sponsoren war die Soko durch Listen des zuständigen Finanzamts gekommen. Einer von ihnen hat den SVM mehr als 30 Jahre, einer fast 20 Jahre unterstützt, die Ex-Commerzialbanker haben ihre Zahlungen sozusagen erhöht – in einem Fall etwa um 277.600 Euro.

Um noch viel mehr Geldmittel ging es bei einem Energieunternehmen, das den von Bankchef Pucher präsidierten Sportverein ab dem Jahr 2005 mit 632.000 Euro unterstützt hatte. Stolze 670.000 Euro soll die beschuldigte Ex-Bankerin laut Soko-Bericht dazu überwiesen haben. Zu diesem Zweck hat sie laut ihrer Aussage mehrere komplexe Buchungen vorgenommen und ein Konto bei der Bank Austria zwischengeschaltet.

Wundersame Geldvermehrung

Die Verantwortlichen des Sportvereins selbst sollen keinen Verdacht geschöpft haben. Dort habe sie "nie wer gefragt, woher das Geld kommt", aus ihrer Sicht habe im SVM niemand den Ursprung der Zahlungen erkannt, sagte die Beschuldigte dazu aus.

Summa summarum kamen laut den Ermittlern so allein aus den in diesem Zwischenbericht beleuchteten 1,9 Millionen Euro an echten Sponsorzahlungen die genannten fast 1,5 Millionen Euro dazu. (Renate Graber, 25.7.2023)

Einer Commerzialbank-Filiale in einem rosa Haus und das Logo der Bank.
Mitte Juli 2020 ist die kleine burgenländische Bank wie ein Kartenhaus in sich zusammengestürzt. Eine Rieseninsolvenz war die Folge.
Matthias Cremer