Eine Frau benutzt einen Bankomaten.
Für klassisches Bankgeschäft brauchen Kunden kaum mehr eine Filiale. Daher muss das Filialkonzept neu gedacht werden, sagen Experten.
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Wer heute ein Konto und eine Bank-App hat, braucht eigentlich kaum mehr eine Filiale. Das ist auch ein Grund, warum Banken immer mehr Filialen schließen. Geht es aber um eine Beratung bezüglich einer Vorsorge, Veranlagung oder Finanzierung, sind Berater wiederum gefragt. Die Bankfiliale der Zukunft muss also hybrid sein. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Zeb Consulting, eines Beratungsunternehmens im Bereich Financial Sercives.

Vor Corona waren noch mehr als ein Viertel aller Privatkunden in Europa reine "Offlinebanking-Kunden", für 2025 wird eine Reduktion dieses Anteils auf rund zehn Prozent prognostiziert. Das liegt auch daran, dass wegen der Kontaktbeschränkungen während der Pandemie die digitalen Services nun besser genutzt werden. "Hybrides und digital geprägtes Kundenverhalten wird deutlich zunehmen", sagt Michaela Schneider, Zeb-Managing-Partnerin in Österreich. Die Bankfiliale der Zunkunft muss also beides erfüllen. Hierbei orten die Zeb-Experten europaweit noch großen Aufholbedarf. Für die Analyse wurden mehr als 70 Filialen unterschiedlicher Banken quer durch Europa besucht. Von top durchgestylten Filialen mit Lounge-Charakter bis hin zu Niederlassungen, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, war laut Zeb alles dabei.

Aufholbedarf ist groß

In Österreich orten die Experten ebenso Aufholbedarf. Der Digitalisierungsgrad der Services in Filialen österreichischer Retailbanken sei niedrig. Rund zehn Prozent der Filialen weisen nach wie vor ein vollständig analoges Servicebild mit Fokus auf persönlicher und stark papiergebundener Interaktion auf. Die Mehrheit der Filialen – ca. 45 Prozent – ist semidigital bzw. hybrid aufgestellt. "Nur rund fünf Prozent werden einem rein digitalen Anspruch und Approach gerecht", sagt Schneider.

Damit Filialen in Zukunft noch Berechtigung haben, müssen sie auch noch ein anderes Bild erfüllen. "Sie sollten eine Willkommensatmosphäre haben wie ein Hotel und die Umgebung einbinden", beschreibt Ulrich Hoyer, Zeb-Partner und Initiator des Zeb-Filialkompasses. Gemeint sind damit Räume, die über das Bankgeschäft hinausgeht. Räume, die von kleineren Unternehmen oder Vereinen für Meetings oder kleinere Veranstaltungen gebucht werden können. In den USA würden Filialen schon bewusst als Ort der sozialen Interaktion positioniert. "In London gibt es Filialen, in denen nur mehr der Bankomat daran erinnert, dass man sich in einer Bank befindet", sagt Hoyer. Die coolste App nutze der Bank nichts, wenn vor Ort eine Strategie gelebt werde, die weder die Marke noch das Konzept erlebbar macht. (Bettina Pfluger, 25.7.2023)